Slowakei: EU-Abgeordnete uneins über EU-Mercosur-Abkommen
Das EU-Mercosur-Abkommen, das EU-Staaten und Institutionen spaltet, sorgt auch bei slowakischen Europaabgeordneten für Uneinigkeit. Einige warnen vor negativen Auswirkungen für Landwirte und einem Zustrom minderwertiger Lebensmittel.
Die EU steht kurz vor dem Abschluss der Verhandlungen über ein Abkommen, an dem seit mehr als 20 Jahren gearbeitet wird. Das Abkommen, das den Handel und die Investitionen zwischen den EU-Mitgliedstaaten und den Mercosur-Staaten Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay fördern soll, zielt darauf ab, Hürden beim Handel abzubauen und die Zölle für eine Vielzahl von Waren zu senken.
Innerhalb eines Jahrzehnts sollen mehr als 90 Prozent des Handels zwischen der EU und den südamerikanischen Staaten vollständig liberalisiert werden. So entsteht die größte Freihandelszone der Welt, die 780 Millionen Menschen und ein Viertel des globalen Bruttoinlandsprodukts umfasst.
In der Slowakei ist die offizielle Regierungslinie klar: Das Wirtschaftsministerium bestätigte gegenüber Euractiv, dass es das Abkommen seit langem unterstütze.
„Als offene und exportorientierte Volkswirtschaft profitiert die Slowakei von der Öffnung von Märkten in Drittländern und der Erschließung neuer Exportmöglichkeiten, insbesondere für Unternehmen in den Bereichen Automobil, Elektronik und Maschinenbau“, so das Ministerium in seiner Mitteilung an Euractiv.
Aber Regierungsmitglieder der regierenden Parteien Smer-SD (NI) und Hlas-SD (NI), die derzeit Sitze im EU-Parlament innehaben, sagten gegenüber Euractiv, dass sie entweder gegen das Abkommen seien oder sich nicht sicher seien.
Das EU-Mercosur-Abkommen „stellt eine große Bedrohung für europäische Produzenten dar, insbesondere während eines wirtschaftlichen Abschwungs“, so Monika Beňová (Smer-SD). Sie hob die Herausforderungen hervor, mit denen Landwirte konfrontiert seien, darunter steigende Kosten aufgrund hoher Energiepreise und eines überregulierten Marktes.
„Wir sind zwar bereit, dieses Thema in Zukunft erneut aufzugreifen, aber jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt, um das Abkommen umzusetzen. In der aktuellen Wirtschaftslage könnte es die EU-Landwirte weiter gefährden, die Märkte destabilisieren und die Wirtschaftskrise in der EU-Landwirtschaft verschärfen“, erklärte sie gegenüber Euractiv.
Gleichzeitig ist ihr Smer-SD-Kollege Erik Kaliňák unsicher, was das Abkommen angeht. Das Abkommen „mag zwar vorteilhaft erscheinen, aber es gibt noch ungelöste Fragen und Risiken, die angegangen und richtig gehandhabt werden müssen“, fügte er hinzu.
Das Gleiche gilt für Branislav Ondruš (Hlas-SD). „Meine Priorität ist es, die Annahme eines solchen Abkommens zu verhindern, das massive Importe von billigem Fleisch, wie Hühnerfleisch aus Argentinien oder Rindfleisch aus Brasilien, ermöglichen würde. Das könnte den slowakischen Landwirten schweren Schaden zufügen und sie in eine noch tiefere Krise stürzen“, sagte er.
Er betonte außerdem, dass er „intensiv mit Vertretern des Sektors kommuniziere“ und den Entwurf des Abkommens sorgfältig analysieren werde. Er wies auch auf Bedenken hinsichtlich der negativen Umweltauswirkungen eines verstärkten Handels hin.
Die Liberalen sind gespaltenDas EU-Mercosur-Abkommen hat auch zu Spaltungen innerhalb der führenden Oppositionspartei der Slowakei, der Progressiven Slowakei, geführt, die Teil der Renew-Gruppe im EU-Parlament ist.
Während der Europaabgeordnete und ehemalige Minsterpräsident Ľudovít Ódor weitgehend optimistisch bleibt, ist Michal Wiezik anderer Meinung.
„Ich unterstütze das Handelsabkommen in seiner jetzigen Form nicht, da seine Regeln immer noch Umweltzerstörung, Verletzungen der Rechte indigener Völker und die Zerstörung natürlicher Ökosysteme zulassen, was im Widerspruch zu den EU-Standards steht“, erläuterte Wiezik.
„Zudem werden unsere heimischen Agrarprodukte mit billigen Importen konfrontiert, die unsere Vorschriften umgehen und sie einem unfairen Wettbewerb aussetzen“, fügte er hinzu.
Ódor betonte seinerseits, wie wichtig es sei, die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen mit der Mercosur-Region zu stärken, insbesondere für kleine, exportorientierte Staaten der EU wie die Slowakei. Außerdem wies er auf die potenziellen Vorteile für slowakische Autoexporte hin.
„Gleichzeitig muss das Freihandelsabkommen von hoher Qualität sein und europäische Standards in den Bereichen Umweltschutz, Arbeitnehmerrechte und Erhaltung einheimischer Ökosysteme wahren“, sagte er gegenüber Euractiv.
Der Europaabgeordnete der rechtspopulistischen Opposition Milan Uhrík (Republika/ESN) kündigte an, das EU-Mercosur-Abkommen nicht zu unterstützen, und argumentierte, dass „es unter äußerst intransparenten und fragwürdigen Bedingungen ausgehandelt wurde und erhebliche Risiken birgt, insbesondere für unsere Landwirte“.
[Bearbeitet von Kjeld Neubert]