Eltern getötet: Menendez-Brüder können auf Freiheit hoffen

25 Okt 2024

Eltern getötet

Im August 1989 hatten Lyle und Erik Menendez ihre Eltern mit 15 Schüssen in ihrer Villa in Beverly Hills, Kalifornien, ermordet. Die beiden gestanden die Tat, erklärten aber, sie hätten befürchtet, dass ihre Eltern sie töten wollten, um zu verhindern, dass der langjährige Missbrauch an Erik durch den Vater bekanntwerde – die Brüder bekamen dennoch lebenslange Haft. Jetzt könnte es zu einer entscheidenden Wende in dem Fall kommen.

Menendez Brüder - Figure 1
Foto ORF

Online seit heute, 16.33 Uhr

Die Staatsanwaltschaft von Los Angeles County empfahl am Donnerstag, Erik und Lyle Menendez erneut vor Gericht zu stellen, um den Brüdern nach 34 Jahren hinter Gittern die Chance auf Freiheit zu geben. Bezirksstaatsanwalt George Gascon sagte, sein Büro werde eine neue Strafe von 50 Jahren bis lebenslänglich mit der Möglichkeit auf Bewährung für die Brüder vorschlagen. Da die Brüder zum Zeitpunkt der Verbrechen unter 26 Jahre alt waren, könnten sie sofort auf freien Fuß kommen.

„Wenn man sich den Fall der Menendez-Brüder ansieht, sieht man zwei sehr junge Menschen, einer war 19 und der andere 21, als sie diese schrecklichen Taten begingen“, sagte Gascon. „Ich bin zu einem Punkt gekommen, an dem ich glaube, dass eine Wiederverurteilung nach dem Gesetz angemessen ist.“ Die Staatsanwaltschaft reichte die Petition am Donnerstag ein, eine Anhörung vor einem Richter könnte innerhalb des nächsten Monats stattfinden.

Letztes Wort hat der Gouverneur

Wenn der Richter der erneuten Verurteilung zustimmt, wird der staatliche Bewährungsausschuss ein eigenes Verfahren abhalten, um zu entscheiden, ob sie auf freien Fuß gesetzt werden sollen. Empfiehlt der Ausschuss eine Bewährung, hat der demokratische Gouverneur Gavin Newsom 150 Tage Zeit, den Fall zu prüfen und letztinstanzlich zu entscheiden.

Cooper Koch (l.) verkörpert in der Netflix-Serie Erik Menendez, Nicholas Chavez seinen Bruder Lyle Verstärktes Interesse durch Netflix-Serie

Die Morde an Kitty und Jose Menendez hatten die USA jahrelang in Atem gehalten. Erneutes mediales Interesse am Mordfall und dem Gerichtsprozess um die Menendez-Brüder regte sich, als der US-Streamingdienst Netflix im September eine neunteilige True-Crime-Serie mit dem Titel „Monsters: The Lyle and Erik Menendez Story“ veröffentlichte.

Während ihrer Strafprozesse in den 1990er Jahren stellte die Staatsanwaltschaft die Brüder als reiche Kinder dar, die die Morde methodisch planten, um an das Vermögen ihrer Eltern zu gelangen. Ihre Verteidiger argumentierten jedoch, die Brüder seien Opfer jahrelangen emotionalen, körperlichen und sexuellen Missbrauchs gewesen und hätten nur aus Selbstverteidigung gehandelt.

Der erste Prozess gegen die Brüder endete mit einem nicht rechtskräftigen Urteil, im zweiten Prozess erreichten die Staatsanwälte eine Verurteilung, nachdem ein Großteil der Beweise für den Missbrauch zuvor ausgeschlossen worden war. Am 2. Februar 1996 verurteilten die Geschworenen die Brüder wegen Mordes ersten Grades zu je lebenslanger Haftstrafe ohne Möglichkeit auf Bewährung.

Neue Beweise

Im Zuge einer Wiederaufnahme des Gerichtsverfahrens könnte das Verteidigungsteam der Menendez-Brüder nun neue Beweise vorbringen, mit denen die Position der Brüder als Opfer sexuellen Missbrauchs durch ihren Vater bekräftigt werden soll.

Darunter ist ein Brief, den Erik Menendez 1988, ein Jahr vor den Morden, an einen Cousin schrieb. „Es passiert immer noch, Andy, aber es ist jetzt schlimmer für mich“, schrieb Menendez. „(…) Ich weiß nie, wann es passieren wird, und es macht mich verrückt. Jede Nacht bleibe ich wach und denke, dass er vielleicht hereinkommen könnte.“

Der andere Beweis stammt von einem damals minderjährigen Mitglied der puerto-ricanischen Boyband Menudo aus den 1980er Jahren. Das Bandmitglied behauptete, Jose Menendez, der damals als leitender Angestellter bei der Plattenfirma RCA arbeitete, habe ihn bei einem Besuch in Menendez’ Haus unter Drogen gesetzt und vergewaltigt.

Gespaltene Familie

Die Großfamilie der Brüder hat sich mehrheitlich für deren Freilassung eingesetzt. Mehrere Mitglieder sagten, dass Lyle und Erik in der heutigen Welt – die sich der Auswirkungen von sexuellem Missbrauch stärker bewusst ist – nicht wegen Mordes ersten Grades zu lebenslänglich ohne Bewährung verurteilt worden wären. Anamaria Baralt, eine Nichte von Jose Menendez, sagte, die „mutige und notwendige“ Entscheidung des Staatsanwalts bedeute, dass die beiden endlich beginnen können, sich von dem Trauma ihrer Vergangenheit zu erholen.

Widerspruch kommt von Milton Andersen, dem 90-jährigen Bruder von Kitty Menendez: „Sie haben ihre Mutter Kitty erschossen und nachgeladen, um ihren Tod sicherzustellen“, sagten Andersens Anwälte am Donnerstag in einer Erklärung. „Die Beweislage ist nach wie vor überwältigend klar: Das Urteil der Geschworenen war gerecht, und die Strafe passt zu dem abscheulichen Verbrechen.“

Mehr lesen
Ähnliche Nachrichten
Die beliebtesten Nachrichten der Woche