Vatikan: Botschaften von Medjugorje „keine Offenbarungen“

5 Stunden vor

Vatikan

Die mutmaßlichen Mitteilungen der Jungfrau Maria an die „Seher“ von Medjugorje haben nach dem Urteil von Glaubenspräfekt Kardinal Victor Fernandez nur begrenzten Wert. Es sei wichtig, immer von „mutmaßlichen Botschaften“ zu sprechen, erklärte er am Donnerstag vor Journalisten im Vatikan.

Medjugorje - Figure 1
Foto ORF Religion

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Da ihr übernatürlicher Ursprung nicht feststehe, seien sie nicht als „Privatoffenbarungen“, sondern lediglich als „erbauliche Texte“ einzustufen. Einige der Texte seien „konfus“ und „problematisch“, doch stünden die meisten in Übereinstimmung mit dem Evangelium und der Lehre der Kirche.

Fernandez äußerte sich bei der Vorstellung des Dokuments „Königin des Friedens“, in dem der Vatikan die Marienverehrungen von Medjugorje verbindlich zu regeln versucht. In den Schlussfolgerungen des Dokuments heißt es, die positive Bewertung der Marienverehrung in dem Ort in Bosnien-Herzegowina bedeute nicht, „die mutmaßlichen übernatürlichen Ereignisse als authentisch zu erklären, sondern nur darauf hinzuweisen, dass inmitten dieses geistlichen Phänomens von Medjugorje der Heilige Geist fruchtbar zum Wohle der Gläubigen wirkt“.

Warnung vor Manipulationen

Die jeweiligen Ortsbischöfe in der Weltkirche haben weiterhin die Möglichkeit, darüber zu entscheiden, ob sie Wallfahrten nach Medjugorje fördern oder nicht. Dazu heißt es in dem Text, es werde „nicht geleugnet, dass es Gruppen oder Personen geben kann, die dieses geistliche Phänomen in unangemessener Weise nutzen und in falscher Weise handeln. Die Diözesanbischöfe, jeder in seiner Diözese, haben die Freiheit und die Autorität, jene besonnenen Entscheidungen zu treffen, die sie für das Wohl des Volkes Gottes für notwendig erachten.“

Statue der Jungfrau Maria in Medjugorje

Ferner sollten alle, die nach Medjugorje pilgern, darauf hingewiesen werden, dass „Pilgerfahrten nicht wegen der Begegnung mit den mutmaßlichen Sehern stattfinden, sondern um Maria, der Königin des Friedens, zu begegnen und, getreu der Liebe Marias zu ihrem Sohn, Christus, zu begegnen“.

Große Freude

Trotz dieser Einschränkungen herrschte nach der Verkündung des „Nihil obstat“ (lat. „Es spricht nichts dagegen“) am Donnerstag Freude unter Anhängern des Marienwallfahrtsorts. Große Freude über die Anerkennung von Medjugorje durch den Vatikan hat der ehemalige Ortspfarrer von Medjugorje, Marinko Sakota (56), geäußert.

Er sei „so glücklich, dass ich es kaum in Worte fassen kann“, sagte der Franziskaner am Donnerstag im Interview mit der Nachrichtenagentur Kathpress. Sakota leitete von 2013 bis 2023 als Wallfahrtsdirektor die Geschicke des Wallfahrtsortes in der Herzegowina und hielt sich am Donnerstag anlässlich eines Medjugorje-Friedensgebetes im Wiener Stephansdom in Österreich auf.

Mit dem „Nihil obstat“ vom Donnerstag habe die Kirche „auf oberster Instanz gesagt, dass Medjugorje und dessen Botschaft gut und empfehlenswert, also im Sinne von Gott und im Sinne der Gospa, der Königin des Friedens, ist“, so der selbst in der Nähe von Medjugorje geborene Priester.

Kein „wirklicher Wandel“

„Gospa“ – kroatisch für „Herrin“ – ist in Medjugorje die gebräuchliche Bezeichnung für die Jungfrau Maria. Einen wirklichen Wandel der Haltung der Kirchenspitze sehe er nicht, schon Papst Johannes Paul II. und später Benedikt XVI. hätten sich in verschiedenen Situationen positiv zu Medjugorje geäußert. Nun liege jedoch auch die offizielle Bestätigung vor.

Dass es vom Vatikan keine Anerkennung der Marienerscheinungen gab – eine im Mai veröffentlichte Regelung schließt ein Urteil darüber für alle derartigen Phänomene kategorisch aus – befürwortete der Ordensmann. „Das ist in Ordnung, weil man kann die Erscheinungen nicht anerkennen, man kann sie nur glauben.“ Anerkennen könne man, dass die hier entstandenen geistlichen Früchte gut seien und wert, um nach Medjugorje zu kommen, die Botschaften zu lesen und daraus geistliche Nahrung zu schöpfen – und genau dies habe der Vatikan am Donnerstag gemacht.

Papst „sehr klug und weise“

Für seine Entscheidung sei Papst Franziskus „sehr klug und weise“ vorgegangen, habe nachweislich sehr viele Erkundigungen bei Bischöfen, Priestern und Gläubigen eingeholt und zwischen Oberflächlichem und Wesentlichem unterschieden, sagte Sakota. „Und er kam zum Schluss, dass Medjugorje gut ist für die Kirche und für die Welt – für die Verbindung zwischen den Menschen und Nationen, für die Ökumene und für den Dialog, für den Frieden in der Welt und für das Wachsen der Gläubigen im Glauben und in der Liebe.“

Zu einer Dankesfeier für die erst Stunden zuvor erfolgte Anerkennung von Medjugorje wurde das diesjährige Medjugorje-Friedensgebet, das am Donnerstagabend im Stephansdom stattfand. „Heute ist ein besonderer Tag“, sagte Sakota, der den Gottesdienst in Vertretung des an Erkältung erkrankten Kardinals Christoph Schönborn leitete. Auch Schönborn sprach in einer vorgelesenen Grußbotschaft an die im gut gefüllten Dom Versammelten von einem „Tag der Freude und des Dankes“.

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