Der „Fall“ Matthias Mayer :Die „harte Schale“ war eine Fassade ...

19 Jan 2024
Matthias Mayer

Die Nachricht, dass Matthias Mayer bei einem Empfang im Mannschaftshotel der österreichischen Ski-Nationalmannschaft randalierte und mithilfe der Polizei abgeführt wurde, verbreitete sich in Kitzbühel am Donnerstagabend in Windeseile. Die Fragezeichen, warum so etwas passieren kann und was da schiefgelaufen sein könnte, ebenso. Antworten auf diese Fragen sind schwierig zu geben. Im Gegenteil: Die öffentliche Entgleisung des dreifachen Olympiasiegers wirft noch mehr Fragen auf, die bis hin zum plötzlichen Karriereende gehen, schon damals hatte es viele Gerüchte um die psychische Gesundheit des Affritzers gegeben, wurden aber immer wieder dementiert.

Viel wichtiger als die Suche nach den Hintergründen ist aber etwas ganz anderes: Die Einsicht, dass nach außen strahlende Helden, auch so „wilde Hund‘“ wie die Ski-Heroen unter der harten Schale einen weichen Kern haben. Die Erkenntnis, dass man den „Eklat“ auch als Hilfeschrei verstehen kann und soll.

Was guttun würde: Die Vernunft, Matthias Mayer jetzt die Ruhe zu gönnen, die es braucht und darauf zu hoffen, dass er seine gesundheitlichen Probleme möglichst rasch und nachhaltig in den Griff bekommt. Es wäre fein, würde man nicht über Krankheitsbilder spekulieren (müssen), sondern Privates privat zu lassen. Bis Mayer selbst den Zeitpunkt als richtig erachtet, sich auch der Öffentlichkeit gegenüber zu erklären, sich zu öffnen und so eventuell nach erfolgreicher Behandlung nicht nur auf zwei Ski zum Vorbild zu werden, sondern auch und gerade im Umgang mit psychischen Problemen.

Bis dahin gilt: Matthias Mayer kehrte in den Weltcup zurück, um Halt zu finden. Halt, den er offenbar rund ums Karriereende verloren hatte. Er fand eine Aufgabe, die ihn ausfüllte. Er war nach wie vor Vorbild der Jungen, wertvoller Ratgeber. Und doch war die versuchte Eingliederung in die Normalität offenbar nicht der richtige Weg, der Trubel in Kitzbühel kam zu früh, war zu viel. Dabei zeigte sich Mayer selbst am Vormittag noch gut gelaunt, höflich, auskunftsbereit. Er saß mit Journalisten zusammen, erzählte von früher, seiner Aufgabe, der Arbeit mit den Jungen. Schien ganz so, wie man ihn immer kannte. Vielleicht war der Versuch, ihm zu helfen, ihn zu stützen, ihm „Normalität“ zu bieten, doch nicht der richtige Weg. Denn Mayer war offenbar ein Pulverfass. Das sollte man ihm nicht zum Vorwurf machen, sondern ihm die Zeit geben, zu heilen. Denn: Auch „wilde Hunde“ sind sensibel, die harte Schale oft brüchig und mitunter Fassade. Selbst Olympiasieger sind vor Problemen und Zweifeln nicht gefeit.

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