Prozess in Frankreich: Marine Le Pen scheitert an der Justiz
Nie hatte Marine Le Pen bessere Aussichten, den Élysée-Palast zu erobern, als bei den nächsten Präsidentenwahlen. Die Linke ist verkracht, die bürgerliche Mitte kann sich nicht auf einen Kandidaten einigen, und Emmanuel Macron darf nicht wieder antreten.
Ausgerechnet jetzt könnte die Rechtspopulistin an ihrem finanziellen Gebaren scheitern. Im Falle ihrer Verurteilung dürfte sie nicht kandidieren. So will es das Gesetz über den automatischen Entzug des passiven Wahlrechts für Mandatsträger, die öffentliche Gelder veruntreuen.
System der illegalen Querfinanzierung
„Alle sind verfault“, lautete der Schlachtruf der Rechtspopulistin gegen die Konkurrenz. Sie fand es in Ordnung, wenn die Justiz Strafen gegen führende Politiker verhängte. Nun wittert sie ein Komplott der Justiz. Dabei wird sie nur von ihrem eigenen fahrlässigen Umgang mit EU-Mitteln eingeholt.
Ihr Vater lehnte die EU ab und rühmte sich, Geld für Mitarbeiter im Europaparlament so einzusetzen, wie es ihm beliebte. Seit 2011 hat die Tochter nach Ermessen der Staatsanwaltschaft das System der illegalen Querfinanzierung ausgebaut, um ihren Leibwächter oder ihre Büroleiterin in Paris zu finanzieren. Es zeugt von einem funktionierenden Justizsystem, dass diese Vorgänge aufgearbeitet werden.
Die Unabhängigkeit der Justiz ist ein hohes Gut. Aber es steht auf einem anderen Blatt, ob es der französischen Demokratie zugutekommt, wenn Richter und nicht Wähler den Auswahlprozess für das höchste Staatsamt bestimmen.