Margot Robbie und Schauspiel-Kolleginnen zerstören das ...
Margot Robbie prägt auch als Produzentin mehr und mehr die Filmlandschaft. Bild: Warner
Filme und Serien
Frauen haben in Hollywood – der größten Unterhaltungsindustrie der Welt – traditionell schlechtere Möglichkeiten als Männer. Sie kriegen weniger Hauptrollen, werden mieser bezahlt und ihre Karriere vor der Kamera endet häufig früher. In den Hinterzimmern der Branche sieht es nicht besser aus: Es gibt bei den großen Studios weniger Produzentinnen und Frauen drehen als Regisseurinnen seltener ihre eigenen Filme.
Dass sich das ändern muss, darin ist sich die Branche nach außen hin einig. Und es gab in den letzten Jahren auch viele Momente, in denen eine "Jetzt aber wirklich"-Stimmung Hollywood ergriff. Die "MeToo"-Bewegung rüttelte die Industrie auf, der Durchbruch hin zu mehr Gleichberechtigung schien nahe.
Nein, um die Gleichberichtung in Hollywood steht es geht es nicht gutEine neue Studie der USC Annenberg Inclusion Initiative zeigt aber: Hollywood entwickelt sich eher zurück als vorwärts. 2023 war der Frauenanteil bei Hauptfiguren so niedrig wie zuletzt 2010. In den 100 erfolgreichsten Filmen des Jahres spielten nur 30 Schauspielerinnen eine Hauptrolle.
"Barbie" täuschte über einen Rückschritt hinweg. Bild: imago-images.de / IMAGO/Julie Edwards
Wenn die patriarchalen Strukturen Hollywoods aufgebrochen werden, scheinen sie nach kurzer Zeit wieder zuzuwachsen. Hoffnungen auf eine diesmal wirklich (!) nachhaltige Veränderung wirken naiv. Woher soll der Optimismus kommen? Indem man sich die Schauspielerinnen genau anschaut, die jetzt gerade in einflussreiche Positionen hineindrängen oder sich schon neue Räume erkämpft haben.
Watson stellt fünf Darstellerinnen vor, die in den nächsten Jahrzehnten das Hollywood-Patriarchat von innen zerstören werden. Sie kommen aus verschiedenen Altersschichten, bringen diverse kulturelle Hintergründe mit. Sie verändern die Branche heute bereits spürbar.
1. Jenna OrtegaVor ihrem Durchbruch mit "Wednesday" im Jahr 2022 hatte Jenna Ortega schon eine halbe Hollywood-Karriere hinter sich. Als Jugendliche spielte sie in Disney-Serien, einem Marvel-Blockbuster, Krimi-Klassikern wie "CSI: New York", der Netflix-Serie "You" und verschiedenen Horror-Filmen mit.
Mit 20 Jahren hatte sie fast alles gesehen, was es in Hollywood zu sehen gab. Und mit diesem erworbenen Selbstverständnis riss sie "Wednesday" an sich. Sie kritisierte den kreativen Umgang mit ihrer Rolle (zu viel Liebesgeplänkel) und die chaotischen Drehbedingungen. Und das öffentlich und mit einer Schärfe, die gerade so noch als diplomatisch durchging. Von einer Jungdarstellerin hatte man sowas selten, vielleicht noch nie gesehen.
Die Belohnung war kein Rüffel durch Netflix oder das Studio. Sondern ein Produktionsposten bei "Wednesday" Staffel zwei.
Jenna Ortegas Karriere steht noch am Anfang.Bild: Lionsgate / Zac Popik
Rachel Sennott ist 1995 auf dem Scharnier zwischen den Generationen der Millennials und der Gen Z geboren. In Hollywood brach sie als Alien ein. Sie wurde bekannt durch virale Tweets, Videos und Stand-Up-Auftritte in der New Yorker Comedy-Szene.
Das Magazin "Nylon" beschrieb ihren Stil 2020 als "einzigartige Comedy, die das Konzept des 'Hot Girls' mit freimütigen Beobachtungen, Bekenntnissen und einer Prise Wahnsinn auf den Kopf stellt."
Dass es eine Comedian nach Hollywood schafft, ist nicht so ungewöhnlich. Meist geschieht das aber über den Umweg der Comedy-Schmiede "Saturday Night Live". Sennott nutzte ihr eigenes New Yorker Netzwerk als Sprungbrett und enterte auf diese Weise ungeschliffen und ungezähmt die Branche.
Mit ihrer Jugendfreundin Emma Seligman (ihrerseits ein Regie-Wunderkind) drehte sie nach dem hochgelobten Coming-of-Age-Film "Shiva Baby" die Highschool-Comedy "Bottoms" – einen der originellsten US-Filme 2023. Es geht um zwei lesbische Freundinnen, die einen "Fight Club" gründen, um mit ihren Mitschülerinnen Sex zu haben. Sennott schrieb das Drehbuch.
Rachel Sennot wurde als Comedian bekannt. Bild: Invision / Jordan Strauss
Komödien-Stoffe wie diese (erfolgreich) zu verfilmen, ist in den USA schon lange keine Selbstverständlichkeit mehr. Stoffe wie diese mit queeren Einschlägen, zwei weiblichen Hauptrollen und einer Regisseurin unter dreißig zu verfilmen, kommt einem Wunder gleich. Mit der Kollaboration "Sennott/Seligmann" könnte es zur Regel werden.
3. Ayo EdebiriAyo Edebri gehört demselben Netzwerk junger New Yorker Künstlerinnen an wie Emma Seligman und Rachel Sennott. Die 28-Jährige spielte in "Bottoms" (siehe Punkt 2) die zweite Hauptrolle. Zuvor studierte sie gemeinsam mit Seligman und Sennott an der New York University.
Genau wie ihre ehemaligen Kommilitoninnen kapert Edebiri gerade einen Unterhaltungssektor, der so männerdominiert ist wie kaum ein anderer: Comedy. Wie ihre Wegbegleiterin Sennott schreibt ("What We Do in the Shadows") und spielt ("The Bear") Edebiri. Auch Edebiri wird als Wunderkind gefeiert.
Ayo Edebiri besitzt eine der stärksten Autorenstimmen der Branche.Bild: www.imago-images.de / imago images
Um Edebiri, Sennott und Seligman bildet sich ein dynamischer Comedy-Zirkel, der an die Judd Apatow-Ära erinnert, der mit Filmen wie "Jungfrau (40), männlich, sucht …" und Stars wie Seth Rogen die Szene jahrelang dominierte. Er konnte praktisch machen, was er wollte. Edebiri, Sennott und Seligman, sind auf dem Weg, sich ähnliche Freiheiten in Hollywood zu erarbeiten, aber mit Haltung.
Der Indie-Filmemacher Daniel Kwan ("Everything Everywhere all at Once") fragte Edebiri mal in einem Interview, was die Verantwortung einer Geschichtenerzählerin sei? Es gehe darum, die Realität des eigenen Ruhmes anzuerkennen und sich zu fragen: "Wie nutzt du das auf eine Weise, die gleichzeitig aufrichtig und nachhaltig ist?"
4. Reese WitherspoonReese Witherspoon bestritt ihre Karriere unter dem Eindruck eines vermeintlich frühen Ablaufdatums. Wird sie 30, spielt sie nur noch Mütter in Nebenrollen. Mit 40, so sieht es Hollywood noch immer häufig vor, ist die Karriere einer Schauspielerin meist schon vorbei. Die Laufbahnen von männlichen Schauspielern erreichen hier oft erst ihren Höhepunkt.
Viele Schauspielerinnen bauen sich deshalb ein zweites Standbein auf: Sie werden Regisseurinnen wie Elizabeth Banks, sie gründen ein Unternehmen, das Kerzen mit Vagina-Duft verkauft wie Gwyneth Paltrow.
Reese Witherspoon gehört zu den einflussreichsten Frauen Hollywoods.Bild: Invision via AP / Jordan Strauss
Oder sie gründen eine Produktionsfirma, die Filme und Serien explizit mit weiblicher Hauptrolle fördert wie Reese Witherspoon. Unter dem Banner von Witherspoons "Hello Sunshine" entstanden Filme wie "Gone Girl" und die Erfolgsserie "Big Little Lies".
2021 verkaufte Witherspoon 82 Prozent der Firma für 900 Millionen US-Dollar. Sie sitzt weiter im Vorstand. Es könnte ihr größtes Hollywood-Vermächtnis werden. Neben "Natürlich Blond" Teil eins und zwei.
5. Margot RobbieBekannte Schauspieler:innen gehören zu den mächtigsten Personengruppen in Hollywood. Aber sie können ihren Einfluss auf verschiedene Weisen nutzen. Für eine höhere Gage etwa, oder eben dafür, dass ein etwas riskanterer Film überhaupt gedreht wird.
Margot Robbie verdient viel mit ihren Filmen. Sie kennt ihren Marktwert. Aber sie interessiert sich noch mehr für die Filmprojekte anderer Menschen. Mit ihrer Bekanntheit und ihrem Einfluss unterstützt sie andere Regisseurinnen. Sie produzierte feministische und riskante Filme wie "Promising Young Woman".
Margot Robbies Arbeit als Produzentin wird noch unterschätzt. Bild: Invision/AP / Richard Shotwell
Auch "Barbie" war kein selbstverständlicher Erfolg. Eine feministische, satirische Komödie mit Musical-Einlagen? Wenn Hollywood-Studiobosse sowas hören, zucken sie vor Angst zusammen, auch wenn eine bekannte Marke im Zentrum steht.
Dass "Barbie" doch noch gedreht wurde und vor allem auf die Art und Weise, wie es die Vision von Regisseurin Greta Gerwig vorsah, war zu großen Teilen Hauptdarstellerin Margot Robbie zu verdanken. Robbie fungierte auch als Produzentin des Projekts, und sie zerriss sich für den Film. Im Gespräch mit dem "Hollywood Reporter" sagte sie über ihren Kampf:
"Ich würde eher verbluten, bevor ich einer Regisseurin sage, dass sie etwas nicht haben kann, was sie braucht. Ich sage: 'Wenn du das für diesen Film brauchst, dann lass es mich versuchen. Ich werde es ermöglichen.'"
"Barbie" spielte letztlich fast 1,5 Milliarden US-Dollar ein. Beim nächsten Mal wird Margot Robbie (hoffentlich) weniger Überzeugungsarbeit leisten müssen.