Manchester City steckt in der Krise: Niederlagenrekord für Pep ...

Manchester City in der Krise: «Vielleicht verdient dieses Jahr ein anderes Team die Meisterschaft», sagt Guardiola

Man City - Figure 1
Foto Neue Zürcher Zeitung - NZZ

Pep Guardiola erlebt die längste Niederlagenserie seiner Trainerkarriere. Er selber beschwichtigt. Doch sein Vertrag läuft Ende der Saison aus, zudem droht dem Klub der Zwangsabstieg.

Ungewohnte Situation für den Welt-Trainer Pep Guardiola: Sein Manchester City verliert auch gegen Brighton & Hove Albion.

Paul Childs / Reuters

«Four in a row», vier in Folge, das ist im englischen Fussball eine Hommage an Manchester City. Als erster Klub konnte es in der Geschichte der ersten englischen Liga vier Meisterschaften in Serie gewinnen: Das von Pep Guardiola seit 2016 trainierte City schaffte dies 2021, 2022, 2023 und 2024.

Doch seit der Pleite am Samstag beim Brighton & Hove Albion FC, den der deutsch-schweizerische Coach Fabian Hürzeler anleitet, steht das geflügelte Wort nicht mehr allein für die nationalen Erfolge des Vereins – sondern auch für Guardiolas längste Niederlagenserie in seiner Trainerkarriere. Der Katalane hat nach 898 Profipartien erstmals vier Pflichtspiele hintereinander verloren. Das ist ihm weder beim FC Barcelona passiert, wo er zwischen 2008 und 2012 wirkte, noch beim FC Bayern (2013 bis 2016).

Erst jetzt, in seiner neunten Saison in Manchester. Auf das Aus im League Cup bei Tottenham Hotspur folgte die Premier-League-Pleite beim AFC Bournemouth, dann die Auswärtsniederlage gegen Sporting Lissabon in der Champions League. Und nun fuhr Guardiolas Elf am Samstag mit einem 1:2 in der Premier League aus der Küstenstadt Brighton and Hove am Ärmelkanal nach Hause.

Die Führung durch Erling Haaland (23. Minute) drehte Brighton durch Tore von João Pedro (78.) und Matt O’Riley (83.). Der Rückstand von Manchester City auf den erneut siegreichen Spitzenreiter FC Liverpool vergrösserte sich auf fünf Punkte.

Er würdigte seine Spieler keines Blickes

Das erste Aufeinandertreffen zwischen Guardiola und Hürzeler wirkte angesichts des Ergebnisses wie der Beginn eines Generationenwechsels. Hürzeler ist mit erst 31 Jahren der jüngste Coach der Ligahistorie; Guardiola, 53, gehört zur altgedienten Garde. «Ist dies der Anfang vom Ende für Guardiolas Manchester-City-Dynastie?», fragte die BBC zugespitzt. Seinen Frust zeigte Guardiola nach dem Abpfiff. Auf dem Weg zu den Fans klatschte er nicht mit seinen Spielern ab, er würdigte sie noch nicht einmal eines Blickes.

Später versammelte er die Mannschaft zu einer Unterredung in der Kabine. Brightons Pedro, der den City-Profis einen Besuch abstatten wollte, wurde vom Sicherheitspersonal abgewiesen; die Türe sei noch verschlossen. Dies erinnert an die Amazon-Prime-Dokumentation «All or Nothing», in der Guardiola einst seine Spieler zusammenstauchte. Er sage ihnen in der Kabine immer die Wahrheit, aber öffentlich werde er sie bis zum letzten Tag in Schutz nehmen.

Tatsächlich stellte er sich in den Mediengesprächen abermals vor das Team. Alles passiere im Leben irgendwann zum ersten Mal, sagte Guardiola beschwichtigend zur Negativspirale. So sei nun einmal der Sport, es gebe nicht nur Sonnenaufgänge. Schon nach dem Sporting-Spiel versuchte er, die Kritik seines Routiniers Bernardo Silva zu entkräften. Dieser hatte gesagt, City befinde sich «ein wenig in einer finsteren Lage», alles scheine «in die falsche Richtung» zu laufen. Diese Meinung teile er nicht, erwiderte Guardiola.

Nach der Niederlage in der Champions League gegen Sporting Lissabon findet Bernardo Silva deutliche Worte für die Leistung von Manchester City.

Anstelle von scharfen Worten packte der Trainer nach dem Brighton-Match seine Spieler bei der Ehre. Er stichelte auf eine Reporterfrage, ob er glaube, City könnte eine Siegesserie starten: «Sind Sie verrückt?» Belustigt führte er aus, dass er und seine Mannschaft erst einmal wieder einen Match gewinnen müssten. Möglicherweise sei es nach sechs Titeln in sieben Jahren so, dass heuer «vielleicht ein anderes Team die Meisterschaft verdiene», sagte Guardiola. Aus seiner Sicht müsse man die Köpfe wieder freibekommen. Vor dieser Herausforderung werde er nicht zurückschrecken.

Allerdings gehen ihm die Spieler aus, mit denen er die Krise bewältigen könnte. Kürzlich hatte der Trainer nur dreizehn einsatzfähige Profis zur Verfügung. Gegen Brighton sah es nicht wesentlich besser aus. Der am Kreuzband verletzte Weltfussballer Rodri wird wohl für den Rest der Saison fehlen. Neben ihm waren die Stammkräfte Rúben Dias, John Stones, Jeremy Doku und Jack Grealish abwesend, Kevin De Bruyne konnte nach wochenlangen Hüftbeschwerden nur wenige Minuten mitwirken. Und auch Spieler wie Manuel Akanji, Kyle Walker und Nathan Aké kehrten erst wieder in das Kader zurück.

Vor allem Rodris Ausfall kann City nicht kompensieren. In der Vorsaison fehlte der spanische Europameister in drei Ligaspielen gesperrt – alle gingen verloren.

Citys Personalnot beruht zum einen auf dem zermürbend vollen Terminkalender. Zum anderen war man im Transfersommer vermutlich zu optimistisch. Selbstbewusst hatte der Verein seinen Offensiv-Allrounder Julián Álvarez an Atlético Madrid verkauft, für die interne Rekordablösesumme von 75 Millionen Euro. Und trotz der hohen Belastung holte man nur den jungen Flügelspieler Savinho sowie ablösefrei Ilkay Gündogan. Der Rückkehrer vom FC Barcelona sollte die Lücke schliessen, die Álvarez hinterlassen hat. Aber bisher konnte Gündogan nicht an seine frühere City-Form anknüpfen.

Wird der Klub wegen Finanz-Tricksereien verurteilt?

Die Mannschaft hinterlässt auf dem Platz derzeit einen ähnlich erschöpften Eindruck wie der Klub selbst. City reibt sich seit geraumer Zeit in einem komplizierten Rechtsverfahren gegen die Premier League auf. Diese hat Anklage wegen angeblich massiver Finanz-Tricksereien erhoben. Bei einer Verurteilung zu Jahresbeginn droht dem Verein der Zwangsabstieg aus der Liga.

Die Zukunft des Klubs ist daher ungewiss – und auch die des Trainers. Guardiolas Kontrakt läuft im Juni 2025 aus, seine zurückliegenden Vertragsverlängerungen in den Jahren 2020 und 2022 verkündete er jeweils in der Ligapause im November. Sein Weggefährte Txiki Begiristain, der langjährige City-Sportdirektor, hat kürzlich seinen Abschied zum Saisonende eingereicht.

Von den Nachfragen in dieser Sache zeigt sich Guardiola genervt. Als er neulich damit konfrontiert wurde, ob er Nationaltrainer Brasiliens werde, kokettierte er, er sei wohl wegen der Niederlagen dafür «nicht länger eine Option». Manchester City gibt sich öffentlich zurückhaltend und wird Guardiola mutmasslich den Zeitpunkt der Entscheidung bestimmen lassen. Trotzdem liessen sich die Brighton-Anhänger die Gelegenheit nicht nehmen, Guardiola den Rauswurf zu prophezeien. Sie spotteten: «You are getting sacked in the morning!», du wirst morgen entlassen werden. Immerhin das dürfte Josep Guardiola bei Manchester City erspart bleiben.

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