Hauptausschuss bestätigt Nominierung von Magnus Brunner zum ...

Magnus Brunner

Parlamentskorrespondenz Nr. 868 vom 12.08.2024

Aussprache mit designiertem österreichischen Mitglied der Europäischen Kommission

Wien (PK) – Mit den Stimmen von ÖVP und Grünen gab der Hauptausschuss des Nationalrats heute grünes Licht für die Nominierung von Finanzminister Magnus Brunner zum EU-Kommissar (285/HA). Zuvor stand Brunner den Abgeordneten im EU-Hauptausschuss Rede und Antwort.

Im Fokus der nächsten fünf Jahre in der EU-Kommission müsse die Wettbewerbsfähigkeit stehen, zeigte sich Brunner überzeugt. Denn ein wettbewerbsfähiger Standort sei der Grundpfeiler für Unabhängigkeit und Wohlstand in Europa. Bundeskanzler Karl Nehammer betonte insbesondere die Erfahrung des derzeitigen Finanzministers auf allen politischen Ebenen. Darüber hinaus sei Brunner fachlich und menschlich über Partei- und Landesgrenzen hinaus sehr geschätzt.

Der Hauptausschuss genehmigte weiters die Wiederernennung von Andreas Kumin zum Richter am Europäischen Gerichtshof. Ein Antrag der FPÖ über Abhaltung einer Volksbefragung zum Schutz des Bargeldes wurde vertagt.

Nehammer betont Erfahrung und Leistungen von Magnus Brunner

Bundeskanzler Nehammer bezeichnete Brunner eingangs als "international anerkannten, auf allen politischen Ebenen erfahrenen" Politiker. Es sei ihm als Bundeskanzler wichtig gewesen, dass die Position in der EU-Kommission von einer Person ausgeführt wird, die österreichische Interessen vertritt und gleichzeitig in Brüssel und darüber hinaus anerkannt sei. Auch seine Leistungen würden Brunner zum richtigen Kandidaten machen, sagte Nehammer etwa mit Blick auf den jüngsten Finanzausgleich sowie die Abschaffung der kalten Progression. Der designierte Kommissar habe "Weitblick, ein gutes Gespür und ein klares Bild von der Zukunft Europas", betonte der Kanzler.

Nun sei es wichtig, dass der "ausgezeichnete Kandidat" auch das richtige Dossier bekomme. Man sei diesbezüglich im Austausch mit der Kommission. Der Bundeskanzler zeigte sich zuversichtlich, dass die neue Kommission das Antrittsdatum mit 1. November 2024 einhalten kann. Nehammer bedankte sich auch bei Johannes Hahn für dessen Leistungen während seiner drei Perioden als EU-Kommissar.

Seine Nominierung zum EU-Kommissar sei eine große Ehre, sagte Magnus Brunner. Die EU habe in den kommenden Jahren einige Herausforderungen zu bewältigen, etwa in den Bereichen Sicherheit, Außenbeziehungen und Klimapolitik. Im absoluten Fokus müsse aber die Wettbewerbsfähigkeit stehen. Die wirtschaftlichen Schocks der vergangenen Jahre könnte Europa nur überwinden, wenn es wirtschaftliche Stabilität gewinne. Dafür brauche es den Abbau von Bürokratie, eine Vertiefung des europäischen Binnenmarkts insbesondere mit einer Kapitalmarktunion sowie eine Diversifizierung der Energiequellen, so Brunner.

ÖVP und Grüne thematisieren Wettbewerbsfähigkeit und Klimaschutz

ÖVP-Klubobmann August Wöginger sicherte dem Finanzminister die volle Unterstützung seiner Fraktion zu. Brunner sei weit über Partei- und Staatsgrenzen hinaus bekannt als starker, solider und erfahrener Politiker. Wöginger fragte den designierten Kommissar nach dessen Einschätzung zu den wichtigsten Herausforderungen für die nächste Legislaturperiode der EU. Brunner führte Themen wie Energie, Arbeitsmarkt und Kapitalmarktunion an, die aus seiner Sicht eng mit der Wettbewerbsfähigkeit Europas zusammenhängen. Auch die Sicherheit sowie die Klimapolitik spiele eine große Rolle.

Das Thema Klimaschutz thematisierten auch Jakob Schwarz und Elisabeth Götze (beide Grüne). Schwarz fragte nach, wie das Spannungsverhältnis zwischen Wettbewerbsfähigkeit und Klimaschutz aufgelöst werden könne und welche Möglichkeiten Brunner sieht, die zwei Ziele gut zu vereinen. Ein starker Wirtschafts- und Beschäftigungsstandort und erfolgreiche Klimapolitik müssten sich nicht widersprechen, zeigte Brunner sich überzeugt. "Man muss es nur intelligent angehen", sagte er.

Kurt Egger (ÖVP) strich Brunners Schwerpunktsetzung auf Wettbewerbsfähigkeit, Bürokratieabbau und Diversifizierung der Energiequellen als positiv hervor. Auch Friedrich Ofenauer (ÖVP) sprach sich für eine Vertiefung des europäischen Binnenmarkts aus, insbesondere, um Abhängigkeiten zu reduzieren. Gerade in Zeiten geopolitischer Instabilitäten sei das bedeutend. Georg Strasser (ÖVP) meinte ebenfalls, dass Europa herausfordernde Zeiten durchmache. Wettbewerbsfragen seien auch im Bereich der Landwirtschaft zentral, der ihm besonders am Herzen liege.

Michel Reimon interessierte sich für Brunners europäische Haltung. Nach der letzten Wahl haben europafeindliche Kräfte stark zugelegt, führte der Abgeordnete aus. Er wollte vor diesem Hintergrund von Brunner wissen, wie dieser die proeuropäische Haltung Österreichs in der Kommission vertreten wolle. Der designierte Kommissar bezeichnete sich als "glühenden Europäer". Es gelte, geschlossen gegen jene Kräfte von außen und innen vorzugehen, die Europa zerstören wollten.

SPÖ unterstützt Nominierung von Brunner nicht

Kritik an der Nominierung des Finanzministers zum EU-Kommissar kam von den Sozialdemokrat:innen. Jörg Leichtfried (SPÖ) bemängelte insbesondere das Vorgehen der Bundesregierung. Es handle sich hier um ein "Pseudo-Hearing", die Stelle sei "im Hinterzimmer" durch Grün und Schwarz vergeben worden. Vom Bundeskanzler wollte er wissen, warum keine Frau nominiert werde. Schließlich habe Kommissionspräsidentin Ursula Von der Leyen dezidiert weibliche Mitglieder bzw. Doppelvorschläge eingefordert. Der Nominierungsprozess sei wie in der Verfassung festgeschrieben durchgeführt worden, betonte Nehammer. Bei der Auswahl des Kandidaten habe für ihn insbesondere dessen breites Portfolio gezählt. Bisher habe kein einziges Land eine Doppelnominierung vorgelegt, so der Kanzler.

"Wir sprechen uns gegen Ihre Nominierung aus", sagte Eva Maria Holzleitner (SPÖ) deutlich. Sie führte an, dass gegen Österreich aktuell über 50 Vertragsverletzungsverfahren laufen würden, über 40 davon seit dem Jahr 2018. Brunner entgegnete, dass insgesamt rund 2.000 derartige Verfahren gegen Mitgliedstaaten laufen würden. Österreich sei auch noch zu keiner Strafzahlung verurteilt worden. Von Holzleitner nach seiner Position zur Europäischen Bürgerinitiative für einen sicheren und legalen Schwangerschaftsabbruch gefragt, drückte der Finanzminister seine Unterstützung aus.

Holzleitner und Petra Bayr (SPÖ) wollten von Brunner außerdem wissen, wie dieser zu einem Ungarn-Boykott stehe. Es müsse das Ziel sein, auch bei Differenzen den Dialog fortzuführen, sagte der designierte Kommissar dazu. Bayr führte weiters an, dass es beim umstrittenen Mercosur-Abkommen derzeit Überlegungen gebe, den handelsrechtlichen Teil rein auf EU-Ebene ohne Zustimmung der nationalen Parlamente zu gestalten. Die Herangehensweise, nationale Parlamente zu übergehen, sollte nicht Schule machen, sagte Brunner dazu.

Der sozialdemokratische Abgeordnete Alois Schroll wollte von Brunner wissen, wie dieser sich in Puncto Atomenergie als Kommissar verhalten werde. Er werde hier eine klare Meinung gegen Atomenergie vertreten, so der Finanzminister. Detaillierte Budgetfragen des Abgeordneten Kai Jan Krainer (SPÖ) versprach Brunner, schriftlich zu beantworten.

FPÖ: Regierung ignoriert mit Nominierung Wählerwillen

Von den Freiheitlichen kritisierte die Europaparlamentsabgeordnete Petra Steger Brunners Nominierung scharf. Die Regierung habe damit bewiesen, dass sie keinen Respekt vor dem Willen der Wähler:innen habe. Denn sonst hätte ein freiheitlicher Kandidat nominiert werden müssen. Dem widersprach ÖVP-Mitglied des Europäischen Parlaments Reinhold Lopatka. Rund 70 % der Wähler:innen hätten sich klar für proeuropäische Parteien ausgesprochen, sagte er. Es wäre zum Schaden Österreichs und der EU, eine:n FPÖ-Vertreter:in in die Kommission zu entsenden. Denn das freiheitliche Projekt sei nur darauf ausgerichtet, Europa zu schwächen.

Ohne zu wissen, welches Ressort Brunner erhalten soll, könne der Ausschuss außerdem dessen fachliche Eignung nicht bewerten, meinte Steger weiter. Sie wollte daher wissen, ob der designierte Kommissar gewisse Bereiche ablehnen würde. Brunner bat um Verständnis dafür, dass er diese Frage nicht beantworte. Das wäre verhandlungstaktisch nicht sinnvoll, meinte er. Die Kommissionspräsidentin kenne seine Kompetenzen und werde darauf basierend ihre Auswahl treffen, zeigte er sich überzeugt.

Inhaltlich wollte Steger unter anderem wissen, wie Brunner zur Aufnahme von neuen, gemeinsamen Schulden stehe. Er sei gegen eine Schuldenunion, sagte er klar. Es gebe aber auch keine entsprechenden Vorschläge.

FPÖ-Abgeordnete Susanne Fürst fragte nach Brunners Position zu Plänen für eine Abschaffung des Einstimmigkeitsprinzips. In manchen Bereichen - wie der EU-Außenpolitik – halte er viel vom Prinzip der Einstimmigkeit. Es sei gerade für kleine Mitgliedstaaten wie Österreich entscheidend, um entsprechenden Einfluss zu haben.

NEOS mit Fragen zu Finanzen und Energie

Vonseiten der NEOS gratulierte Gerald Loacker dem Finanzminister zwar zu seiner Nominierung als EU-Kommissar. Es sei aber nicht die Aufgabe der Opposition, Rosen zu streuen. Seiner Meinung nach werde Brunner angesichts der österreichischen Budgetzahlen wohl nicht Haushaltskommissar werden. Brunner betonte, Österreich habe in der Budgetpolitik immer die europäischen Regeln eingehalten. Er bat darum, "nicht zu dramatisieren".

Von Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS) nach Maßnahmen für einen gemeinsamen EU-Energiebinnenmarkt gefragt, sprach sich Brunner für raschere Genehmigungsverfahren, Investitionen in Netze und Infrastruktur über Landesgrenzen hinweg und Verbesserungen bei der Energieeffizienz aus.

Andreas Kumin soll österreichischer Richter am EuGH bleiben

Nach der Aussprache mit Magnus Brunner gab der Hauptausschuss grünes Licht für die Wiederernennung von Andreas Kumin zum Richter am Europäischen Gerichtshof (EuGH). Der entsprechende Nominierungsvorschlag der Bundesregierung (286/HA) wurde einstimmig befürwortet.

Der Präsident des Europäischen Gerichtshofs habe ersucht, bei der Nominierung von Mitgliedern die Stabilität des EuGH zu berücksichtigen, informierte der Bundeskanzler. Diesem Ersuchen komme man mit der Wiederernennung von Andreas Kumin nach. Dieser zeichne sich durch seine Erfahrung, seine europarechtliche Expertise und seine ausgezeichnete fachliche Reputation aus, so Nehammer.

Petra Bayr (SPÖ) beteuerte, dass Kumin von der SPÖ unterstützt werde, nutzte aber die Gelegenheit, um Kritik an der Postenbesetzungspolitik der Regierung zu üben. Sie fragte etwa, warum es in diesem Fall so lange gedauert habe von der Ausschreibung im November des Vorjahres bis zur Entscheidung. In anderen Fällen und bei anderen Positionen hingegen ginge es sehr schnell. Es würden Posten besetzt, die erst in einem Jahr vakant seien. Als Beispiel nannte Bayr die Besetzung des Leitungspostens der Diplomatischen Akademie ab 1. August 2025 mit dem neuen Botschafter in Italien. Der Kanzler entgegnete, dass es unterschiedliche Entscheidungsprozesse sowie Priorisierungen der Themen gebe und oft Dinge passieren, die man nicht am Radar habe.

FPÖ fordert Volksbefragung zum Schutz des Bargeldes

Auf der Tagesordnung im Hauptausschuss stand auch ein Antrag der Freiheitlichen über eine Volksbefragung zum Schutz des Bargeldes und der uneingeschränkten Bargeldzahlung (3529/A). Konkret wollen die Freiheitlichen die Bevölkerung fragen, ob sie dafür ist, dass zum Schutz der unbeschränkten Verwendung von Bargeld im Zahlungsverkehr das Staatsgrundgesetz über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger um ein 'Recht auf Bargeld' erweitert wird. ÖVP-Mandatar Michael Hammer stellte einen Antrag auf Vertagung mit der Begründung, dass eine Abschaffung "gar nicht zur Diskussion" stehe. Man wolle allerdings nicht nur das "analoge Leben. Wir wollen Beides", bekräftigte er.

Auch FPÖ-Abgeordnete Dagmar Belakowitsch versicherte, dass man Kreditkarten und Bankomatkarten nicht verbieten wolle, die Möglichkeit bar zu zahlen, sollte aber bestehen. Sie rief in Erinnerung, dass Reinhold Lopatka 2016 (damals ÖVP-Klubobmann) gefordert habe, Bargeld verfassungsrechtlich zu verankern und auch Bundeskanzler Karl Nehammer vor einem Jahr von selbigem sprach. "Ich verstehe nicht, warum man dann nicht die Bevölkerung befragen kann, ob sie das möchte." Der FPÖ-Antrag wurde nach der kurzen Debatte mit den Stimmen der Koalitionsparteien vertagt. (Schluss) kar/map

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