EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen präsentiert die Namen aller neuen Kommissarinnen und Kommissare und deren Zuständigkeiten. Noch-Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) übernimmt das Innenressort - samt Migrationsthema. Umstritten ist die Besetzung des Italieners Raffaele Fitto als Vizepräsident.
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat am Dienstag in Straßburg ihre Liste mit den Namen ihres neuen Teams und den zugeteilten Portfolios präsentiert. Von der Leyen traf dazu zuerst ab 9 Uhr mit den Fraktionsvorsitzenden der EU-Parlamentsparteien in Straßburg zusammentreffen, um ihre Liste zu besprechen und wollte danach vor die Presse treten. Der derzeit noch als Finanzminister agierende, künftige österreichische Kommissar, Magnus Brunner (ÖVP), wird künftig das Innenressort der Kommission leiten - und damit auch für Migration zuständig sein.
Sechs Exekutiv-Vizepräsidentinnen und -präsidenten für die besonders relevanten Themen sind vorgesehen, davon sind vier Frauen und zwei Männer. Von der Leyen betonte, dass ihrem neuen Team 40 Prozent Frauen angehörten. Die Spanierin Teresa Ribero erhält das Ressort Wettbewerb und für grünen und digitalen Wandel. Die Finnin Henna Virkunen wird Vizepräsidentin für Souveränität und Sicherheit. Der französische Außenminister Stéphane Séjourné erhält das gewichtige Ressort für Industrie, Binnenmarkt und kleinere und mittlere Betriebe. Die rumänische EU-Abgeordnete Roxana Minatzu erhält den Bereich Bildung und Skills. Als Vizepräsident für Kohäsion, Regionalpolitik und Reformen wurde der umstrittene Italiener Raffaele Fitto der Rechtsaußenpartei Fratelli d‘Italia von Regierungschefin Giorgia Meloni gesetzt. Die letzte im Bunde der Exekutiv-Vizepräsidentinnen ist die künftige EU-Chefdiplomatin Kaja Kallas aus Estland.
Umstrittener Vize-Präsident aus ItalienSchon im Vorfeld hatte die mutmaßliche Besetzung des italienischen Kandidaten Raffaele Fitto als Vizepräsident der EU-Kommission für Misstöne gesorgt. Fitto gehört der postfaschistischen Partei Fratelli d‘Italia (Brüder Italiens) von Regierungschefin Meloni an. Ein „exzellenter Mann“ sei Fitto - das zumindest meint der ungarische Regierungschef Viktor Orbán. Andere im rechten Lager nennen den Italiener einen „Brückenbauer“, weil er Kontakte zur Europäischen Volkspartei (EVP) um CDU und CSU unterhält. Fitto selbst bezeichnet sich als „konservativ“.
Brüskiert dagegen zeigt sich das Mitte-Links-Lager im Europaparlament. „Unhaltbar“ nannte die Liberalen-Vorsitzende Valérie Hayer die Tatsache, dass Fitto geschäftsführender Vizepräsident der Kommission werden könnte. Auch Grüne und Sozialdemokraten äußerten immer wieder ihre Bedenken.
Zwei bisherige Vizepräsidenten bekommen große RessortsDer derzeitige slowakische Vizepräsident Maroš Šefčovič erhält das neue Portfolio für Handel und wirtschaftliche Sicherheit. Auch das bisherige Kommissionsschwergewicht Valdis Dombrovskis erhält mit Produktivität und Wirtschaft erneut ein Schlüsselressort. Der bisherige Erweiterungskommissar Olivér Várhely ist in Zukunft für Gesundheit und Tierwohl zuständig. Der Niederländer Wopke Hoekstra bleibt Kommissar für Klima und sauberes Wachstum. Der Litaue Andrius Kubilius erhält das neue Ressort für Verteidigung.
Die Slowenin Marta Kos, die von Seiten Sloweniens noch nicht formell bestätigt ist, soll Erweiterungskommissarin werden. Portugals Ex-Finanzministerin Maria Luís Albuquerque erhält das Ressort für Finanzmarkt und Investitionsunion, für das auch Brunner im Gespräch war. Rechtsstaatlichkeit und Justiz erhält der Ire Michael McGrath, Landwirtschaft der Luxemburger Christophe Hansen. Der polnische EU-Botschafter Piotr Serafin wird das Haushaltsressort von Johannes Hahn (ÖVP) übernehmen.
Wechsel in Frankreich, Hickhack in Slowenien: Präsentation wackelteDie Präsentation der neuen EU-Kommission war bis zuletzt nicht fix: Nach dem plötzlichen Rückzug des französischen EU-Kommissars Thierry Breton und der Nachnominierung von Außenminister Stéphane Séjourné fehlte weiterhin die formelle Nominierung der slowenischen Kandidatin Marta Kos. Nach der Präsentation der Liste ist das EU-Parlament am Zug: Die Anhörungen der Kommissionsanwärter in den zuständigen Fachausschüssen könnten Mitte Oktober starten. Die gesamte Kommission muss final vom Parlament abgesegnet werden, bevor sie mit möglicherweise 1. Dezember starten kann. (APA/Red.)
Der Frauenanteil liegt bei 40 Prozent, vier Frauen und zwei Männer sind in gewichtigen Positionen von Exekutiv-Vizepräsidenten, darunter auch der Italiener Raffaele Fitto von der rechten Partei Fratelli d‘Italia.
Ursula von der Leyen (Deutschland/EVP) - Kommissionspräsidentin, bereits vom Europaparlament gewählt.
Teresa Ribera (Spanien/Sozialisten), derzeit Vizeregierungschefin - Exekutiv-Vizepräsidentin für den sauberen und gerechten Übergang, Wettbewerbspolitik und Green Deal
Henna Virkkunen (Finnland/EVP), Ex-Bildungsministerin und Europaabgeordnete - Exekutiv-Vizepräsidentin für Sicherheit, Demokratie und Werte (verantwortlich auch für Digitales und disruptive Technologien)
Stéphane Séjourné (Frankreich/Liberale), Außen- und Europaminister - Exekutiv-Vizepräsident für Wohlstand und Industriestrategie, KMU und Binnenmarkt
Kaja Kallas (Estland/Liberale) - EU-Außenbeauftragte und Kommissionsvizepräsidentin, von den EU-Staats- und Regierungschefs für diese Position designiert.
Roxana Minzatu (Rumänien/Sozialdemokraten), EU-Abgeordnete - Exekutiv-Vizepräsidentin für Fachkräfte, Kompetenzen, Bildung und Kultur, hochwertige Arbeitsplätze und soziale Rechte.
Raffaele Fitto (Italien/EKR), Europaminister, Ex-Europaabgeordneter - Exekutiv-Vizepräsident für Kohäsion und Reformen
Maroš Šefčovič (Slowakei/fraktionslos), derzeit Kommissions-Vizepräsident - Kommissar für Handel und wirtschaftliche Sicherheit, auch zuständig für interinstitutionelle Beziehungen und Transparenz.
Valdis Dombrovskis (Lettland/EVP), derzeit Kommissions-Vizepräsident - Kommissar für Wirtschaft und Produktivität, auch zuständig für Umsetzung von EU-Vorhaben und Vereinfachung
Dubravka Šuica (Kroatien/EVP), derzeit Kommissions-Vizepräsidentin - Kommissarin für den Mittelmeerraum
Oliver Varhelyi (Ungarn, parteilos, Vertrauter von Premier Orbán), derzeitiger EU-Kommissar für Erweiterung - Kommissar für Gesundheit und Tierschutz
Wopke Hoekstra (Niederlande/EVP), derzeit Klimakommissar - Kommissar für Klima, Netto-Null Emissionen und sauberes Wachstum
Andrius Kubilius (Litauen/EVP), EU-Abgeordneter und ehemaliger Premier - Kommissar für Verteidigung und Raumfahrt
Marta Kos (Slowenien/Liberale), frühere Vize-Parteichefin der liberalen Regierungspartei, ihre Nominierung ist noch formal nicht abgeschlossen - Kommissarin für Erweiterung, auch zuständig für unsere östliche Nachbarschaft.
Jozef Sikela (Tschechien/EVP), Industrieminister - Kommissar für internationale Partnerschaften
Kostas Kadis (Zypern/parteilos), ehemaliger Umweltminister und Biologe - Kommissar für Fischerei und Ozeane
Maria Luís Albuquerque (Portugal/EVP), Ex-Finanzministerin - Kommissarin für Finanzdienstleistungen und die Spar- und Investitionsunion
Hadja Lahbib (Belgien/Liberale), Außenministerin - Kommissarin für Vorsorge und Krisenmanagement
Magnus Brunner (Österreich/EVP), Finanzminister - Kommissar für Inneres und Migration
Jessika Roswall (Schweden/Konservative), derzeit Europaministerin - Kommissarin für Umwelt, Wassersicherheit und eine wettbewerbsfähige Kreislaufwirtschaft
Piotr Serafin (Polen/EVP), EU-Botschafter - Kommissar für Haushalt, Betrugsbekämpfung und öffentliche Verwaltung
Dan Jørgensen (Dänemark/Sozialdemokraten), Entwicklungs- und Ex-Klimaminister - Kommissar für Energie und Wohnungswesen
Ekaterina Sachariewa (Bulgarien/EVP), Ex-Außenministerin - Kommissarin für Start-Ups, Forschung und Innovation
Michael McGrath (Irland/Liberale), Ex-Finanzminister - Kommissar für Demokratie, Justiz und Rechtsstaatlichkeit
Apostolos Tzitzikostas (Griechenland/EVP), Gouverneur Zentralmakedoniens und ehemaliger Präsidenten des europäischen Ausschusses der Regionen - Kommissar für nachhaltigen Verkehr und Tourismus
Christophe Hansen (Luxemburg/EVP), Europaabgeordneter - Kommissar für Landwirtschaft und Ernährung
Glenn Micallef (Malta/Sozialisten), Ex-Kabinettschef - Kommissar für Generationengerechtigkeit, Kultur, Jugend und Sport