Maggie Smith ist tot: Abschied von Professor McGonagall

gestern

Die Ausnahmeschauspielerin und zweifache Oscar-Gewinnerin ist im Alter von 89 Jahren gestorben. Bekannt wurde sie vor allem durch ihre Rollen in „Harry Potter“ und „Downtown Abbey“.

Maggie Smith - Figure 1
Foto DiePresse.com

Für all jene, die Maggie Smith in der zweiten Hälfte ihrer Filmkarriere kennenlernten, war die britische Schauspielerin so etwas wie die Oma, die man fürchtete und liebte zugleich: streng zwar und von jener Art großmütterlicher Weisheit erfüllt, die auch eine gewisse Arroganz erlaubte, aber tief drinnen ein Schelm, der nur darauf wartete, auszubüxen. Diese gewinnende Mischung zeigte sie als Mutter Oberin in „Sister Act“, wo sie die schwungvollen Choreinlagen von Whoopi Goldberg erst mit harter Miene ablehnt – und am Ende doch applaudiert, mit kaum verhohlener Begeisterung. Sie zeigte es auch in ihrer berühmten Rolle in den „Harry Potter“-Filmen: Als Professorin McGonagall verzauberte sie mit schmallippiger Strenge und Schlagfertigkeit, ließ aber auch durch den bösesten Blick eine Güte durchleuchten – wenn sie ihre Schülerschar etwa mit der ihr eigenen Ernsthaftigkeit als „babbling, bumbling band of baboons!“ bezeichnete. Und sie zeigte es als konservative, hochnäsige, intrigenfreudige Gräfinwitwe Violet Crawley in der Hochadel-Dramaserie „Downton Abbey“, wo sie ihren Bemerkungen gern etwas Spöttisches anhaften ließ.

Diese Serie war es, die Maggie Smith von der britischen Theaterdoyenne und Filmheldin, die sie längst war, endgültig zum weltweit berühmten Star machte. „Es ist irre. Bis ,Downton Abbey‘ habe ich ein völlig normales Lebens geführt. Niemand wusste, wer ich war. Ich ging ins Theater, besuchte Galerien, alles alleine“, sagte sie 2017 – als sie freilich längst zwei Oscars gewonnen hatte und von der Queen zum Ritter geschlagen sowie zur Dame Commander of the British Empire erhoben worden war.

Am Freitagmorgen ist Maggie Smith nun, wie ihre zwei Söhne bekanntgaben, im Alter von 89 Jahren verstorben.

In Oxford aufgewachsen

Die scharfzüngige Schauspielerin wurde 1934 in Ilford bei London geboren und wuchs in Oxford auf, wo ihr Vater an der Universität arbeitete. Der Ruf der Bühne ereilte sie früh – nicht Schauspielerin zu werden, war keine Option. Mit 17 spielte sie in Oxford erstmals in einem Shakespeare-Stück. Die Bühnenkarriere sollte immer ein Teil ihres Lebens bleiben, sie trat am Londoner West End und New Yorker Broadway auf. Berühmt machte sie aber das Kino: Neben Elizabeth Taylor und Richard Burton spielte sie 1963 in „Hotel International“ (Originaltitel: „The V.I.P.s“) eine verliebte Sekretärin. Wenig später erhielt sie ihre erste Oscar-Nominierung, 1965, für ihre Rolle als Desdemona in Laurence Oliviers „Othello“.

Maggie Smith als Professor Minerva McGonagall in den „Harry Potter“-Filmen. Imago /

Für „Die besten Jahre der Miss Jean Brodie“ (1969) gewann sie dann mit 35 Jahren ihren ersten Oscar. Der zweite folgte 1979 für ihre Nebenrolle in der Komödie „Das verrückte California-Hotel“ („California Suite“), eine Leistung, die ihren Co-Star Michael Caine zu den Worten veranlasste: „Maggie hat nicht nur den Film gestohlen, sie hat einen schweren Diebstahl begangen.“

Zu ihren bekanntesten Filmen zählen weiters Steven Spielbergs Peter-Pan-Version „Hook“ und „Der Club der Teufelinnen“. Sie gewann im Lauf ihrer Karriere alle wichtigen Theater- und Filmpreise, insgesamt sammelte sie noch drei Golden Globes, vier Emmys, einen Tony und fünf Baftas ein. Die meisten Fans sammelte sie wohl mit der „Harry Potter“-Kinoserie und mit „Downton Abbey“. Zusammenschnitte ihrer Szenen als stellvertretende Schulleiterin von Hogwarts oder als gestrenge Adels-Oma sind auf YouTube auch Jahre später noch beliebt.

Lady Violet (Maggie Smith) in „Downton Abbey“. (c) Universal

„Ich könnte abkratzen“

Auch eine Brustkrebserkrankung 2008 warf Maggie Smith nur vorübergehend aus der Bahn. Trotzdem drehte sie währenddessen den sechsten „Harry Potter“-Film. „Ruhestand ist keine Option“, sagte sie einmal. „Also werde ich weiter mit Charakteren wie Violet oder anderen alten Schachteln arbeiten.“

Gerne entfloh sie in ihren Filmen ihrer Zeit: „Ich habe immer Korsette an, und Perücken, und Knopfstiefel“, sagte sie schon 1993 in einem Interview. „Ich kann mich nicht erinnern, wann ich zuletzt in einem modernen Kleid auftrat.“ Zeitgemäße Garderobe trug sie dann etwa in der Rentnerkomödie „Best Exotic Marigold Hotel“ (2011) und deren Fortsetzung, wo sie einen Spruch nach dem anderen abfeuerte. Mit „The Lady in the Van“ (2015) demonstrierte sie noch einmal ihr großes dramatisches Talent: die Verfilmung von Alan Bennetts Freundschaft mit einer Obdachlosen, die 15 Jahre lang in ihrem Van in seiner Einfahrt residierte.

Die Kinofilme zu „Downton Abbey“ hätte sie sich eigentlich sparen wollen. „Ich könnte abkratzen, und es würde einfach mit meiner Leiche losgehen“, schlug sie dem Drehbuchautor salopp vor. Daraus wurde nichts – 2022 kam Teil 2 der Kinoreihe heraus.

Die Erfolgsserie dürfte sie selbst nie gesehen haben. Jedenfalls sagte sie das noch 2020: Keine einzige Folge habe sie sich angeschaut – und dann sei ein Punkt gekommen, an dem es zu spät gewesen sei, um das alles noch aufzuholen. (kanu/APA)

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