Chronik: Richard Lugner gestorben
Chronik
Er war der Wiener Society-Löwe, Baumeister, Opernball-Gastgeber, Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten, sechsfacher Ehemann und gemeinhin auch als „Mörtel“ bekannt: Richard Lugner ist im Alter von 91 Jahren gestorben.
Online seit heute, 9.27 Uhr (Update: 12.02 Uhr)
In den vergangenen Monaten hatte der Baumeister verstärkt mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. Zuletzt hatte Richard Lugner eine Herzoperation. Wie die Tageszeitung heute berichtet, ist Richard Lugner am Montag in seiner Villa in Döbling verstorben.
Erfolg mit Lugner-City entgegen aller Bedenken"Ich habe in meinem Leben viel erreicht, aber das ist etwas ganz Besonderes“, freute sich Lugner, als 2019 sein Ebenbild aus Wachs bei Madame Tussauds im Prater enthüllt wurde. In Referenz zu seinen Auftritten am Opernball trägt die Figur Frack, Lackschuhe und Zylinder. Als Kulisse dient ein Nachbau des Würstelstandes bei der Oper. Richard Lugner wurde als Sohn eines Anwalts, der in Russland fiel, 1932 in Wien geboren. 1962 begann er ohne Mittel seine Karriere als Bauunternehmer, 2015 belegte er im Ranking „Die 100 reichsten Österreicher“ Platz 94.
Fotostrecke mit 11 Bildern1990 eröffnete er das Einkaufszentrum „Lugner City“ im 15. Wiener Gemeindebezirk. entgegen aller Zweifler, die das kaufschwache Umfeld des Einkaufszentrum bemängelten. Lugner schaffte es aber durch trashiges Guerilla-Marketing, die City höchst erfolgreich zu machen. Anstatt klassischer Strategien wie Winterschlussverkauf, Muttertags-Rabatt und Aktionen zum Schulbeginn gab es in der Lugner-City Volksbelustigungen wie Boxkämpfe. Auch seine Opernball-Gäste mussten dem Ball zur Autogrammstunde in der Lugner-City antreten.
Stars und Sternchen zum Opernball geladenApropos Opernball: Über Jahrzehnte hinweg waren Geschichten rund um Lugners Opernballgäste fixer Bestandteil der Berichterstattung über den Opernball. Seine Verzweiflung darüber, noch immer keinen Opernballgast gefunden zu haben, die Verkündigung schlussendlich doch einen oder mehrere mehr oder weniger Prominente gefunden zu haben, deren Sonderwünsche, deren Programm für den Wien-Besuch rund um den Opernball sowie ein Tänzchen auf dem Parkett gehörten zur Berichterstattung über den Opernball Jahr für Jahr einfach dazu.
Fotostrecke mit 31 BildernZu Gast waren Stars und Sternchen von Gina Lollobridgida, Roger Moore und Andie MacDowell bis hin zu Tatjana Gsell, Baywatch-Nixe Pamela Anderson und Paris Hilton. Dabei führte Lugner oft nicht gerade die feine Klinge, wenn es um die Kommunikation über oder mit seinen Gästen ging: „Auch von mir gibt es Nacktfotos“, erfuhr die Öffentlichkeit etwa beim Besuch von Paris Hilton. Sich selbst sah Lugner durchaus in prominenter Gesellschaft, was die Optik betraf, als er befand, er sehe aus wie George Clooney.
Sechs Hochzeiten und ein BaumeisterDas operative Geschäft in der Lugner City übernahmen schrittweise seine Söhne. Autogrammstunden und Volksbelustigungen im Einkaufszentrum blieben aber fixe Bestandteile. Im öffentlichen Gespräch blieb Lugner auch unter anderem durch Auftritte im Reality TV sowie durch seine Beziehungen zu Frauen. Lugner war insgesamt sechs Mal verheiratet. 1961 heiratete Lugner seine Jugendliebe Christine Gmeiner. Nach 17-jähriger Ehe trennte sich das Paar.
Richard Lugners sechste Hochzeit, die Braut war Simone ReiländerNach zwei weiteren Hochzeiten ehelichte er 1990 Christina alias „Mausi“, mit der er bis 2007 verbunden blieb. Mit „Mausi“ an seiner Seite erreichte der Baumeister seine große Popularität. 2014 heiratete er zum fünften Mal und trat mit Cathy Schmitz alias „Spatzi“ vor den Standesbeamten. Die sechste Hochzeit mit Simone Reiländer alias „Bienchen“ fand erst 2024 statt.
Krebs und Corona besiegtGesundheitlich zeigte Lugner sich besonders widerstandsfähig. Er überwand eine 2016 diagnostizierte Prostatakrebs-Erkrankung, auch eine Coronainfektion konnte den Baumeister nicht klein kriegen. Doch gegen Ende seines Leben häuften sich die Probleme. Lugner schien angeschlagen, man mache sich „ernsthafte Sorgen“, kommentierte Ex-Frau Christina die Lage, als sich Mörtel nur langsam von einer Herzoperation erholte.
Zahlreiche Reaktionen aus Politik und WirtschaftDie Nachricht vom Tod des Bau- und Society-Löwen Richard Lugner hat am Montag innerhalb kurzer Zeit zahlreiche Reaktionen ausgelöst. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) etwa sagte via X (vormals Twitter): „Richard Lugner war ein erfolgreicher Unternehmer und eine schillernde Persönlichkeit. Ein österreichisches Original, das sich nie verbogen hat. Er ruhe in Frieden!“
„Mit Richard Lugner ist ein Wiener Original von uns gegangen. Meine aufrichtige Anteilnahme gilt seiner Familie, seinen Freundinnen und Freunden“, schrieb Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) in einer Aussendung. Auch zahlreiche Oppositionspolitiker, etwa von der FPÖ und den Neos drückten ihre Anteilnahme aus.
Richard Lugner war der Wiener der Herzen. Er hat dieser Stadt sowohl wirtschaftlich als auch menschlich enorm viel gegeben. Es war immer ein außerordentliches Vergnügen, mit ihm persönliche und politische Gespräche zu führen. Richard Lugner war ein Mensch, der sich kein Blatt vor…
— Dominik Nepp (@DominikNepp) 12. August 2024„Richard Lugner hat mit seiner visionären Kraft und seinem Mut neue Maßstäbe gesetzt und viele inspiriert – als Händler und als Shoppingcenterbetreiber im Herzen der Stadt Wien. Besonders berührt hat mich seine immerwährende Handschlagqualität. Sein Erbe wird der Branche erhalten bleiben“, betonte Stephan Mayer-Heinisch, Präsident des freien, überparteilichen Handelsverbands.