Der neue «Joker: Folie à deux» mit Lady Gaga ist ein Musical! Ein ...
Der Joker und Lady Gaga spielen in ihren Liebesträumen Fred Astaire und Ginger Rogers. Und das klingt dann auch so.Bild: www.imago-images.de
Review
Regisseur Todd Philipps und Joaquin Phoenix widmen sich erneut der dunklen Psyche ihres immerzu verregneten Helden. Doch das Tollste am Film ist Lady Gaga.
Joaquin Phoenix spielte Johnny Cash (2005). Und Jesus (2018). Und den Joker (2019). Und Napoleon (2023). Was also ergibt Singen plus Märtyrerkomplex plus Grössenwahn plus abgrundtief böser Anarcho-Incel? Genau! Joker, das Musical. Also «Joker: Folie à Deux». Es war gewissermassen unvermeidlich.
Ist wie immer schlecht in Gotham. Regen. Sonst nichts. Sieht aber natürlich gut aus. Und ist auf eine existentialistische Weise trist. Wie das Leben des Jokers, der seit dem letzten Film im Gefängnis sitzt. Wofür Phoenix, dieser crazy guy, erneut über 20 Kilos abgenommen hat, man siehts ihm an.
Gut, ein paar Knochen wurden hier gewiss noch zusätzlich betont, trotzdem ist Joaquin Phoenix erschreckend mager. Bild: www.imago-images.de
Man nehme Lady Gaga, als Sängerin und Performerin eine absolute Naturgewalt. Umwerfend in jeder Sekunde, da ein Ton ihre Lippen verlässt. Auch als Schauspielerin toll, roh, direkt und schmerzhaft wie eine frische Wunde. Sie spielt Harley Quinzel, eine Harley-Quinn-Adaptation, die Harlekin-Frau aus dem «Batman»-Universum also, die schöne Clownin. Und jetzt das Joker-Groupie schlechthin, das seine grosse Liebe wird. Beide täuschen und enttäuschen einander, Liebe als Flucht und Fluch, ziemlich gut, die zugleich romantische und kaputte Beziehungsdynamik der beiden.
Und man nehme Phoenix, auf seine Art auch eine Naturgewalt. Und lasse sie einander lieben und ansingen, wie man das im Film eben so tut. Im Leben zum Glück nicht. Die herzerreissendste Musik-Nummer: Der Joker singt für Harley die englische Fassung von «Ne me quitte pas» ins Telefon, singt, dass er der Schatten ihres Hundes sein möchte, mehr Unten geht in der Liebe nicht.
Ist sie wirklich, wer sie zu sein vorgibt? Na? Lady Gaga als Harley Quinzel.Bild: Warner Bros.
Möglicherweise ist dies die dünnste Joker-Story aller bisherigen Zeiten. Restlos alles aus Teil eins wird noch einmal referiert, seine Verbrechen, sein Trauma, sein Mutterkomplex, seine Vatersuche in einer prominenten TV-Figur und schliesslich deren Ermordung, ein klassischer Vatermord also. Und in immer neuen Facette wird die Frage ausgewalzt, was wertvoller ist, Leben oder Bühne, Realität oder Traum, und ob beide nicht ein und dasselbe sind. Ausser der Liebe kommt nun nichts Neues hinzu. Und die Liebe tobt und tobt und tobt sich in Gesangsnummern aus. Unentwegt. Die sind alle hübsch inszeniert, exzentrisch performt und bombastisch gesungen. Aber man möchte doch auch einmal wieder ein bisschen Geschichte dazwischen.
Egal wo, für eine kleine (Gesangs- und Tanz-)Nummer ist immer Zeit.Bild: www.imago-images.de
Ist der Fernseher. Ja! Dieses antike Ding, das heute viele nicht mehr richtig zu benutzen wissen, weil ihnen das Wort «linear» fremd ist, feiert und feiert und feiert hier seine nicht existenzialistische, aber existenzielle Bedeutung. Schliesslich befinden wir uns nicht im Heute, sondern in den 80ern. «Live on TV» ist für Arthur Fleck aka Joker der erstrebenswerte Aggregatzustand überhaupt. «Live on TV» hat er sein grösstes Verbrechen begangen, «Live on TV» soll jetzt sein Prozess stattfinden, Kameras, Bühnen, sich schier endlos multiplizierendes Publikum geben seiner kranken kleinen Existenz erst Bedeutung.
Immer diese Fragen! Ob dieses TV-Interview glatt geht? Ja? Nein? Vielleicht?Bild: Warner Bros.
Gaga-Fans müssen sofort ins Kino, TV-Nerds können sich auf nostalgische Momente freuen, Musical-Muffel sollen unbedingt zuhause bleiben und Joker-Fans? Schwer zu sagen, ob sie sich am Ende grandios getäuscht oder enttäuscht sehen. Aber so ist das nun mal mit der Liebe.
«Joker: Folie à Deux» läuft ab dem 3. Oktober im Kino.
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