Kursk erklärt Notstand wegen ukrainischer Offensive
In der russischen Region Kursk ist inmitten einer ukrainischen Bodenoffensive der Notstand ausgerufen worden. Dies teilte der Gouverneur der Region, Alexej Smirnow, in einem Posting auf der Nachrichten-App Telegram mit. Die Ukraine ist bei einem Gegenangriff weit auf russisches Gebiet bei Kursk vorgestoßen. Die Offensive hatte nach Angaben des russischen Verteidigungsministerium am Dienstag begonnen und am Mittwoch den Nordwesten der Stadt Sudscha erreicht.
Aufgrund des ukrainischen Vorstoßes hat die russische Nationalgarde den Schutz des Atomkraftwerks Kursk verstärkt. Außerdem seien zusätzliche Kräfte für die Bekämpfung von Sabotage- und Aufklärungstrupps in den Gebieten Kursk und Belgorod herangezogen worden, teilte die Behörde mit. Das geschehe in Kooperation mit den russischen Grenztruppen und der Armee. Das Atomkraftwerk mit vier Blöcken und einer Leistung von fast zwei Gigawatt befindet sich nur gut 60 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt.
Die ukrainischen Truppen waren vom Gebiet Sumy aus mit Panzern und Artillerie auf das Territorium des Aggressors vorgedrungen. Unbestätigten Berichten zufolge seien sie dabei bis zu 15 Kilometer in Richtung des AKWs gekommen. Russischen Militärbloggern zufolge waren bis zu elf Ortschaften unter Kontrolle ukrainischer Soldaten.
Aufgrund der schwerwiegenden Angriffe hatten die russischen Behörden die Evakuierung von tausenden Menschen verfügt. "Mehrere tausend Menschen haben die unter Beschuss befindliche Region mit unserer Hilfe verlassen", teilte der Gouverneur Smirnow in einer Videobotschaft mit.
Russischen Angaben zufolge wurden im Zuge der Kämpfe fünf Menschen getötet und 24 weitere verletzt. 13 von ihnen würden im Krankenhaus behandelt. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums umfassten die Verluste auf ukrainischer Seite 260 Soldaten und 50 gepanzerte Fahrzeuge, darunter sieben Panzer sowie acht gepanzerte Mannschaftstransportwagen.
An dem Angriff sind nach Angaben des russischen Generalstabs "bis zu tausend" ukrainische Soldaten beteiligt, wie Generalstabschef Waleri Gerassimow bei einem vom russischen Fernsehen übertragenen Treffen mit Präsident Wladimir Putin mitteilte. "Das tiefe Vorrücken des Feindes auf das Gebiet wurde durch Schläge der Luftwaffe und der Artillerie gestoppt", sagte Gerassimow weiter. "Der Einsatz zur Zerstörung der ukrainischen Armee-Einheiten geht weiter", erklärte unterdessen das russische Verteidigungsministerium. Die Lage sei "unter Kontrolle". Das weitere Vordringen der ukrainischen Truppen auf russisches Staatsgebiet sei abgewehrt worden.
Militärbeobachter meinten, die russischen Truppen seien in der Grenzregion nur schwach aufgestellt gewesen, weshalb die ukrainischen Kämpfer es leicht gehabt hätten, dort einzudringen. In der Vergangenheit hatte es solche Durchbrüche von ukrainischer Seite in der Region Belgorod gegeben. Zu den Aktionen bekannten sich Freiwilligenbataillone, die aus Russen bestehen, aber aufseiten der Ukraine kämpfen. Ziel der Ukraine könnte es aus Sicht von Experten sein, die russischen Truppen von Angriffen in dem Krieg gegen das Nachbarland abzulenken.
Kremlchef Wladimir Putin warf dem "Kiewer Regime" eine schwere neue Provokation vor. Es sei mit Raketen auch auf zivile Objekte und Wohnhäuser geschossen worden, sagte Putin bei einer vom Kreml bei Telegram in Teilen übertragenen Regierungssitzung. Bei einem Treffen mit dem Verteidigungsministerium, mit dem Generalstab der russischen Streitkräfte und dem für den Grenzschutz zuständigen Inlandsgeheimdienst FSB werde er sich in Kürze weitere Lageberichte anhören, sagte der Präsident. Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa sprach von einem "Terrorakt" gegen die Zivilbevölkerung.
Die Ukraine wehrt sich seit über zwei Jahren gegen eine Aggression des großen Nachbarlandes. Sie feuert immer wieder Artillerie und Raketen auf russisches Territorium und hat mit Langstrecken-Drohnen Ziele tief im Inneren Russlands angegriffen. Infanterieangriffe kommen allerdings selten vor.