INDUSTRIEMAGAZIN | KTM stellt Sanierungsantrag: Motorrad ...

5 Stunden vor

26.11.2024

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Lesezeit: ca. 4 Minuten

Die KTM AG, eine Tochter der Pierer Mobility, hat Insolvenz angemeldet und bereitet ein Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung vor. Hohe Verluste im dreistelligen Millionenbereich, sinkende Betriebsleistungen und umfangreiche Restrukturierungsmaßnahmen belasten den bekannten Motorradhersteller schwer.

Die Pierer Mobility-Tochter KTM AG steht vor der Insolvenz

- © R.Schedl

KTM, eine Tochter der Pierer Mobility, steht vor der Insolvenz. Das Unternehmen bereite ein Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung vor, so die Firma des Industriellen Stefan Pierer. Wie KTM am Dienstag bekanntgab, soll der Antrag dafür am Freitag eingereicht werden. Der aktuelle Finanzierungsbedarf beläuft sich laut Pierer Mobility auf einen "hohen dreistelligen Millionenbetrag". Auch die Pierer Industrie AG befindet sich in Restrukturierung.

>>> KTM in der Krise: Pierer Industrie AG startet Restrukturierungsverfahren

Das Management der KTM AG rechnet nicht damit, die benötigte Zwischenfinanzierung rechtzeitig sichern zu können. Daher wurde beschlossen, beim zuständigen Gericht ein gerichtliches Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung zu beantragen. Dies betrifft nicht nur die KTM AG, sondern auch die Tochtergesellschaften KTM Components GmbH und KTM F&E GmbH. Allerdings seien die Vertriebsgesellschaften und weitere Tochterunternehmen nicht betroffen, so das Unternehmen.

Das am Montag eingeleitete Restrukturierungsverfahren der Pierer Industrie AG, das Stefan Pierer initiiert hat, gilt als Mitursache für die Insolvenz der KTM AG, die nun ebenfalls eine Sanierung anstrebt. Das sogenannte europäische Restrukturierungsverfahren, das in Österreich erstmals angewendet wird, wurde laut Angaben des KSV1870 am heutigen Dienstag in Linz eröffnet. Dieses Verfahren ermöglicht es Unternehmen, die insolvenzgefährdet, aber noch nicht zahlungsunfähig sind, in einem gerichtlich überwachten Rahmen ihre wirtschaftliche Lage zu stabilisieren und sich zu erholen, bevor eine Insolvenz unausweichlich wird.

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Ziele des Sanierungsverfahrens

In einer Mitteilung erklärte die KTM AG, dass innerhalb von 90 Tagen ein Sanierungsplan mit den Gläubigern erarbeitet werden soll. Dabei steht eine Redimensionierung der Gruppe im Fokus, um die finanzielle Stabilität langfristig zu sichern und gestärkt aus der Krise hervorzugehen.

>>> KTM AG plant möglichen Stellenabbau noch in diesem Jahr

Geplant ist unter anderem eine Anpassung der Produktionskapazitäten. Ziel sei es, Lagerüberbestände bei KTM und den Händlern innerhalb von zwei Jahren zu reduzieren. Dadurch werde die Betriebsleistung in den Jahren 2025 und 2026 um etwa eine Milliarde Euro sinken. Gleichzeitig führen notwendige Abwertungen zu einem "zusätzlichen Verlustpotenzial". Schon für 2024 erwartet das Unternehmen ein negatives Jahresergebnis im hohen dreistelligen Millionenbereich.

Am Dienstag wurden die Beschäftigten im Rahmen einer Betriebsversammlung über die geplanten Maßnahmen für Januar und Februar informiert. Dazu zählen ein Produktionsstopp sowie ein Ein-Schicht-Betrieb, erklärte ein Unternehmenssprecher. "Dabei wurden sie auch über das Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung informiert", dem das zuständige Gericht noch zustimmen muss.

Bereits vor Bekanntwerden der Insolvenz sollten zwischen 280 und 300 Mitarbeiter gekündigt werden. Im Januar und Februar war geplant, die Produktion im Werk Mattighofen vollständig stillzulegen. Um die verbleibenden Arbeitsplätze zu sichern, setzte das Unternehmen auf ein Modell, das eine Woche freiwilligen Urlaubskonsum und Kurzarbeit vorsah. Ab März sollte die Produktion zwar wieder aufgenommen werden, jedoch auf einen Einschicht-Betrieb reduziert werden.

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Stefan Pierer

Restrukturierung auch bei Pierer Industrie AG

Am 25. November, dem Geburtstag des Mehrheitseigners Stefan Pierer, hat die Pierer Industrie AG ein europäisches Restrukturierungsverfahren eingeleitet. Dieses rechtliche Instrument, das seit 2021 existiert, wurde in Österreich bisher noch nie angewendet. Doch die Pierer Industrie AG betonte noch gestern, dass es nicht um eine Entschuldung geht, da das Unternehmen nicht überschuldet sei. Weder Zinszahlungen noch offene Forderungen sollen gekürzt werden.

>>> Radikaler Stellenabbau und Reduzierung des Vorstandes bei Pierer Mobility

Mit diesem Schritt soll einer vorzeitigen Fälligstellung von Anleihen und Schuldscheindarlehen im Umfang von rund 250 Millionen Euro vorgebeugt werden. Diese Maßnahme wäre im Zuge der Sanierung der KTM-Gruppe drohend geworden. Pierer Mobility und deren Tochter KTM stehen vor erheblichen finanziellen Herausforderungen: Nach starken Umsatzrückgängen in den letzten zwölf Monaten und einer zu optimistischen Produktionsplanung sind die Lager übervoll.

Laut dem Nachrichtenmagazin Profil sollen derzeit rund 100.000 Motorräder im Wert von 1,4 Milliarden Euro unverkauft sein. Diese Situation setzt die Pierer Mobility AG massiv unter Druck. Zur Sicherung der Liquidität benötigt das Unternehmen eine Überbrückungsfinanzierung in dreistelliger Millionenhöhe.

In den vergangenen Wochen gab es zahlreiche Spekulationen, dass ein finanzieller Retter, ein „weißer Ritter“, dem angeschlagenen Unternehmen zur Seite stehen könnte. Am Freitag dementierte Stefan Pierer jedoch Gerüchte, wonach Red-Bull-Erbe Mark Mateschitz bei KTM einsteigen könnte. Wer letztendlich als potenzieller Retter auftreten wird, bleibt unklar. Eine Option könnte Pierers indischer Partner sein, der in der Vergangenheit bereits strategische Unterstützung geleistet hat. Stefan Pierer hält an der KTM-Gesellschaft Pierer Mobility eine knappe Mehrheit von 50,1 Prozent. Die restlichen 49,9 Prozent sind im Besitz des langjährigen indischen KTM-Partners Bajaj Auto, der seit vielen Jahren KTM-Modelle für den asiatischen Markt produziert.

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Gottfried Neumeister, Vize-CEO

- © Gottfried Neumeister

Stefan Pierer setzt dabei insbesondere auf Vize-CEO Gottfried Neumeister, der laut Pierer „eine beeindruckende Erfahrung und viel frischen Wind“ ins Unternehmen gebracht habe. „Ich bin davon überzeugt, dass er gemeinsam mit mir das Unternehmen wieder auf die Erfolgsspur führen wird“, erklärte Pierer.

Neumeister selbst betonte in seiner Stellungnahme die Bedeutung der Mitarbeiter: Ihre Begeisterung sei der „wichtigste Wettbewerbsvorteil“. Ziel sei es, die Firma „robust für die Zukunft“ zu machen. Trotz der bevorstehenden Insolvenz sprach das Unternehmen in einer Aussendung optimistisch von einem „Boxenstopp“, der die Grundlage für eine erfolgreiche Weiterentwicklung schaffen soll.

Was ist das Europäische Restrukturierungsverfahren?

Die Restrukturierungsordnung (ReO) ist seit Sommer 2021 in Kraft und bietet insolvenzgefährdeten, aber noch nicht zahlungsunfähigen Unternehmen die Möglichkeit, sich durch ein gerichtliches Verfahren wirtschaftlich zu erholen. Laut KSV 1870 soll das Instrument helfen, Unternehmen langfristig zu sichern, indem Maßnahmen zur Sanierung rechtzeitig ergriffen werden.

Das Verfahren kann nur beantragt werden, wenn eine drohende oder wahrscheinlich bald eintretende Zahlungsunfähigkeit vorliegt. Voraussetzung ist die Erstellung eines Restrukturierungskonzepts, das konkrete Maßnahmen zur Sicherung des Unternehmens beschreibt. Dieses Konzept muss die Zustimmung der beteiligten Gläubiger erhalten. Welche Gläubiger in den Prozess einbezogen werden, entscheidet der Schuldner, wobei insbesondere jene ausgewählt werden, die für den Fortbestand des Unternehmens entscheidend sind.

Forderungen nicht beteiligter Gläubiger bleiben vom Verfahren unberührt und müssen in vollem Umfang bedient werden. Dazu zählen auch Arbeitnehmerforderungen wie Löhne und Gehälter, die weiterhin gesichert sind.

Neu im Verfahren sind die sogenannten Gläubigerklassen. Jede Klasse muss einer Restrukturierung mit mehr als 50 Prozent der anwesenden Gläubiger und mehr als 75 Prozent der betroffenen Forderungen zustimmen, um den Plan anzunehmen.

Ein Restrukturierungsbeauftragter agiert als zentrale Schnittstelle zwischen Schuldner und Gläubigern. Anders als ein Insolvenzverwalter unterstützt er das Unternehmen bei der Erstellung und Verhandlung des Restrukturierungsplans und sorgt für einen reibungslosen Ablauf des Verfahrens.

KTM ist insolvent: Pierer Industrie im Restrukturierungsverfahren

Erstveröffentlichung

26.11.2024

Letzte Aktualisierung

26.11.2024

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