"Bleiben Sie daheim, es herrscht Lebensgefahr!"

4 Aug 2023

Die Prognosen der Meteorologen haben sich leider erfüllt: Starke und ergiebige Niederschläge haben in der Nacht auf Freitag in Kärnten zu Murenabgängen und Überflutungen und Hochwasser geführt.

Kärnten - Figure 1
Foto Kleine Zeitung
Kritische Lage in zwei Bezirken

Vor allem in den Bezirken Wolfsberg und Völkermarkt ist die Lage kritisch: In St. Paul im Lavanttal wurde Zivilschutzalarm ausgerufen, die Überflutung des Ortszentrums droht. Auch in St. Georgen im Lavanttal ruft Bürgermeister Karl Markut die Menschen auf, ihre Häuser nicht zu verlassen. Eisenkappel-Vellach im Bezirk Völkermarkt ist von der Außenwelt abgeschnitten und über auf dem Straßenweg nicht zu erreichen. Wir halten Sie über die aktuellen Entwicklungen auf dem Laufenden.

Bange Blicke auf die Lavant

In der Lavanttaler Gemeinde St. Paul habe man bereits die Pegelstände eines 100-jährigen Hochwassers erreicht, so Bürgermeister Stefan Salzmann (SPÖ): "Wenn es weiterhin so ergiebig regnet, bewegen wir uns in Richtung 300-jähriges Hochwasser."

Bange Blicke richten sich derzeit auf die Lavant. Noch sei diese laut Salzmann im Bereich eines 5-jährigen Hochwassers. "Das ist bewältigbar. Aber alles, was im oberen Lavanttal dazukommt, kommt zu uns herunten. Dann wird es wieder kritischer", sagt der Gemeindechef.

Rückhaltebecken hält

In St. Paul im Lavanttal hat sich die Lage am Freitagvormittag ein wenig entspannt, berichtet Bürgermeister Stefan Salzmann (SPÖ). Allerdings nur vorübergehend, denn es hat wieder zu regnen begonnen. Das Rückhaltebecken Granitzbach, das das Ortszentrum von St. Paul vor einer Überflutung schützt, hält. "Die Einsatzkräfte haben begonnen, das Becken von Treibholz zu befreien", sagt Salzmann. "Dann kann das Wasser kontrolliert abgelassen werden." So soll Platz für nachkommende Wassermassen geschaffen werden.

Das Rückhaltebecken Granitzbach

© Polizei Kärnten

Land aktiviert Krisenstab

Aufgrund der Unwetter in der Nacht auf Freitag und der prognostizierten weiteren Regenfälle wurde der Krisenstab des Landes hochgefahren, zusätzlich zu Krisenstäben in den Bezirken Wolfsberg, Völkermarkt und Klagenfurt-Land. Landeshauptmann Peter Kaiser und Landesrat Daniel Fellner (beide SPÖ), er ist auch Katastrophenschutzreferent, erhielten von Experten der Bezirkshauptmannschaften, der Fachabteilungen und den Einsatzorganisationen ein aktuelles Lagebild.

Kärnten - Figure 2
Foto Kleine Zeitung
Notweg erneut blockiert

Eine Mure hat auch den Notweg für die Ortschaft Guntschach in der Gemeinde Maria Rain vorerst wieder blockiert. Die Ortschaft ist erneut von der Außenwelt abgeschnitten, wie Vizebürgermeister Edgar Kienleitner (SPÖ) bestätigt. Die Zufahrt zur blockierten Stelle ist derzeit aus Richtung Ebenthal nicht möglich, weil auch im Bereich Rottenstein Straßen blockiert sind. "Es dürften aber nicht solche Massen wie beim letzten Mal sein", sagt Kienleitner.

Anspannung auch in Klagenfurt

In der Landeshauptstadt Klagenfurt blicken die Verantwortlichen derzeit mit Sorge auf die Sattnitz. "Der Pegelstand ist hoch. Wir beobachten und werden im Laufe des Freitags entscheiden, welche Maßnahmen getroffen werden müssen", heißt es aus dem Rathaus. Sollte es den Freitag über weiter stark regnen, könnte die Sattnitz zum echten Problemfall werden: "Noch können wir aber nichts sagen."

Die Gemeinde Ebenthal hat den Krisenstab einberufen. Die Ortschaften Obitschach, Rottenstein und Mieger sind von den Unwettern besonders betroffen, sagt Bürgermeister Christian Orasch (SPÖ). Es herrscht geringes bis mittleres Hochwasserrisiko. Zahlreiche Straßen sind derzeit gesperrt. Genauere Informationen zu Straßensperren siehe weiter unten.

Auto von Mure mitgerissen

Alle Insassen konnten das Auto unverletzt verlassen

© FF Unterbergen

Dramatische Szenen ereigneten sich in der Nacht auf Freitag auf der Loiblpass Bundesstraße (B 91): Dort wurde ein Auto von einer Mure erfasst und mitgerissen. Alle drei Insassen blieben zum Glück unverletzt und konnten das Fahrzeug selbstständig verlassen, berichtet die Freiwillige Feuerwehr Unterbergen auf ihrer Facebook-Seite. Ein weiteres Fahrzeug konnte mit Unterstützung der Feuerwehrs aus dem Bereich der Mure fahren.

Kärnten - Figure 3
Foto Kleine Zeitung
Muss Ort evakuiert werden?

Besonders dramatisch ist die Situation in St. Paul im Lavanttal, berichtet Bürgermeister Stefan Salzmann (SPÖ). Für die Gemeinde wurde Zivilschutzalarm ausgerufen. Dort droht die größte Gefahr vom hochwasserführenden Granitzbach. "Das Rückhaltebecken Granitzbach hat seine Kapazitätsgrenze erreicht", sagt Salzmann. An einige Stellen laufe es bereits über. "Sollte es wirklich übergehen, wird das Ortszentrum von St. Paul überflutet. Dann sind auch Bewohner bedroht."

Um diese Situation zu vermeiden, tagt der Krisenstab. Eine mögliche Variante, um eine größere Katastrophe zu verhindern, sei es, das Rückhaltebecken kontrolliert abzulassen, so Salzmann. Bringe das keine Entspannung, müsse man das prüfen, ob das Ortszentrum von St. Paul sogar evakuiert werde. "Eine Entscheidung über das weitere Vorgehen wird am Vormittag fallen", sagt Salzmann.

Es gilt auf jeden Fall erhöhte Vorsicht. Feuerwehren fahren durch den Ort, um die Bewohner zu warnen und ihre Häuser nicht zu verlassen. In den Gebäuden selbst sollen Keller und Räume im Erdgeschoß gemieden werden.

Eisenkappel abgeschnitten

Zivilschutzwarnung auch in der Gemeinde Eisenkappel-Vellach. Die Flüsse Vellach und Ebriach sind über die Ufer getreten, die Gemeinde selbst ist über den Straßenweg nicht erreichbar. "Auch wenn sich Freitagvormittag die Situation ein klein wenig entspannt hat, weil es zu regnen aufgehört hat, ist die Lage sehr ernst", sagt Bürgermeisterin Elisabeth Lobnik (SPÖ). "Es gibt schwere Schäden quer durch die Gemeinde, an öffentlicher Infrastruktur, an privaten Gebäuden."

Auch Lobnik appelliert an die Vernunft der Menschen: "Bitte bleiben Sie daheim, es herrscht Lebensgefahr!" Immer wieder kommt es zu Murenabgängen und Hangrutschungen.

Kärnten - Figure 4
Foto Kleine Zeitung
Kraftwerk Zauchen Bad Eisenkappel

© KK

Angst vor weiterem Regen

Äußerst ernst ist die Situation auch in der Gemeinde St. Georgen im Lavanttal. Dort gilt eine Zivilschutzwarnung, sagt Bürgermeister Karl Markut (Team Kärnten): "Die Menschen sollen bitte ihre Häuser nicht verlassen und nicht in die Keller gehen." Vor allem in tiefer gelegenen Orten (Unterrain, Fransdorf), nahe der Lavant, steht das Wasser teilweise bereits 30, 40 Zentimeter hoch.

"Die Situation ist bei uns Gott sei Dank noch nicht so dramatisch wie in St. Paul, aber wenn es, wie vorhergesagt, am Nachmittag wieder so stark regnet, bekommen auch wir Probleme", sagt Markut. Doch man sei jedenfalls vorbereitet. Um weitere Maßnahmen abzustimmen und vorzubereiten, trifft sich um 8 Uhr auch in St. Georgen der Krisenstab.

Straßensperren

Infolge der Niederschläge kam es auch in anderen Orten in den Bezirken Völkermarkt, Wolfsberg und Klagenfurt-Land zu Überschwemmungen, Hangrutschungen und Murenabgängen. Laut Antenne Kärnten sind in den Unwettergebieten folgende Straßen gesperrt:

Miegerer Straße (L 100): In beiden Richtungen Sperre zwischen Gurnitz und Obermieger für das gesamte Wochenende. Loiblpassstraße (B 91): In beide Richtungen zwischen Sapotnitza und dem Grenztunnel Loibl. Ausweichen ist nur über den Karawankentunnel möglich. Sankt Pauler Straße (L 135): Zwischen Lavamünd und Sankt Paul gesperrt. Kein Weiterkommen gibt es deshalb auf Höhe der Annabrücke bei Gallizien. Loibachersstraße (L 133): Zwischen Oberloibach und der Staatsgrenze. Mehrere Ortschaften im Bodental, wie Zell-Mitterwinkel und Zell-Obwinkel sind nicht erreichbar. Seeberg Straße (B 82): Zwischen Völkermarkt-Seeberg zwischen Zauchen und Staatsgrenze Seebergsattel in beiden Richtungen. Zudem auf Höhe Eberndorf, hier gibt es eine Umleitung, und Miklauzhof bis nach Eisenkappel. Lavamünder Straße (B 80): Zwischen Lippitzbach und Lavamünd sowie  zwischen Eis und Staatsgrenze in beiden Richtungen. Mießberger Landesstraße (L 133): Bei der Abzweigung der Loibacher Bundesstraße (B 80a) und der Staatsgrenze. Waidischer Straße (L 103): Ab dem alten Gasthaus Neuwirt. Gurnitzer Straße (L 100): Zwischen Gurnitz und der Abzweigung Grafenstein, hier gibt es eine örtliche Umleitung. Rosental Straße (B 85): Zwischen Abtei und Gallizien, außerdem Sperre zwischen Seidolach und Ferlach in beiden Fahrtrichtungen. Ettendorfer Straße (L 143): Auf Höhe Mühldorf. Auch Grenzübergänge zu

Folgende Grenzstellen sind gesperrt: Grablach, Raunjak, Seebergsattel und der Loiblpass. Ausweichen ist nur großräumig möglich.

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