Werner Kogler als stabiler Faktor in Grünem Regierungs ...

29 Sep 2024
Kogler

Veröffentlicht: 29. September 2024 18:38  Uhr
Aktualisiert: 29. September 2024 18:56  Uhr

Die Nationalratswahl ist geschlagen. Für Werner Kogler und die Grünen war es wohl kein rauschendes Fest, das Ergebnis dürfte nach fünf krisenbehafteten Jahren für sie aber erträglich sein. Welche Strategien und Entscheidungen haben die Koalition mit der ÖVP geprägt und wie stehen die Chancen auf weitere fünf Jahre in Regierungsverantwortung?

Die Wahl ist geschlagen und wenig überraschend ist es für Werner Kogler keine Partynacht wie vor fünf Jahren geworden. Die Regierungsbeteiligung hat ihren Tribut gefordert, aber die Grünen sind letztlich mit einem auch für sie erträglichen Ergebnis über die Ziellinie gekommen. Möglicherweise hätte Klimaschutzministerin Leonore Gewessler mehr gezogen, doch war Kogler die sichere Variante. Ihm ist zu verdanken, dass die Grünen auch fünf turbulente Regierungsjahre überstanden.

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Kogler als stabiler Faktor der Regierung

Dass just die Kombination aus einer mittlerweile deutlich nach rechts gerutschten ÖVP und den Grünen eine komplette Gesetzgebungsperiode durchhält, hätte nicht jeder gedacht. Dies gilt umso mehr, als die Regierung Krise um Krise zu bewältigen hatte, für die sie noch dazu meistens nichts konnte.

Doch Kogler gab sich eisern, sei es während Corona, angesichts des russischen Überfalls auf die Ukraine oder zu Zeiten der ÖVP-Turbulenzen rund um den mehrfachen Kanzler-Wechsel. Der Grünen-Chef blieb der stabile Faktor der Regierung. Einzig die sich als unglücklich herausstellende Entscheidung für Lena Schilling als Spitzenkandidatin für die EU-Wahl brachte ihn kurzfristig - vor allem rhetorisch - aus der Balance.

Koalition mit ÖVP ein Wagnis

Es war durchaus ein Risiko, das Kogler mit dem Pakt mit damaligen ÖVP-Obmann Sebastian Kurz einging. Doch des Grünen-Bundessprechers Vision war, dass es nun einmal Zeit sei, auch tatsächlich ans Entscheiden zu kommen. Dem Klimaschutz wurden viele Kernthemen früherer Jahre untergeordnet, was den Grünen wieder eine gute Basis Umweltbewegter schuf, auf die sie bei den Urnengängen des Jahres 2024 letztlich bauen konnte.

Auch machtpolitisch bewies Kogler Instinkt, speziell als er die Ermittlungen gegen Kurz nutzte, um den mächtigen Regierungschef aus dem Amt zu bewegen. Bei Postenbesetzungen waren die Grünen der ÖVP durchaus lästig, wenngleich man sich das ein oder andere Mal dann doch den Wünschen des Koalitionspartners beugen musste.

Es ist nicht so, dass Kogler als Regierender ein ganz anderer geworden wäre. Noch immer glänzt der Volkswirt mit schwer verständlichen Schachtelsätzen, noch immer wirkt er bei dem ein oder anderen Auftritt so, als wäre ihm das Aufstehen schwer gefallen. Doch gab der Steirer letztlich einen durchaus repräsentativen Vizekanzler ab. Bei seinen inhaltlichen Agenden schien dem Fußball-Fan dann der Sport doch etwas mehr Spaß zu machen als die Kultur und der öffentliche Dienst.

Ein Wählermagnet ad personam wird Kogler wohl nicht mehr werden, das ist wahrscheinlich auch nicht sein Anspruch. Viele Jahre war der erfahrene Parlamentarier der loyale Mitstreiter in der zweiten Reihe, der mit allen Lagern bei den Grünen konnte, was dereinst keine Selbstverständlichkeit war. So war es irgendwie auch logisch, dass Kogler, in den 1980er-Jahren Mitgründer der Alternativen Liste Graz, es war, der nach dem Abflug aus dem Parlament die Ärmel hoch krempelte und die Partei aufpäppelte.

Grüne vor Abschied aus der Regierung?

Die Ernte hat Kogler dann eingefahren und auch genossen. Ob es jetzt Zeit ist, das Zepter zu übergeben, wird wohl in erster Linie der 62-Jährige selbst entscheiden. Gefallen am Platz an der Sonne scheint Kogler ja gefunden zu haben. Zuzutrauen ist ihm aber auch, dass sich der U-Ausschuss-Profi vergangener Jahre wieder mehr auf das Leben als einfacher Parlamentarier konzentriert. Ein Regierungsposten dürfte nämlich weder ihm noch sonst einem Grün-Politiker winken.

Die Grünen selbst nahmen die Ergebnisse der ersten Hochrechnungen indes gelassen auf. "Ich glaube, es ist ein Auftrag weiterzukämpfen", sagte Gesundheitsminister Johannes Rauch in einer ersten Reaktion vor Journalisten bei der Wahlparty im Wiener Metropol. Die Regierungsbildung halte er für vollkommen offen, so Rauch weiter, er erwarte eine "neue Dynamik". Denn schließlich habe die ÖVP eine Koalition mit der FPÖ unter Herbert Kickl - dessen Partei laut Hochrechnung klar vorne liegt - ausgeschlossen. Österreich brauche eine stabile Regierung jenseits von Hass und Spaltung. Rauch ging davon aus, dass auch die Grünen zu Sondierungsgesprächen dazu eingeladen werden. Und: "Selbstverständlich sind wir bereit, Regierungsverantwortung zu übernehmen."

​Für den Grünen Spitzenkandidaten Kogler ist das Resultat seiner Partei bei der Nationalratswahl, ein Minus von fünf Prozentpunkten, "schmerzlich". "Natürlich wäre uns ein besseres Ergebnis lieber gewesen", um sich in der nächsten Regierung für Klimaschutz und Naturschutz einsetzen zu können. Dennoch bleibe jetzt die Frage, "wie dieses Land weiterregiert werden soll. Da wollen wir unseren Beitrag leisten", schloss Kogler eine weitere Regierungsbeteiligung nicht aus. "Durchaus" sei das Wahlergebnis ein Denkzettel für die schwarz-grüne Regierung. Harten Gegenwind gegenüber den Regierungsparteien beobachte man aber in ganz Europa. Gleichzeitig solle man auch "die Kirche im Dorf lassen", wenn es um Parteienbetrachtung gehe. Die Grünen hätten bei der letzten Wahl "ein sehr gutes, davor ein sehr schlechtes Ergebnis" gehabt. "Und jetzt eines dazwischen".

Zur Person: Der am 20. November 1961 in Hartberg geborene Werner Kogler studierte Volkswirtschaft und war in den 1980er-Jahren Gründungsmitglied der Alternativen Liste Steiermark und Österreich. Von 1985 bis 1988 war der Gemeinderat in Graz. Seit 1999 saß er im Nationalrat, unter anderem als Leiter des Rechnungshofausschusses, Budget- und Finanzsprecher seiner Partei und Stellvertreter von Eva Glawischnig. Nach dem Debakel 2017 übernahm er zunächst interimistisch die Partei, seit Herbst 2018 ist er gewählter Bundessprecher. Nach der Wahl 2019 verhandelte er erfolgreich eine Regierungskoalition mit der ÖVP, der er seit 2020 als Vizekanzler und Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlicher Dienst und Sport angehört. Kogler ist mit der Vorsitzenden der Grünen Wirtschaft Sabine Jungwirth verheiratet.

(Quelle: APA)

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