Beobachter warnen: Nordkorea will „in den Krieg ziehen“
Stand: 17.01.2024, 10:16 Uhr
Von: Bedrettin Bölükbasi
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Seit Jahresbeginn zeigt sich Nordkorea unter Kim Jong-un von einer härteren Seite und droht offen mit Krieg gegen Südkorea. Eine Wiedervereinigung ist kein Ziel mehr.
Pjöngjang – Zwischen Nordkorea und Südkorea kocht es - diesmal ganz anders und gefährlicher als zuvor. Denn eigentlich galten Südkoreaner für die nordkoreanische Regierung bislang als Landsleute, die man für sich gewinnen muss. Angestrebt wurde eine Wiedervereinigung mit Südkorea. Nun aber bleibt kein Hauch davon: Machthaber Kim Jong-un wälzte mit dem Beginn des neuen Jahres die nordkoreanische Politik um und erklärte, eine Wiedervereinigung sei unmöglich.
Krieg auf der koreanischen Halbinsel? Kim Jong-un droht plötzlich härterVor dem Hintergrund zunehmender Spannungen hat Nordkorea dem Nachbarland Südkorea jetzt auch noch offen mit Krieg gedroht und zudem die Behörden für die Wiedervereinigung mit dem Süden abgeschafft. Sollte Südkorea „auch nur 0,001 Millimeter“ des nordkoreanischen Territoriums verletzen, werde dies als „Kriegsprovokation“ angesehen, sagte Kim Jong-un laut Berichten der staatlichen Nachrichtenagentur KCNA. Er forderte in einer Rede vor der Obersten Volksversammlung, Südkorea zum „Feind Nummer eins“ zu erklären. Weiter bezeichnete er die Bemühungen um die Versöhnung beider Länder als „Fehler“.
Die von der staatlichen nordkoreanischen Nachrichtenagentur KCNA zur Verfügung gestellte undatierte Aufnahme soll Machthaber Kim Jong-un mit seiner Tochter beim Besuch einer Fabrik für mobile Abschussvorrichtungen für Interkontinentalraketen zeigen. © Uncredited/KCNA/KNS/dpa„Meiner Meinung nach können wir in unserer Verfassung die Frage der vollständigen Besetzung, Unterwerfung und Rückgewinnung der Republik Korea festschreiben und sie als Teil des Territoriums unserer Republik annektieren, falls ein Krieg auf der koreanischen Halbinsel ausbricht“, sagte Kim unter Verwendung des offiziellen Namens Südkoreas. Außerdem betonte er, Pjöngjang werde die De-facto-Seegrenze beider Länder, die sogenannte Nördliche Grenzlinie, nicht anerkennen. Kim Jong-un forderte Verfassungsänderungen, die es dem Norden erlauben würden, Südkorea im Kriegsfall zu „besetzen“.
Nordkorea wälzt Politik um: Experten sehen nicht nur „Getöse“, sondern KriegsgefahrBeobachter der koreanischen Beziehungen zeigen sich zutiefst besorgt über die aktuelle Eskalation. Der nordkoreanische Machthaber habe „die strategische Entscheidung getroffen, in den Krieg zu ziehen“, erklärten Experten des Projekts 38 North, Teil der US-Denkfabrik Stimson Center, in einem Bericht vom 11. Januar. Die Lage auf der Halbinsel sei nun die Gefährlichste seit dem Korea-Krieg, hieß es.
Zwar wisse man nicht, „wann Kim Jong-un den Abzug drücken wird“. Allerdings gehe die Lage bereits sehr weit über nur routinemäßige Warnungen hinaus. Die Kriegsvorbereitungen in Nordkorea erscheinen den Experten eigenen Angaben zufolge nicht mehr nur als „typisches Getöse“ aus dem Land. Dabei heißt es immer wieder, Kim Jong-un würde wegen Furcht vor der Zerstörung seines Regimes durch die USA und Südkorea einen Angriff nicht wagen. Die Experten warnten in ihrem Bericht vor diesen Gedanken. Das „fundamentale falsche Verständnis“ und der „schmerzliche Mangel an Vorstellung“ könnten zu einem „Desaster“ führen, mahnte der Bericht.
Tatsächlich könne sich der nordkoreanische Machthaber dazu entschlossen haben, sein Atomwaffen-Arsenal von 50 bis 60 Sprengköpfen einzusetzen. Seine jüngsten Worte und Handlungen würden darauf deuten, betonten die Experten. „Wenn das passiert, dann wird auch ein abschließender Sieg der USA und Südkorea im Krieg leer sein“, hieß es.
Wiedervereinigung zwischen Nord- und Südkorea rückt stark in die FerneZuvor hatte das nordkoreanische Parlament die Abschaffung von Regierungsbehörden beschlossen, die mit der Zusammenarbeit und Wiedervereinigung mit Südkorea betraut sind. Die Wiedervereinigung beider Länder könne „niemals erreicht werden“, zitierte die Nachrichtenagentur KCNA aus einer vom Parlament veröffentlichten Erklärung. Beide Staaten befänden sich in einer „akuten Konfrontation“.
Als Reaktion auf die scharfen Äußerungen Kims verwies Südkoreas Präsident Yoon Suk-yeol auf die „überwältigenden Reaktionsmöglichkeiten“ des südkoreanischen Militärs. Im Falle einer Provokation durch den atomar bewaffneten Norden werde sein Land mit einer „vielfach stärkeren“ Antwort zurückschlagen. Außerdem trainieren die Truppen des Landes wohl ein Attentat auf Kim Jong-un. (bb/AFP)