"Now Is the Time": Kiki Kogelnik im Kunstforum Wien

Kultur

Erst vor wenigen Tagen hat die National Gallery Washington von der Kiki Kogelnik Foundation ein großes Werk erworben. Auch der Louvre hat zugeschlagen. Dass die 1997 gestorbene österreichische Künstlerin im Vorjahr in der Hauptausstellung der 59. Kunstbiennale Venedig prominent vertreten war, "war der Türöffner. Sie ist am internationalen Kunstparkett angekommen", sagt Lisa Ortner-Kreil. Der Ausstellungstitel "Kiki Kogelnik: Now Is the Time" ist also goldrichtig gewählt.

Kuratorin Lisa Ortner-Kreil vor Kogelnik-"Hangings" SN/APA/Wolfgang Huber-Lang Kuratorin Lisa Ortner-Kreil vor Kogelnik-"Hangings"

Seit drei Jahren bereitet Ortner-Kreil als Kuratorin die Ausstellung vor, die am Mittwoch im Bank Austria Kunstforum Wien eröffnet wird. "Kiki Kogelnik ist neben Maria Lassnig und VALIE EXPORT die wichtigste österreichische Künstlerin der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts", ist sie überzeugt. Den Beweis führt sie nun mit einer umfangreichen Publikation und einer Ausstellung, die mit rund 180 Werken die bis dato größte Retrospektive zum Werk der 1935 in Graz geborenen und im Kärntner Bleiburg aufgewachsenen Künstlerin ist. Die von Kogelniks Sohn Mono geleitete Foundation mit Sitz in New York ist der größte Leihgeber. "Ich konnte mich durch tausende Werke graben und frei auswählen."

Und so kann die Kuratorin eindrucksvoll belegen, dass die 1962 nach New York City übersiedelte Kogelnik zwar zu Recht als die einzige österreichische Protagonistin der Pop-Art gilt (und für ihre Vinyl-"Hangings" die Schattenrisse vieler Protagonisten der damaligen Szene nahm, von Claes Oldenburg angefangen), doch sowohl vorher als auch nachher sich ganz anderen Dingen gewidmet und mit Techniken ebenso experimentiert hat wie mit Materialien.

Empfangen werden die Besucher von drei sehr unterschiedlichen Selbstporträts der Künstlerin, aber auch von drei in Murano gefertigten Glasköpfen. "Ich wollte mit jenen Werken beginnen, die man in Österreich am meisten mit Kiki Kogelnik in Verbindung bringt", so die Kuratorin. Die insgesamt 30 jeweils in Fünfer-Auflagen hergestellten Köpfe sind am Kunstmarkt sehr präsente Spätwerke, entstanden erst nach der 1993 erhaltenen Krebsdiagnose. Sie sind vielleicht Symbol für die Fragilität, die Kogelnik da schon gespürt hat, jedenfalls aber für die ungebrochene Neugier, die man im Verlaufe der Ausstellung an vielen Wendungen nachvollziehen kann.

So begegnet man beim Rundgang den farbkräftigen frühen Bildern, mit denen sie in der Galerie St. Stephan die Boygroup, die Monsignore Otto Mauer um sich geschart hatte, aufmischte und im Hauptraum den wie im Mode-Schaufenster arrangierten Hangings. Dahinter ist ein eigener Raum der frühen Faszination der Künstlerin für Mensch, Maschine und Mondfahrt gewidmet. Man sieht auf einem Monitor ihr in der Galerie St. Stephan gleichzeitig mit der Mondlandung abgehaltenes "Moon-Happening", auf den Wänden ihre wieder hoch aktuellen Cyborg-Zeichnungen und in der Raummitte eine Replik des 1962 entstandenen "Lover Boy" - eine aus Muffin- und Auflaufformen gestaltete Skulptur, die mehr an einen Raketenantrieb als an einen Roboter erinnert.

In den 1970er-Jahren beschäftigte sie sich mit Frauenbildern, mit Modefotografie und Modezeitschriften und dem männlichen Blick auf den weiblichen Körper. Die Einladungskarte einer Zürcher Galerie, auf der 1978 allen Ernstes zu lesen war, dass "trotz eines verhältnismassig glücklichen Ehelebens" der Künstlerin "eine gewisse feministische Aggressivität" nicht abzusprechen sei, teilte sie zensiert aus.

In der Ausstellung trifft man auch auf Keramiken (für die Kuratorin "eine Ausdehnung ihrer künstlerischen Spielwiese") und auf Fotos von Straßenaktionen, immer wieder auf Masken und Tiermotive und am Ende auf die Auseinandersetzung mit Leben und Tod. Den Schlusspunkt setzt einer ihrer charakteristischen maskenhaften Köpfe, diesmal aus glasierter Keramik. Geht man um das Objekt herum, sieht man den Totenkopf dahinter. "Carpe diem", heißt das Werk, das, so Ortner-Kreil, meist nur von der Vorderseite abgebildet wird.

Auch der Ausstellungs- ist eigentlich ein Werktitel: Das Bild "Now Is the Time" zeigt eine leicht bekleidete Frau in dynamischer Bewegung und stammt aus 1972. Über 50 Jahre später ist es nun Zeit für Kiki Kogelnik. Die Ausstellung ist bis 25. Juni in Wien zu sehen und wandert anschließend an das Kunstmuseum Brandts im dänischen Odense und an das Kunsthaus Zürich.

(S E R V I C E - Ausstellung "Kiki Kogelnik: Now Is the Time" im Bank Austria Kunstforum Wien, Freyung 8, 2. Februar bis 25. Juni, tgl. 10-19 Uhr, ab 1. April Fr 10-21 Uhr, Katalog, erschienen im Kehrer Verlag: 280 Seiten, 37 Euro. kunstforumwien.at)

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