Die Möbelkette Kika/Leiner ist erneut insolvent. Nach einer Pleite im Juni 2023 unter neuer Eigentümerschaft ist die Sanierung, die noch bis 2025 gelaufen wäre, gescheitert. Gründe dafür seien „das eigene Insolvenzverfahren, die Signa-Pleite, die anhaltende Rezession und die Kostensteigerungen seit der Übernahme“ gewesen, teilte das Unternehmen am Dienstag mit. 1.400 Mitarbeiter sind von der Pleite betroffen. Der Insolvenzverwalter entscheidet nun, ob und wie es weitergeht.
Das Management habe „alles Menschenmögliche unternommen, um den Fortbestand des Unternehmens zu ermöglichen“. Unter den derzeitigen Rahmenbedingungen sei „die Sanierung des schwer angeschlagenen Möbelhauses leider nicht möglich“, erklärte das Unternehmen mit Verweis „auf die allgemeine Kaufzurückhaltung“ und die „offenbar nachhaltig beschädigte“ Marke Kika/Leiner.
Auch die Signa-Insolvenzen hätten „immer wieder zu Gerüchten und Kundenanfragen geführt, ob man „davon auch betroffen“ sei. „Die Kostensteigerungen in allen Bereichen, wie auch bei den letzten Kollektivvertragsverhandlungen haben die Gestaltungsspielräume des Unternehmens extrem eng gehalten“, so das Unternehmen zur eigenen finanziellen Lage.
Konkret konnte das Unternehmen laut Informationen der APA nicht sicherstellen, dass die nächste Rate aus dem noch laufenden Sanierungsverfahren, die am 25. Jänner 2025 fällig wird und einen hohen einstelligen Millionenbetrag ausmacht, beglichen wird. Kika/Leiner hatte im Juni 2023 nach der Übernahme von René Benkos Signa bereits Insolvenz angemeldet und hatte von den Gläubigern Zugeständnisse für ein Sanierungsverfahren erhalten, das bis September 2025 gelaufen wäre.
Vermieter-Zuschuss aufgebrauchtNeue Schulden seien seit der Übernahme nicht aufgebaut worden, aber der von der Supernova-Gruppe dem Möbelhändler zur Verfügung gestellte nicht rückzahlbare Vermieter-Zuschuss in Höhe von 30 Millionen Euro ist inzwischen aufgebraucht. Da die Deckung absehbarer Verbindlichkeiten nicht mehr gesichert war, war der Insolvenzantrag unvermeidlich. Kika/Leiner geht damit aus einem laufenden Sanierungsverfahren in die nächste Insolvenz.
Von der Insolvenz betroffen sind 1400 Mitarbeiter. Bereits im Laufe des heurigen Jahres wurde die Zahl der Beschäftigten von 1900 auf 1400 reduziert. Die Gewerkschaft GPA riet den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in einer Aussendung am Dienstag, nichts zu unterschreiben oder eigenmächtig zu kündigen, da sie sonst um Ansprüche umfallen könnten. „Im Fall einer Insolvenz übernimmt der Insolvenzentgeltfonds die Auszahlung offener Ansprüche“, so die GPA-Geschäftsführer Michael Pieber. Damit seien Arbeitnehmer davor geschützt, dass ihnen wegen einer Insolvenz Geld entgeht.
Der tiefe Fall der MöbelketteKika/Leiner hat in den vergangenen zehn Jahren turbulente Zeiten durchlebt: Es gab drei Eigentümerwechsel, eine Insolvenz und zahlreiche Filialschließungen mit Mitarbeiterabbau. 2013 erwarb die südafrikanische Steinhoff-Gruppe von der damaligen Eigentümerfamilie Koch den heimischen Möbelriesen.
Damals war Kika/Leiner mit rund 7500 Beschäftigten an 73 Standorten in Österreich und in Osteuropa sowie einem Umsatz von 1,2 Milliarden Euro der zweitgrößte Möbelhändler Österreichs nach XXXLutz. Steinhoff verkaufte 2018 in einem Notverkauf die Möbelkette an die Signa-Gruppe rund um den Tiroler Investor Benko. Der neue Eigentümer veräußerte die Kika-Filialen in Osteuropa an XXXLutz.
Im Juni 2023 verkaufte Signa die Kika/Leiner-Immobilien an die Grazer Supernova und das operative Möbelgeschäft an den Handelsmanager Hermann Wieser. Wenig später meldete die Möbelkette Insolvenz an. 23 von 40 Filialen wurden per Ende Juli 2023 geschlossen und über 1600 Stellen abgebaut. Das Sanierungsverfahren wurde am 25. September 2023 aufgehoben. Gläubiger erhalten eine Quote von insgesamt 20 Prozent, zahlbar binnen zwei Jahren. Der Kika/Leiner-Eigentümer Hermann Wieser bezeichnete die Möbelkette als Langzeitinvestment, hieß es im Februar noch aus Unternehmenskreisen. Zu seinem Investment hatte er sich bisher nicht öffentlich geäußert. (APA)
Die Talfahrt führte über mehrere Eigentümer und Sanierungsversuche zur neuerlichen Zahlungsunfähigkeit:
26. Juni 2013: Die südafrikanische Steinhoff-Gruppe erwirbt von der Eigentümerfamilie Koch den heimischen Möbelriesen. Damals ist Kika/Leiner mit rund 7500 Beschäftigten an 73 Standorten und einem Umsatz von 1,2 Milliarden Euro der zweitgrößte Möbelhändler Österreichs nach XXXLutz.
5. Jänner 2018: Der angeschlagene Kika/Leiner-Eigentümer Steinhoff verkauft den Leiner-Flagshipstore auf der Wiener Mariahilfer Straße an den Tiroler Immobilienmilliardär Rene Benko und seine Signa. Der damalige Bundeskanzler Sebastian Kurz und Justizminister Josef Moser sollen in die Rettungsaktion eingebunden gewesen sein, hieß es damals in Medienberichten.
22. Juni 2018: Benko übernimmt Kika/Leiner ganz, es fließen laut Medienberichten zwischen 430 und 490 Millionen Euro.
2018 - Im August werden vier Filialen geschlossen, im September müssen 1100 Mitarbeiter gehen.
13. November 2018: Das Möbelhaus bekommt einen neuen Chef, der vollmundig verkündet: Es wird keinen weiteren Personalabbau geben, in drei Jahren will man in der Gewinnzone sein. Er wolle Kika/Leiner in die „Champions League“ zurückführen, meinte der neue Boss Reinhold Gütebier.
24. Mai 2019: 22 Kika-Einrichtungshäuser in Ungarn, Tschechien, Slowakei und in Rumänien gehen an die oberösterreichische Möbelkette XXXLutz.
25. Februar 2020: Kika/Leiner-Geschäftsführer Gütebier versprüht Zuversicht: „Die schwarze Null werden wir wie geplant 2021 erreichen“, sagte er, ohne Umsatzzahlen zu verraten. Den Turnaround will Gütebier unter anderem mit Zuwächsen im Küchengeschäft, höherem Eigenmarkenanteil und mehr Online-Umsatz schaffen. Die Mitarbeiterzahl von rund 4500 soll mittelfristig wieder wachsen.
30. Juni 2020: zwei ehemalige Kika/Leiner-Filialen gehen an XXXLutz.
14. Okt. 2021: Das Möbelhaus hat nach Eigenangaben drei Jahre nach der Signa-Übernahme die „schwarze Null“ erreicht. Details zu Umsatz und Ergebnisentwicklung nennt Gütebier nicht.
31. Mai 2023: Benko verkauft alle Kika/Leiner-Immobilien laut Medienbericht um „knapp unter 400 Millionen Euro“ an die Supernova-Gruppe des deutschen Fachmarkt-Unternehmers Frank Albert. Zu diesem Zeitpunkt hat die Kette etwa 3900 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.
1. Juni 2023: Es wird bekannt, dass Signa neben Kika/Leiner-Immobilien auch das operative Geschäft verkauft. Es geht an ein Managementteam um Hermann Wieser.
12. Juni 2023: Der neue Eigentümer des operativen Geschäfts von Kika/Leiner beantragt ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung. Die unbesicherten Forderungen belaufen sich auf 132 Millionen Euro. Es sollen 23 von 40 Standorten per Ende Juli geschlossen werden und 1900 von 3900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern werden gekündigt. Auch die Zentralabteilungen und die Verwaltung soll „erheblich“ verkleinert werden. Es gibt große Kritik, dass der Voreigentümer René Benko das Unternehmen vor dem Verkauf heruntergewirtschaftet habe – was Benko dementieren lässt.
9. Oktober 2024: Kika/Leiner, wie das Unternehmen inzwischen heißt, gibt bekannt, dass die Zahl der Mitarbeitenden im Laufe des Jahres von 1900 auf 1400 gesunken ist. Der Umsatz sei im ersten Halbjahr um 13 Prozent gesunken. Aber keine der verbliebenen 17 Filialen solle geschlossen werden. Auch ein Verkauf des Unternehmens sei nicht angedacht. Die Sanierung solle im September 2025 geschafft sein.
12. November 2024: Das Unternehmen gibt die Zahlungsunfähigkeit bekannt.