Regierungssuche: Schweigen nach Treffen Van der Bellen – Kickl

4 Stunden vor

Regierungssuche

Fünf Tage nach der Parlamentswahl hat Bundespräsident Alexander Van der Bellen am Freitag Herbert Kickl als Chef der stimmenstärksten FPÖ zu Gesprächen über eine mögliche Regierungsbildung geladen. Danach herrschte Schweigen – Kickl will sich erst am Samstagvormittag äußern, auch Van der Bellen gab keine Stellungnahme ab. Die anderen Parteichefs werden kommende Woche in der Hofburg erwartet.

Kickl Van der Bellen - Figure 1
Foto ORF

Online seit heute, 16.19 Uhr (Update: 16.28 Uhr)

Vor dem Gespräch hatten Kickl und Van der Bellen gemeinsam für Fotos posiert. Er habe positive Erwartungen an den Termin, sagte der FPÖ-Chef, bevor er mit dem Bundespräsidenten hinter der Tapetentür verschwand. Das Verhältnis der beiden zueinander war bisher allerdings nicht unbedingt von gegenseitigem Verständnis geprägt.

Weiterhin offen ist somit die Frage, ob Van der Bellen Kickl mit dem Regierungsbildungsauftrag ausstatten wird. Üblicherweise geht dieser an den Vorsitzenden der stimmenstärksten Partei, laut Verfassung ist der Bundespräsident aber nicht dazu verpflichtet. In der Vergangenheit hatte Van der Bellen verlauten lassen, Kickl den Auftrag im Falle eines Wahlsiegs der FPÖ nicht automatisch zu erteilen. Alle anderen Parteien schlossen eine Koalition mit der FPÖ unter Kickl bisher aus.

Gespräche mit „nötiger Ruhe“

Für Van der Bellen war es nach einer Rede am Wahlsonntag und dem symbolischen Rücktritt der Regierung der dritte Auftritt nach der Nationalratswahl. Im Rahmen des Termins am Mittwoch, bei dem er die Regierung auch mit der Fortführung der Verwaltung betraute, hatte der Bundespräsident angekündigt, zunächst mit allen Vorsitzenden Gespräche zu führen – und zwar „mit der nötigen Ruhe und in der nötigen Tiefe“.

Kickl beansprucht das Kanzleramt allerdings für sich, ob Van der Bellen das zulässt, ist noch offen

Van der Bellen hatte nach der Wahl betont, „dass bei der Regierungsbildung die Grundpfeiler unserer liberalen Demokratie respektiert werden“ müssten – also Rechtsstaat, Gewaltenteilung, Menschen- und Minderheitenrechte, unabhängige Medien und die EU-Mitgliedschaft. Kickl meinte dazu, er habe darin durchaus „Gemeinsamkeiten“ mit Van der Bellen, ihm seien Demokratie und Menschen- sowie Grund- und Freiheitsrechte ebenso wichtig.

Blaues Verhandlungsteam steht

Das blaue Verhandlungsteam für etwaige Sondierungsgespräche steht seit Mittwoch jedenfalls fest: Neben Kickl gehören die beiden Generalsekretäre Michael Schnedlitz und Christian Hafenecker dazu. Weitere Mitglieder sind Klubdirektor Norbert Nemeth, Außenpolitik- und -Neutralitätssprecherin Susanne Fürst sowie Wirtschaftsexperte Arnold Schiefer und der Klubobmann im niederösterreichischen Landtag, Reinhard Teufel.

Kickl Van der Bellen - Figure 2
Foto ORF

Die anderen Parteichefs empfängt Van der Bellen in der kommenden Woche in der Reihenfolge der Stimmenstärke: Am Montag sind ÖVP-Chef Karl Nehammer und SPÖ-Chef Andreas Babler an der Reihe, am Dienstag folgen Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger und Grünen-Chef Werner Kogler. Die Grünen wollen trotz ihrer Wahlschlappe bei den Sondierungen eine „gewichtige Rolle“ spielen, kündigte Kogler am Freitag nach dem Erweiterten Bundesvorstand seiner Partei an.

Verhandeln sollen neben ihm Sozialminister Johannes Rauch, Justizministerin Alma Zadic, Klimaschutzministerin Leonore Gewessler, Klubobfrau Sigrid Maurer, Generalsekretärin Olga Voglauer sowie der stellvertretende Parteichef Stefan Kaineder. Kogler unterstrich, dass man sich „hoffentlich vernünftigen“ Regierungsgesprächen nicht entziehen werde.

Maurer, Kogler und Kaineder sind Teil des siebenköpfigen Verhandlungsteams Grüne üben sich in Hoffnung

Das gelte umso mehr, als Errungenschaften wie der Rückgang der Emissionen ohne seine Partei gefährdet wären. Es sei nötig, Gewerbe und Industrie auf Klimakurs zu bringen. Die Grünen wären jedenfalls der bessere dritte Partner als NEOS, sagte Kaineder. Während seine Partei für eine ökosoziale Marktwirtschaft sei, stünde NEOS für ein liberal-kapitalistisches Wirtschaftssystem.

Zum Wahlergebnis sagte Kogler, man reüssiere bei Jungen nicht mehr so gut wie früher. Bei modernen Kommunikationsmitteln hätten die Grünen wohl noch Nachholbedarf. Dazu seien Teuerung und Migration als Hauptthemen nie gut für Regierende – „für die Grünen schon gar nicht“. Ganz hat man die Hoffnung auf den Verbleib in der Regierung jedenfalls noch nicht aufgegeben. Zadic sagte, es sei alles noch offen. Die Grünen stünden bereit und sie verfügten über Regierungserfahrung. Auch der Wiener Parteivorsitzende Peter Kraus sah noch Chancen. Es seien „sehr dynamische Zeiten“.

Kickl sprach als erster Parteichef mit Van der Bellen

Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat Freitagmittag FPÖ-Chef Herbert Kickl in der Hofburg empfangen. Ein Statement dazu soll es erst Samstagvormittag geben, sagte Kickl, der nach dem Gespräch alleine aus der berühmten Tapetentür in der Hofburg trat. Auch der Bundespräsident äußerte sich – wie zuvor angekündigt – vorerst nicht zum Gespräch mit dem FPÖ-Obmann.

Entschlossen gegen FPÖ-Nationalratspräsidenten

Wild entschlossen sind die Grünen, einen freiheitlichen Nationalratspräsidenten zu verhindern: „Dieses Amt darf nicht in die Hände der Rechtsextremisten und Demokratiezerstörer fallen“, befand Klubobfrau Maurer. Dass auch die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) einen FPÖ-Kandidaten unterstützen würde, ist für sie erschreckend. Ob die Grünen einen eigenen Kandidaten stellen, steht noch nicht fest.

Bei der FPÖ galten als wahrscheinlichste Kandidaten für den Vorsitz im Nationalrat der Dritte Nationalratspräsident Norbert Hofer und Volksanwalt Walter Rosenkranz, der wieder in den Nationalrat wechseln könnte. Nachdem Hofer nun aber, wie am Donnerstag bekanntwurde, als blauer Spitzenkandidat bei der burgenländischen Landtagswahl im Jänner 2025 antreten wird, fällt diese Option flach. Hofer sagte dazu, die Unterstützung für einen Verbleib im Nationalratspräsidium „wäre da gewesen“, doch jetzt sei für ihn das Zeitfenster für die Rückkehr ins Burgenland da, und er nütze es, um sich „den Traum im Burgenland zu erfüllen“.

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