Karl Nehammer: Wir müssen den Kuchen größer machen

21 Tag vor
Karl Nehammer

Bundeskanzler Karl Nehammer lieferte sich beim ORF Sommergespräch am Traunsee einen flotten Abtausch mit Moderator Martin Thür, der den ÖVP-Spitzenkandidaten dabei einige Male ins Stocken brachte - etwa beim Budget, oder beim Thema Justiz.

Beim letzten ORF Sommergespräch war  - wie zuletzt auf PULS 24 - Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) zu Gast. Inhaltlich brachte der Kanzler im Wahlkampf dort keine großen Überraschungen vor, Moderator Martin Thür brachte den Kanzler bei sommerlichen Temperaturen am Traunsee aber auch im übertragenen Sinne bei einigen Themen zum Schwitzen. 

Zu Beginn war Nehammer noch gut gelaunt, je länger das Gespräch dauerte, desto genervter wirkte er von einigen Fragen. "Kaum spreche ich vom Kuchen kommt eine Wespe", scherzte er noch zu Beginn. Nein, es gab keinen echten Kuchen. Es ging ums Budget. 

"Da müssen die Experten draufschauen"

Thür wollte gleich zu Beginn wissen, wie der Kanzler entgegen vieler Wirtschaftsexpert:innen sicher sein könne, dass es kein Sparpaket brauche.

Erst vor Kurzem hatte die ÖVP bekannt gemacht, wie sie denn ihren teuren "Österreich-Plan" finanzieren wolle. Nehammer wiederholte die darin vorgestellten Vorhaben, mit welchen die ÖVP 14,5 Milliarden Euro auftreiben und das Budgetloch von rund vier Milliarden Euro schließen will. Die Rede war von einem "Zero-Based-Budgeting"-Ansatz und von Kürzungen von Förderungen.

Nehammer wollte Thür aber auch nach einigen Nachfragen nicht sagen, welche Förderungen er streichen wolle. Man müsse "weg von strukturellen Förderungen", einen "systemischen Ansatz" verfolgen und da müssen "die Experten draufschauen", meinte er. 

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Die Wirtschaftsprognosen sehen kein Wirtschaftswachstum. Nehammer will dennoch für eines sorgen, sagte er. "Entscheidend ist, dass wir den Kuchen, der verteilt wird, größer machen müssen. Das gehe durch Wirtschaftswachstum", kam Nehammer zur Süßspeise zurück. 

Aus 1 Euro wurden 85 Cent

Thür machte ihn aber gleich wieder sauer: Der Wirtschaft gehe es schlecht, Österreich habe eine relativ hohe Inflation - ein Euro wurde unter Nehammer zu 85 Cent, rechnete er vor. Nehammer möchte aber "fair" behandelt werden: Es gab Corona, Russlands Angriff auf die Ukraine, eine weltweite Wirtschaftskrise. Wie schon so oft, lobte Nehammer seine Regierung: Man habe die Kaufkraft erhalten und die Kalte Progression abgeschafft.

Karl Nehammer im PULS 24 Interview

Ändern müsse sich dennoch etwas, sollte er nochmal gewählt werden: Wer arbeiten kann, aber nicht will, solle "in den Arbeitsprozess integriert werden". Nur, wer arbeiten will, aber nicht kann, solle solidarisch geholfen werden. Außerdem müssen mehr Menschen Vollzeit arbeiten - auch das eine alte ÖVP-Forderung. 

Nehammer will auch unpopulär sein

Wie zuletzt schon auf PULS 24 wiederholte der Bundeskanzler sein "Nein" zum Aus von Dieselprivileg und Pendlerpauschale. Das CO2-Ziel wolle er durch Innovation erreichen. "Was wir nicht wollen ist: zentralistisches Vorgaben, die das Leben der Menschen, die mit der Natur arbeiten, zu erschweren".

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Dennoch ließ er sich nicht nehmen, auch schon mal unpopuläre Entscheidungen getroffen zu haben. Beispiel nannte er keines.

Sind vor dem Gesetz alle gleich?

Dass er Drittstaaten finden will, die für die EU Asylverfahren durchführen, glaubt er immer noch, obwohl Großbritannien scheiterte. "Wir haben in Österreich einen massiven Migrationsdruck erlebt und das Gott sei Dank in den Griff gekommen", lobte er die Regierungsarbeit, die trotz Krisen 85 Prozent ihrer Vorhaben umgesetzt hätte. Auch bei der Migration brauche es aber einen systemischen Ansatz, sagte er, und sprach etwa auch von Perspektiven auf dem afrikanischen Kontinent.

Keine Verhandlungen mit Kickl

Man dürfe nicht nun Angst erzeugen, richtete er der FPÖ später aus. Herbert Kickl habe sich "total abgewandt von der politischen Verantwortung" und sei zum "Angsttheoretiker" geworden, er wolle mit ihm auch keine Koalitionsverhandlungen führen. 

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Vor dem Ende wurde es noch einmal etwas hitziger: Thür fragte nach dem kritischen Bericht der Kreutner-Kommission, die eine Zwei-Klassen-Justiz in Österreich feststellte. Nehammer meint, er habe gehört, dass der Bericht nicht die höchste Qualität habe und stritt vehement ab, dass Behörden und Beamte in Österreich nicht ordentlich arbeiten würden. Die ÖVP habe sich sowieso nicht in irgendwelche Verfahren eingemischt. Er unterstellte Thür, nicht ordentlich recherchiert zu haben.

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Thür erklärte, dass es in glamourösen Verfahren mehr Berichtspflichten als bei anderen gibt - und daher eine Zwei-Klassen-Justiz per Gesetz. Nehammer wollte da nicht mitgehen und zitierte die Verfassung: Vor dem Gesetz sind alle gleich. 

Ganz zum Schluss ging es dann aber doch noch einmal ums Essen - um Burger dieses Mal, nicht um Kuchen. Sein Arzt würde sagen, er esse viel zu viele davon, offenbarte der Kanzler. 

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