„Verrat“ Österreichs - Kneissl bekommt nun Denkfabrik, will nach ...
„Ich denke ernsthaft darüber nach, ob ich nach Russland übersiedele“, sagte die zuletzt im Libanon lebende Kneissl der russischen Nachrichtenagentur TASS. Sie betonte gleichzeitig, dass sie jedenfalls für eine russische Staatsbürgerschaft noch nicht bereit sei und sie russisch lernen müsste, um Russin werden zu können. Erst nach der Lektüre von „Krieg und Frieden“, der Werke von Fjodor Dostojewski sowie zumindest zwei Werken von Anton Tschechow könnte man über diese Frage sprechen. Gleichzeitig sprach sie sich gegen Doppelstaatsbürgerschaften aus.
„Gewisse Minderheiten“ bestimmen AlltagIn einer Diskussion beim Internationalen Wirtschaftsforum hatte die österreichische Ex-Politikerin bereits zuvor davon gesprochen, dass eine wachsende Zahl an Menschen im Westen im Zusammenhang mit Wertefragen nach Russland übersiedeln wollten und sie nicht damit einverstanden seien, dass ihr Alltag von „gewissen Minderheiten“ bestimmt werde. Auch gebe es eine alte Tradition für Migrationsströme aus Europa nach Russland und diese könnten nun revitalisiert werden.
„Ich selbst lebe im Mittleren Osten nicht, weil ich mir das so ausgesucht habe. Ich habe dorthin am schnellsten übersiedeln können, als ich im vergangenen Jahr aus der Europäischen Union geworfen wurde“, sagte Kneissl, die sich zuletzt als „politischer Flüchtling“ (Video oben) bezeichnet hatte.
Karin Kneissl war von 18. Dezember 2017 bis zum 3. Juni 2019 Außenministerin Österreichs.
(Bild: APA/HERBERT NEUBAUER)
Viele Österreicher hätten in der Vergangenheit viel Geld mit Russen verdient, sie hätten Villas designt oder renoviert, erzählte sie. „Aber leider haben Ärzte in Österreich im vergangenen Jahr russische Patienten nicht mehr behandelt, weil sie Russen gewesen sind“, erklärte die Ex-Ministerin, ohne jedoch Details für diesen schwerwiegenden Vorwurf anzuführen.
Denkfabrik wird „GORKI“ heißenKneissl kündigte zudem die Gründung eines von ihr geleiteten Thinktanks namens „GORKI“ an, den sie am Freitag gemeinsam mit dem Rektor der staatlichen St. Petersburger Universität, Nikolaj Kropatschew, öffentlich präsentierte. GORKI stünde für „Geopolitical Observatory for Russia‘s Key Issues“ („Geopolitisches Observatorium für Russlands Schlüsselthemen“) und mit ihm sollten empirische akademische Antworten gefunden werden, um damit politische Aktivitäten zu begleiten.
Das an der Petersburger Uni angesiedelte Zentrum werde sich mit der wirtschaftlichen Entwicklung Russlands, seiner Energieunabhängigkeit, Fragen von Migration sowie mit Diplomatie und russischer Außenpolitik beschäftigen, informierte die Uni in einer Presseerklärung: „Das Zentrum verbindet das akademische Potenzial der ersten Universität Russlands mit der reichen diplomatischen Erfahrung seiner Leiterin (Kneissl, Anm.).“