US-Wahlen 2024: Wird Joe Biden durch Kamala Harris ersetzt?

3 Tage vor
Kamala Harris
US-Wahlen 2024 Ist das der Moment für Kamala Harris?

Viele Spender zeigen sich skeptisch gegenüber der US-Vizepräsidentin. Doch sie hat eine Parteibasis, die sie unterstützt, falls die Demokraten Joe Biden ersetzen sollten.

Wenige Minuten, nachdem Joe Bidens desaströser Auftritt in der TV-Debatte die Demokraten in Panik versetzt hatte, begann Kamala Harris, ihren Chef in der Öffentlichkeit zu verteidigen. Nun könnte sie ihn bald ersetzten.

Während der Rückhalt für Biden in der Partei schwindet, ist seine Vizepräsidentin die führende Anwärterin auf seinem Platz an der Spitze der Demokraten. Am Mittwochnachmittag aß sie zusammen mit dem Präsidenten im Weißen Haus. Es war ihr erstes persönliches Treffen seit dem TV-Debakel vom vergangenen Donnerstag.

Die Aussicht auf eine mögliche Nachfolge-Ernennung ruft in der Parteispitze Reaktionen aus: Diese reichten von Akzeptanz über Beklemmung bis hin zu Resignation. In einer Frage sind sich jedoch alle Beteiligten einig: Würde Harris – oder ein anderer Kandidat – besser als Biden gegen Donald Trump abschneiden?

Alan Patricof, ein Finanzier und langjähriger Parteispender, sagte am Mittwoch, dass er vorerst immer noch Biden unterstütze. Doch auch die jüngsten Auftritte von Harris hätten ihn überzeugt.

„Sie ist möglicherweise die einfachste Wahl, um Biden zu ersetzen, falls es dazu kommen sollte. Ich denke, sie würde sich gut gegen Trump behaupten können“, sagte Patricof. „Sie ist eine gute Alternative. Vor zwei Wochen hätte ich das noch nicht gesagt.“

Denn ihre Kandidatur hätte einen weiteren Vorteil. Nach dem amerikanischen Gesetz zur Wahlkampffinanzierung stehen Harris Hunderte von Millionen Dollar aus Bidens Wahlkampfkasse zu, da sie bereits neben ihm Teil der Kampagne ist. Eine Übertragung dieser Gelder auf einen anderen Kandidaten wäre hingegen komplizierter.

Auf der anderen Seite erzählte ein Berater von Spendern an der Wall Street, dass seine Kunden negativ auf die Ernennung von Harris reagieren würden. Einige würden ihre Amtszeit als Vizepräsidentin kritisieren, welche von unbeholfenen öffentlichen Auftritten geprägt worden sei. Wieder andere glauben, dass sie an der Vertuschung des gesundheitlichen Status des Präsidenten beteiligt sei.

„Kamala ist für viele Spender nicht die bevorzuge Kandidatin“, so der Berater. „Es benötigt einen richtigen Wettbewerb, damit die Geldgeber ihr Pferd wählen können.“ Ein Spender aus New York drückte sich weniger diplomatisch aus: „Kamala wäre eine Katastrophe. Wir sind besser dran mit einem Kandidaten, der kaum noch sprechen kann.“

Auch die Hautfarbe wird bei allen Überlegungen der Demokraten eine Rolle spielen. Denn die erste schwarze Frau im Amt der Vizepräsidentin zu übersehen, würde möglicherweise die schwarzen Wähler – eine Kernwählerschaft der Demokraten – abschrecken, befürchten mehrere Experten. Neben Harris werden die Gouverneurin von Michigan, Gretchen Whitmer, und der Gouverneur von Kalifornien, Gavin Newsom, am häufigsten als Alternativen genannt.

„Harris ist zwar nicht der beliebteste Mensch, aber warten Sie ab, bis jemand versucht, den Job einer schwarzen Frau einzunehmen“, sagte ein erfahrender Parteistratege.

Am Dienstag sagte Jim Clyburn, der Kongressabgeordnete aus South Carolina, der entscheidend dazu beigetragen hatte, die Unterstützung der schwarzen Demokraten für Bidens Kandidatur im Jahr 2020 zu sichern, gegenüber MSNBC, er glaube, dass Harris an der Spitze des Wahlkampfs „sehr gut“ abschneiden würde, falls der Präsident aus dem Rennen aussteigt. Die Demokraten sollten „auf keinen Fall etwas tun, um Frau Harris zu umgehen“, warnte er.

In der Zwischenzeit wettete ein nahestehender Mitarbeiter des Weißen Hauses, dass Biden Harris aus drei Gründen unterstützen würde – nicht zuletzt aus seiner eigenen Verbitterung darüber, dass Barack Obama ihn 2015 übergangen hatte, um Hillary Clinton als seine Nachfolgerin zu unterstützen.

„Ersten ist er sauer, dass Obama ihn damals übergangen hat, zweitens stellt Harris aus offensichtlichen Gründen eine Grenzbrecherin dar und drittens möchte Biden Chaos [auf dem Parteitag der Demokraten in Chicago] vermeiden“, so der Mitarbeiter.

Harris schlug am Mittwoch bei einem Telefonat mit den Wahlkampfmitarbeitern einen entschlossenen – aber auch vagen – Ton an. „Wir werden nicht aufgeben“, sagte sie. „Wir werden der Führung unseres Präsidenten folgen. Wir werden kämpfen – und wir werden gewinnen.“

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