Taylor Swift für Kamala Harris? Wenn schon Pop und Politik, dann ...

2 Stunden vor

Es gibt gute und es gibt schlechte Celebrity Endorsements – öffentliche Bekundungen prominenter Persönlichkeiten, diesen oder jenen Politiker zu wählen, manchmal verbunden mit dem Aufruf an die Fans, es ihnen gleichzutun. In der jetzigen, heißen Phase des US-Wahlkampfes spielen solche Endorsements eine große Rolle. Jeder weiß, dass Taylor Swift Kamala Harris wählt und Elon Musk Donald Trump. Ganz abgesehen davon, welchem Kandidaten die jeweilige Unterstützung zuteil wird, gibt es Endorsements, die einer demokratischen Debattenkultur zuträglicher sind als andere.

Kamala Harris - Figure 1
Foto Berliner Zeitung

Ganz grundsätzlich: Prominente sind es uns „normalen“ Menschen nicht schuldig, sich politisch zu äußern. Wenn Schauspieler sich aufs Schauspielen oder Sänger sich aufs Singen konzentrieren, ist das vollkommen legitim. Sie müssen nicht gleichzeitig Experten im Nahostkonflikt sein oder eine Lösung für die Klimakrise parat haben. Und sie müssen sich auch nicht öffentlich dazu äußern, wen sie wählen, auch wenn das teilweise vehement von ihren Fans gefordert wird. Aber sie können und sie dürfen es sehr wohl. Bei Megastars wie Taylor Swift mit ihren über zweihundert Millionen Followern auf Instagram und einer kult-ähnlichen Fanbase ist das eine Entscheidung, die sogar einen Einfluss auf den Ausgang der Wahl haben könnte. Ziemlich viel Macht für einzelne Personen, und die geht mit der Verantwortung einher, mit einem Endorsement keinen Schaden anzurichten.

Celebrity Endorsements können einem konstruktiven Dialog dienen

Für ein konstruktives Celebrity Endorsement reicht es nicht aus, lediglich bekannt zu geben, für wen man stimmen wird, sondern auch warum. Sängerin Billie Eilish und ihr  Produzent und Bruder Finneas haben es kürzlich in einem Instagram-Video vorgemacht: „Wir stimmen für Kamala Harris und Tim Walz, weil die beiden dafür kämpfen, unsere reproduktiven Freiheiten, unseren Planeten und unsere Demokratie zu schützen.“

Damit haben sich die beiden klar dazu bekannt, welche Themen ihnen in diesem Wahlkampf wichtig sind. Es ist durchaus denkbar, dass solche Bekenntnisse der Politik einen gewissen Coolness-Faktor verpassen. Wenn sich Billie Eilish ums Klima sorgt, veranlasst das vielleicht ihre Fans dazu, sich damit zu beschäftigen und sich zu politisieren. Ein Vorgang, der für eine funktionierende Demokratie unablässig ist.  

Kamala Harris - Figure 2
Foto Berliner Zeitung

Bei Celebrity Endorsements sollten auch Nuancen und Kritik erlaubt sein. Sängerin Chappell Roan äußerte sich vor einigen Tagen auf TikTok zu ihrer Wahlentscheidung. Sie hatte in einem vorausgegangenen Interview mit dem Guardian „Probleme auf beiden Seiten“ angemerkt und dafür heftige Fan-Kritik geerntet. In dem TikTok-Video stellte sie klar, dass sie zwar Kamala Harris ihre Stimme geben werde, dies aber nicht bedeute, dass sie mit allen Entscheidungen der „Linken“ einverstanden sei.

Sie kritisiert vor allem „transphobische und genozidale Ansichten“. Ganz nach dem Motto: There is always room for improvement. Roan zeigt damit auf, dass die Wahl des präferierten Kandidaten nicht gleichbedeutend mit der Anerkennung und Lösung aller vorhandenen Probleme ist. Solche Nuancen eines Endorsements öffnen den Raum für anhaltende und konstruktive Diskussionen über politische Prioritäten auch über den Zeitpunkt der Wahl hinaus. 

Empowerment und Desinformation

Es ist den meisten Menschen zuzutrauen, dass sie trotz eines politischen Endorsements ihren Pop-Idolen nicht blind nachwählen. Trotzdem ist es richtig, wenn diese ihre Fans ermutigen, sich mit den Kandidaten und deren Plänen auseinanderzusetzen und im Einklang mit den eigenen Prioritäten zu wählen. „Ich habe mich informiert und meine Wahl getroffen. Es ist allein eure Aufgabe, zu recherchieren, und es ist an euch, eine eigene Entscheidung treffen“, sagte Taylor Swift in einem Instagram-Post, der mittlerweile über zwölf Millionen Likes generierte. Ganz praktisch verlinkte sie außerdem die Website, auf der sich Wähler registrieren müssen, bevor sie ihre Stimme abgeben können. Die verzeichnete über 400.000 Aufrufe allein durch Swifts Verlinkung. 

Was Stars unbedingt vermeiden sollten, ist, durch ihre Reichweite, gewollt oder nicht, die ohnehin im Überfluss zirkulierenden Desinformationen zu verbreiten. So repostete Elon Musk, der sich wiederholt für die Wahl Donald Trumps aussprach, ein Video, das wie ein Kampagnenclip von Kamala Harris anmutete. Darin behauptete sie angeblich, allein aus Diversitätsgründen zur Präsidentschaftskandidatin der Demokraten gewählt worden zu sein – und dass jeder, der sie kritisiere, ein Sexist und Rassist sei. Das Video war ein Deepfake inklusive KI-generierter Stimme, die der von Harris stark ähnelte. Es wurde auch dank Musks Repost über 130 Millionen Mal angesehen. 

This is amazing ???? pic.twitter.com/KpnBKGUUwn

— Elon Musk (@elonmusk) July 26, 2024

Kurzum, Celebrity Endorsements haben das Potential, Politik und politische Auseinandersetzung cool zu machen und Raum für konstruktive Debatten zu öffnen. Im besten Fall gehen sie mit der Aufforderung einher, dass Fans sich durch Recherche ihre eigene Meinung bilden und nicht lediglich das Wahlverhalten ihrer Stars nachahmen.

Im schlechtesten Fall vermindern politische Stellungnahmen von Prominenten die Fähigkeit der Wähler, solide Wahlentscheidungen zu treffen – zum Beispiel durch das Verbreiten von Deepfakes. 

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