ZDF-Doku: Joshua Kimmich und das verlorene Image

23 Jun 2024

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Joshua Kimmich - Figure 1
Foto ZEIT ONLINE

Zwischen zwei EM-Spielen erscheint ein Film über Joshua Kimmich, der dem Fußballer sehr nahekommt. Es geht auch noch mal ums Impfen. Nur der FC Bayern kommt schlecht weg.

22. Juni 2024, 16:04 Uhr

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Fußballer, Vater, Familienmensch: Die ZDF-Doku "Joshua Kimmich: Anführer und Antreiber" kommt dem Nationalspieler ziemlich nah. © Alexander Hassenstein/​Getty Images

In der intimsten Szene dieses Films über Joshua Kimmich ist Joshua Kimmich gar nicht im Bild. Man sieht stattdessen ein Regal mit einigen Aktenordnern, einer Kerze und ein paar Schuhkartons. Kimmich videotelefoniert mit dem Filmautor, seinen Laptop hat er so zur Seite geschoben, dass er selbst außer Sicht ist. Damit man nicht sieht, wie er um Fassung ringt.

Ein paar Augenblicke zuvor hat Kimmich darüber gesprochen, wie er jene Phase während der Coronapandemie erlebte, als über ihn vor allem als ungeimpften Profifußballer berichtet wurde. "Das war echt eine brutale Zeit", sagt er da. "Wenn du selbst Freunde hast, die einem dann sagen, dass, wenn man sich hätte impfen lassen, wären weniger …", da bricht Kimmichs Stimme dann, er dreht die Kamera, um sich zu sammeln. Hätte er, Kimmich, sich impfen lassen, wären weniger Menschen gestorben, habe sein Kumpel gesagt. "Wenn du da keine Familie hast, dann kannst zerbrechen."

Man sieht Profifußballer sehr oft im Fernsehen, man hat aber weit weniger oft das Gefühl, viel über sie oder gar ihr emotionales Befinden zu erfahren. Schon deshalb ist es bemerkenswert, wie Joshua Kimmich nun in einem ZDF-Film noch einmal über diese Wochen Ende 2021 spricht. 

Joshua Kimmich: Anführer und Antreiber, heißt dieses Porträt, das am späten Samstagabend um 23.45 Uhr und schon jetzt in der Mediathek des Senders zu sehen ist. Es geht darin um Kimmichs fußballerisches Großwerden, seine Erfolge, sein Vatersein. Und auch um sein Verhältnis zum FC Bayern während der Impfdebatte über seine Person. Der Verein kommt dabei schlecht weg. Interessant ist außerdem das Timing: Plötzlich reden Fußballfans über Kimmichs Verhältnis zu den Bayern, nicht mehr darüber, wie er gegen die Schweiz verteidigt.   

Der Autor Jan Mendelin konnte Kimmich mehrere Jahre lang mit der Kamera begleiten. Man schwimmt neben Kimmich mit Haien auf den Malediven, fährt mit ihm auf Safari in Tansania, stapft mit ihm durch die Berge und folgt ihm beim Richtfest durch sein unfertiges Haus. Das ist nicht pausenlos spannend, aber es gibt ein paar private Einblicke in das Leben und Denken eines Nationalspielers, was zur EM ja durchaus ein paar Menschen interessiert. Mendelin zeichnet das Bild eines recht geerdeten Mannes, etwa wenn er ihn beim Schauen des WM-Finales 2022 mit seinen Eltern zeigt, beim Kistenschleppen vor dem Umzug oder bei seiner Hochzeit.

Das alles schafft auch Empathie für einen, der in den vergangenen Jahren ein wenig die Kontrolle über den eigenen Ruf verloren hatte. Und vielleicht kann Kimmich auch durch diesen Film ein bisschen davon zurückgewinnen.

In Joshua Kimmich sahen viele mal eine Cheffigur im Mittelfeld, einen, der führt und dirigiert, einen Weltklasseschlüsselspieler bei den Bayern und der Nationalmannschaft. Wegen seines Talents, auch wegen seines vorbildlichen Arbeitsethos – seines Ehrgeizes, der ihn selbst und andere offenbar besser machte. Man hört von diesem Ehrgeiz auch jetzt im ZDF-Film wieder, etwa von Alexander Zorniger, der ihn bei RB Leipzig trainierte: "Sag Jo niemals: Das schaffst du nicht. Das ist wie ein rotes Tuch bei einem Stier, dann geht er erst recht los." Oder von Matthias Sammer, der sagt, Joshua Kimmich sei "von Ehrgeiz zerfressen". Sammer, der selbst auch nicht im Ruf steht, schnell zufrieden zu sein, meint das sehr anerkennend.

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