Kostümdrama „Jeanne du Barry“ mit Johnny Depp: Von Königs ...

Johnny Depp

Von Barbara Unterthurner

Mittwoch, 23.08.2023, 04:04

Das prüde Kostümdrama „Jeanne du Barry“ eröffnete heuer das Filmfestival in Cannes. Und brachte Johnny Depp zurück auf den roten Teppich. Jetzt läuft der Streifen im Kino.

Innsbruck – Die Vorhänge des Himmelbetts gehen auf, und da wartet er schon, der versammelte königliche Hofstaat. Blaublüter und Bedienstete stehen stramm bei diesem sonderbaren Morgenritual. Der Leibarzt untersucht den Mundraum des Königs und verköstigt noch weitaus Unappetitlicheres, während Durchlaucht das Tamtam geduldig über sich ergehen lässt. Sein Blick wandert in Richtung des großen Einwegspiegels, wohl wissend, dass seine Bettgespielin, von der zu Hofe niemand erfahren darf, dahinter ob der lachhaften Zeremonie zumindest schmunzeln muss. Er tut es doch auch.

So schmunzelt sich Johnny Depp als König Ludwig XV. in „Jeanne du Barry“ übrigens auch zurück auf die Kinoleinwand. War er zuletzt doch vor allem Hauptdarsteller in seinem ganz privaten Ehedrama, dem Verleumdungsprozess gegen Ex-Frau Amber Heard. Wirklich gut ist dabei keiner der beiden ausgestiegen. Nur dass Depp inzwischen wieder in Cannes hofiert wird – dort lief das opulente Kostümdrama von Regisseurin Maïwenn heuer als Eröffnungsfilm. Womöglich auch wegen Depps Vorgeschichte? Ab morgen ist der Streifen jedenfalls in den heimischen Kinos zu sehen.

???? Trailer | „Jeanne du Barry“

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Abseits von dem Schmunzler und ein paar Grimassen auf dem teigigen Gesicht des einst so hibbeligen Jack-Sparrow-Mimen darf man sich aber nicht viel erwarten. Johnny Depp läuft auf Autopilot. Der Star der französischen Produktion ist die schon erwähnte Maïwenn selbst, die sich die Rolle einer Aufmüpfigen kurzerhand auf den Leib schrieb – so scheint es jedenfalls. Im echten Leben braucht Maïwenn nicht einmal einen Nachnamen. Und als #MeToo-Gegnerin hat sie sich auch schon klar positioniert. Den Journalisten, der über Vergewaltigungsvorwürfe gegen ihren auch nicht gerade unbekannten Ex-Mann berichtet hatte – Maïwenn und Regisseur Luc Besson heirateten 1992, sie war 16, er mehr als doppelt so alt –, hat sie heuer übrigens bespuckt.

Die Feministin, als die Maïwenn ihre Jeanne du Barry sehen will, nimmt man der Regisseurin selbst auf der Kinoleinwand nicht unbedingt ab. Dort sind es höchstens die frivolen Blicke, die ihre Interpretation der historischen Figur der Marie Jeanne Bécu überhaupt irgendwie selbstbestimmt wirken lassen.

Dabei wird doch ihre Geschichte erzählt. Sie, die Tochter einer mittellosen Näherin, deren Aussehen Männer zu großer Kunst inspirierte – und sie straight ins Kloster führte. Das heimliche Lesen von erotischer Literatur befördert sie zurück ins – zumindest für den Nichtadel – grausame Paris des 18. Jahrhundert. Ihre Karriere als Mätresse ist vorgezeichnet, ihr Ruf schon legendär, als sie dem König „zugeführt wird“ – ja, Machtmissbrauch gehörte damals eben noch zum guten Ton. Am Schluss ist es dennoch wahre Liebe, tischt der im Grunde prüde Film seinem Publikum auf – selbst wenn sich da noch so viele andere Gespielinnen auf Schloss Versailles tummeln.

Am Hof wird Jeanne, die unter all den hochgeföhnten Figuren mit ihrer natürlicher Schönheit hervorsticht, selbstverständlich angefeindet. Vor allem von den zu Karikaturen überzeichneten Töchtern des weltlichen Herrschers. Und von Marie Antoinette, die als Wiens Investition in die Zukunft nach Paris wird. Ludwig XV. bleibt derweil über jeden Skandal erhaben – und Jeanne mit ihren Rebelliönchen gegen die höfische Etikette eine Superheldin von Königs Gnaden.

Muss man „Jeanne du Barry“ gesehen haben? Ja, wenn einem die Optik reicht. Suhlt sich der Streifen doch geradezu im Prunk der aufgeplusterten Kostümen und vergoldeten Prachtzimmer von Versailles. Wem die Optik nicht reicht, der wird sich ärgern, weil der Film mehr behauptet, als er in 110 Filmminuten einlösen kann. Nicht nur in Sachen Liebe.

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Jeanne du Barry. Ab 12 Jahren, ab Donnerstag in den heimischen Kinos.

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