Amtsmissbrauch: Weitere Anklage gegen Jenewein
Amtsmissbrauch
Die Staatsanwaltschaft Wien erhebt Anklage gegen den früheren FPÖ-Abgeordneten Hans-Jörg Jenewein und eine weitere Person. Der Vorwurf lautet auf Missbrauch der Amtsgewalt als Bestimmungstäter und andere Vergehen. Jenewein soll 2018 und 2019 als Mitglied des BVT-U-Ausschusses die zweite Angeklagte beauftragt haben, ihm Berichte zu übermitteln. Aktuell steht Jenewein auch mit dem ehemaligen BVT-Beamten Egisto Ott vor Gericht.
Online seit gestern, 10.02 Uhr (Update: gestern, 15.41 Uhr)
Bei den von Jenewein angeforderten Berichten soll es sich um Informationen zu den Teilnehmerinnen und Teilnehmern von Treffen europäischer Nachrichten- und Geheimdienste sowie ein für den Untersuchungsausschuss relevantes Vernehmungsprotokoll einer Zeugenaussage ohne Parteienkennung handeln. Konkret ging es dabei um jene des SPÖ-Politikers Franz Schnabl. Die Unterlagen sollten an Medienvertreterinnen und -vertreter weitergegeben werden, heißt es.
Jenewein waren in seiner Tätigkeit als Mitglied des U-Ausschusses die Vorschriften zur Verwendung und Veröffentlichung der vertraulichen Unterlagen bekannt, zeigte sich die Staatsanwaltschaft überzeugt. Die Zweitangeklagte soll als damalige Beamtin des Innenministeriums unter anderem einen vertraulichen E-Mail-Verkehr aus dem Ministerium an Jenewein übermittelt haben.
Der Ex-Politiker muss sich nicht nur wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs, sondern unter anderem auch wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses verantworten. Die Strafdrohung beträgt sechs Monate bis fünf Jahre. Die Anklage ist nicht rechtskräftig. Die beiden Angeklagten haben das Recht, innerhalb von 14 Tagen Einspruch bei Gericht zu erheben. Für beide Genannten gilt die Unschuldsvermutung.
Weitere Anklage mit OttAktuell steht Jenewein bereits gemeinsam mit dem ehemaligen Chefinspektor im aufgelösten Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), Ott, vor Gericht. Ott wird zur Last gelegt, als Beamter des Innenministeriums im Auftrag Jeneweins einen weiteren Beamten beauftragt zu haben, Informationen zu Teilnehmern eines Treffens europäischer Nachrichten- und Geheimdienste zu beschaffen. Laut dem Strafantrag der Staatsanwaltschaft wollte Jenewein wissen, welche Mitarbeiter des mittlerweile aufgelösten BVT am Treffen teilgenommen hatten.
Jenewein wird außerdem vorgeworfen, im Juni 2021 vertrauliche Unterlagen, die ihm als Politiker und Mitarbeiter im „Ibiza“-U-Ausschuss zugänglich wurden, weitergegeben und Fotos von Auskunftspersonen angefertigt und an Dritte übermittelt zu haben. Ott wird zudem zur Last gelegt, im Mai 2019 als Polizeibeamter Jenewein Namen von BVT-Mitarbeitern weitergegeben zu haben.
Den Angeklagten werden die Vergehen der Verletzung des Amtsgeheimnisses – Jenewein als Bestimmungstäter in einem Fall, Ott als unmittelbarer Täter in mehreren Fällen – zur Last gelegt. Die Strafdrohung beträgt bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe. Der freiheitliche Ex-Politiker habe zusätzlich das Vergehen der Datenverarbeitung in Gewinn- oder Schädigungsabsicht zu verantworten. Beide – Ott und Jenewein – hatten sich zum Prozessauftakt im November nicht schuldig bekannt. Auch hier gilt für beide die Unschuldsvermutung.
Prozess wird am 18. Dezember fortgesetztDer Prozess gegen Ott und Jenewein werde am 18. Dezember fortgesetzt, hieß es zuletzt vom Landesgericht für Strafsachen in Wien. Sollten alle vorgesehenen Zeugen erscheinen, könnte es in dem Verfahren noch vor Weihnachten zu erstinstanzlichen Urteilen kommen.
Die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt seit 2017 in der äußerst umfangreichen Causa Ott in mehreren Ermittlungssträngen. Die übrigen Ermittlungsverfahren würden parallel zur bevorstehenden Hauptverhandlung fortgesetzt. Ott war am 29. März unter Spionageverdacht festgenommen, in der Folge in U-Haft genommen und später wieder enthaftet worden.
Jenewein wieder für FPÖ tätigJenewein ist wieder für die Freiheitlichen tätig. Er arbeitet künftig als parlamentarischer Mitarbeiter des Nationalratsabgeordneten und Bildungssprechers Hermann Brückl. Jenewein war 2022 nach parteiinternen Turbulenzen aus der FPÖ ausgetreten. Kurz vor seinem Parteiaustritt war bekanntgeworden, dass auf dem Handy des als Vertrauter von Parteichef Herbert Kickl geltenden Jenewein eine anonyme Anzeige gegen die Wiener FPÖ gefunden wurde.
Nach Ansicht von ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker steht mit der Anklageerhebung das „System Kickl“ vor einer Zerreißprobe. Denn Jenewein sei früher als „Mann fürs Grobe“ von Kickl bekannt gewesen. „Wie nervös der FPÖ-Chef ist, kann man auch daran sehen, dass er Jenewein bereits vor wenigen Wochen wieder vorsorglich in seine Obhut zurückgeholt hat und ihm eine Anstellung als parlamentarischer Mitarbeiter im freiheitlichen Parlamentsklub gewährt hat“, so Stocker.
Die Generalsekretärin der Grünen, Olga Voglauer, sah in einer Reaktion einen neuen Skandal in der „unendlich langen Liste des FPÖ-Korruptionssumpfes“, wobei sie auch die Ermittlungen gegen FPÖ-Mandatare wegen Verdachts auf Verstoß gegen das Verbotsgesetz erwähnte. Sie verwies weiters ebenfalls auf die Beschäftigung Jeneweins im Parlament. FPÖ-Politiker würden nur im eigenen Interesse und völlig rücksichtslos handeln, meinte Voglauer.