Trump nominiert Senator J.D. Vance als Vizekandidaten

15 Jul 2024

Donald Trump ist offiziell als Kandidat nominiert worden. Er will mit J.D. Vance als Kandidat für das Amt des Vizepräsidenten in die US-Wahl ziehen. Einst ein scharfer Gegner Trumps, den er teils wüst beschimpfte, wechselte Vance 2018 ins Lager der Unterstützer.

Milwaukee. Der Autokonvoi, der am Montagmorgen das Haus von J. D. Vance im Bundesstaat Ohio verlassen hatte, war eigentlich schon der erste Hinweis. Der 39-jährige Senator ist seit Montagnachmittag offiziell der Vizepräsidentschaftskandidat der Republikaner. Und Donald Trump ist offiziell wieder Präsidentschaftskandidat. Die Delegationen aus den Bundesstaaten hatten ihn just in dem Moment gekürt, als er auf seiner Social-Media-Plattform „Truth Social“ Vance präsentierte.

Trump hatte das Rennen um den begehrten Platz auf dem republikanischen Präsidentschaftsticket bewusst ein wenig so wie seine alte Fernsehsendung „The Apprentice“ angelegt. Wer seine Nummer zwei werden wollte, musste alle Stückchen spielen: telegen, charismatisch, aber vor allem absolut loyal, um nicht zu sagen unterwürfig. Überschattet will Trump nicht werden.

Archivblid von J.D. Vance.

Archivblid von J.D. Vance. Reuters / Gaelen Morse

Das macht den neuen Vizepräsidentschaftskandidaten umso interessanter. Vance gilt als äußerst ambitioniert, arbeitete nach seinem Rechtsabschluss an der Yale Law School unter dem Investor Peter Thiel. Und schrieb dann eine Autobiografie, die in den USA wie ein Blitz einschlug. Trump war damals frisch zum Präsidenten gewählt worden, und das Establishment fragte sich, was schiefgelaufen war. Vance, Sohn einer bitterarmen weißen Familie, erklärte es ihnen, in einem ehrlichen, eloquenten Buch.

Von Trump-Gegner zum Trump-Fan

Vance sprach sich damals gegen Trump aus. Doch 2018 veränderte sich das Verhältnis der beiden Männer – ob das an Vances eigenen Karriereplänen lag, ist schwer zu sagen. Er war jedenfalls 2022 Senatskandidat von Trumps Gnaden. Und seitdem einer seiner lautesten Verfechter. Am Wochenende, nachdem Trump von einem Attentäter angegriffen worden war, spielte Vance den Verteidiger, griff die Demokraten an.

Politisch steht Vance am rechten Rand seiner Partei. In Sachen Abtreibung vertritt er eine der härtesten Linien: Geht es nach ihm, sollten Schwangerschaftsabbrüche selbst nach Inzest oder Vergewaltigung nicht möglich sein, außer, das Leben der Frau sei in Gefahr. Wie Trump auch will er die Entscheidung über Abtreibungspolitik aber in den Händen der Bundesstaaten lassen.

„Kein Interesse“ an der Ukraine

Vance ist auch einer der größten Kritiker der US-Unterstützung für die Ukraine. Er verstehe nicht, warum die USA Interesse an der „ukrainischen Grenze“ haben sollte. „Ich muss ehrlich sagen, mich interessiert nicht, was mit der Ukraine passiert, so oder so“, sagte er im Podcast von Trumps Berater Steve Bannon (der übrigens seit Anfang Juli eine Gefängnisstrafe absitzen muss, nachdem er einer Anhörungsaufforderung des Kongresses in Sachen 6. Jänner 2021 nicht Folge geleistet hatte; auch Vance ist ein Proponent von Verschwörungstheorien rund um Trumps Wahlverlust 2020).

Auch ansonsten hat Vance einen Hang zu extremer Rhetorik. Die Grenzpolitik der demokratischen Regierung würde „Einwohner Ohios töten“, erklärte er etwa. Inhaltlich sind er und Trump auf einer Linie, geht es etwa um Klima- und Zollpolitik.

Als echten „MAGA“-Republikaner sehen ihn manche Trump-Anhänger allerdings noch immer nicht. Vance wird sich in den kommenden Wochen beweisen müssen. Für die linke Reichshälfte ist er hingegen ein Albtraum: einer der ihren, der das Lager gewechselt hat.

Entscheidung nach Attentat

Erst 24 Stunden davor soll sich Trump für seinen finalen Favoriten entschieden haben – unter dem Eindruck des Attentats, das am Samstagabend bei einem Wahlkampfauftritt in Pennsylvania auf ihn verübt worden war. Trump gab sich in den vergangenen Tagen untypisch ruhig, fast schon besonnen, und machte in öffentlichen Statements klar, wie sehr er unter dem Eindruck des Anschlags stand. Die Nachfolgefrage war da plötzlich dringender geworden.

Trumps Ansprüche an seinen „Running Mate“ unterscheiden sich in seinem dritten Wahlkampf von jenen 2016 und 2020, als Mike Pence, früher Gouverneur Indianas, an seiner Seite gestanden war. Pence hatte Trump zu Beginn die Stimmen weißer, erzkonservativer, christlicher Wähler gesichert. Nun, 2024, steht die Marke Trump ganz für sich allein – und Pence im Abseits, nachdem er sich Trumps Wünschen widersetzt hatte und 2021 den Wahlsieger, Joe Biden, offiziell bestätigt hatte. Der Tumult war damals, am 6. Jänner 2021, so groß gewesen, dass Pences Sicherheitsleute um sein Leben gefürchtet hatten.

Einen solchen Loyalitätsbruch will Trump diesmal verhindern. Von allen Favoriten, darunter Senator Marco Rubio aus Florida und Gouverneur Doug Burgum aus North Dakota, verlangte er ein volles Bekenntnis zu seiner Person. Vance dürfte ihn am Ende mit seinem Einsatz rund um das Attentat am Samstag vollends überzeugt haben. „Dieser Typ“, schrieb er auf dem Kurznachrichtendienst X über Trump, „ist einfach anders als wir alle.“

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