J.D. Vance im Gegenwind: Republikaner zweifeln an Trumps Vize
Witze, über die niemand lacht: J. D. Vance bei einem Auftritt in seiner Heimatstadt Middletown (Ohio).Bild: keystone
Zwei Wochen nach seiner Ernennung zu Donald Trumps Vize-Kandidaten steht J. D. Vance im Gegenwind. Frühere Aussagen und hölzerne Auftritte lassen ihn schlecht aussehen.
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Im Wahljahr 2024 erleben die USA einen «surrealen Sommer», so die «Washington Post». Gerade noch schien Donald Trump nach dem Mordanschlag und dem Parteitag der Republikaner in Milwaukee unschlagbar zu sein. Nun erleben die Demokraten einen «Honeymoon» mit Kamala Harris, ihrer designierten Kandidatin für die US-Präsidentschaft.
Der Verzicht von Präsident Joe Biden auf die Kandidatur hat die Republikaner auf dem falschen Fuss erwischt. Er sei «ein unerwarteter Schlag» gewesen, räumte J. D. Vance, Trumps Kandidat für die Vizepräsidentschaft, am letzten Samstag gemäss der «Washington Post» im Gespräch mit Spendern ein. Harris trage «nicht den gleichen Ballast» wie Biden.
Donald Trump und J. D. Vance am letzten Samstag in St.Cloud (Minnesota). Noch steht der Ex-Präsident zu einem Wunsch-Vize.Bild: keystone
Nach aussen betonen Vance und andere Republikaner, zwischen Biden und Harris gebe es kaum einen Unterschied. Beim Treffen im Bundesstaat Minnesota räumte der Vize-Kandidat hingegen ein, die 59-jährige Kamala Harris sei «viel jünger» und habe «weniger Probleme» als Joe Biden. Ihre geringere Bekanntheit sei eine Herausforderung für die Republikaner.
Heikle AusgrabungenDas gilt auch für Vance selbst. Die Begeisterung über den 39-jährigen Senator aus Ohio hat sich seit seiner Ernennung vor zwei Wochen bereits abgekühlt. Aussagen aus früheren Jahren werfen ein schiefes Licht auf den politischen Senkrechtstarter. Für Aufruhr sorgte ein Interview mit Fox News von 2021, in dem er sich über «kinderlose Katzenfrauen» mokierte.
Diverse Frauen empörten sich über diese Aussage, etwa die Schauspielerin Jennifer Aniston, deren Kinderwunsch unerfüllt blieb. In einem Interview mit Megyn Kelly verteidigte sich J. D. Vance mehr schlecht als recht. Er habe kinderlose Frauen nicht kritisieren wollen, betonte er, doch die Demokratische Partei sei «familien- und kinderfeindlich» geworden.
Vergleich mit Hillary ClintonUnter Republikanern geht die Angst um, Vance könne ihnen bei den Frauen in den Suburbs schaden. In diesem Segment hatte Donald Trump vor vier Jahren gegenüber 2016 viele Stimmen eingebüsst. Die Trump-freundliche Meinungsredaktion des «Wall Street Journal» verglich die Katzenfrauen mit Hillary Clintons «Basket of Deplorables» von 2016.
Nicht nützlich sind auch Positionen beim Reizthema Abtreibung. In einem Podcast von 2022 hatte Vance angeregt, die Bundesregierung solle gegen abtreibungswillige Frauen vorgehen, die in einen Bundesstaat mit liberaler Gesetzgebung ausweichen wollten. Im Team von Kamala Harris reibt man sich ob der unerwarteten Wahlhilfe die Hände.
Abneigung gegen TrumpDenn es sind nicht die einzigen Aussagen von früher, die James David Vance um die Ohren fliegen. Die einstige Abneigung des Aufsteigers, der seine ärmliche Herkunft im preisgekrönten Bestseller «Hillbilly Elegy» verarbeitet hatte, gegenüber Donald Trump ist bekannt. Er verglich ihn sogar mit Adolf Hitler. Jetzt sind weitere negative Beschreibungen aufgetaucht.
Sie stammen aus E-Mails, die eine ehemalige Kommilitonin und enge Freundin aus der gemeinsamen Zeit an der Eliteuniversität Yale der «New York Times» zur Verfügung gestellt hat. Sofia Nelson, die heute als Mann und Pflichtverteidiger in Detroit lebt, hatte sich mit Vance überworfen, als dieser zunehmend nach rechts rückte und sich bei Trump anbiederte.
«Ich hasse die Polizei»In Mails von 2015 und 2016 hatte er diesen noch als «Demagogen» und «moralisch verwerflichen Menschen» bezeichnet. Wenig schmeichelhaft bei der republikanischen Wählerschaft ist auch eine Aussage von 2014, in der Vance nach der Tötung des Afroamerikaners Michael Brown in Ferguson im Staat Missouri schrieb: «Ich hasse die Polizei.»
Marco Rubio am Parteitag in Milwaukee. Manche hätten lieber den Senator aus Florida als Vize-Kandidaten gesehen.Bild: keystone
Ein Trump-Berater bezeichnete die Nelson-Mails gegenüber der «Washington Post» als «nicht ideal». Das ist eine ziemliche Untertreibung. Zu den wachsenden Zweifeln bei den Republikanern an J. D. Vance tragen auch die Wahlkampfauftritte seit seiner Nominierung als Vize-Kandidat in Milwaukee bei. Er wirkt hölzern und macht Witze, über die niemand lacht.
Schlechte UmfragewerteVance fehlten «Charisma, Charme und Sinn für Humor», konstatiert die «Financial Times». Trump sei «von Natur aus lustig, Vance nicht», so die Autorin des Meinungsartikels. Das schlägt sich in den Umfragen nieder. Ausgerechnet im «Rostgürtel» der USA, aus dem er selbst stammt, kommt J. D. Vance in einer CNN-Umfrage auf besonders schlechte Werte.
Das wird jene Republikaner in ihrer Skepsis bestätigen, die schon früh an der Eignung des Senators für die Vize-Rolle zweifelten. Sein Senatskollege Lindsey Graham soll Donald Trump noch auf dem Flug nach Milwaukee eingebläut haben, der kubanischstämmige Marco Rubio wäre die bessere Lösung, um Wähler in den umkämpften Staaten zu erreichen.
Fackelträger des TrumpismusÄhnlich hätten andere Politiker, Geldgeber und Anhänger argumentiert, berichtet die «Washington Post». Trump habe die kritischen Stimmen angehört, doch sein Bauchgefühl habe seit Wochen oder gar Monaten zu J. D. Vance tendiert, unter anderem wegen seiner einfachen Herkunft und weil er von der «Tech-Mafia» im Silicon Valley unterstützt wird.
Für Wirtschafts-Nobelpreisträger Paul Krugman war der Rückhalt durch Tech-Milliardäre wie Peter Thiel auch wegen Krypto-Währungen ein wichtiger Faktor bei der Vize-Wahl, wie er in seiner Kolumne in der «New York Times» argumentiert. Trump selbst soll einen weiteren Grund genannt haben: Vance werde Partei auf Linie halten, wenn er nicht mehr da sei.
J. D. Vance als Fackelträger des Trumpismus? Es wäre nachvollziehbar. Donald Trump sei immer noch von seiner Vize-Wahl überzeugt, berichten US-Medien unter Berufung auf das Umfeld des Ex-Präsidenten. Allzu viele Fehltritte darf sich Vance aber nicht leisten. Sonst erweist er sich nicht als würdiger Erbe, sondern nur als billige Kopie von Trump.
Donald Trump mit Pflaster nach Attentat
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Donald Trump mit Pflaster nach Attentat
Donald Trump hatte am Montag seinen ersten Auftritt nach dem Attentat.
quelle: keystone / allison dinner
Der Republikanische Parteitag im Video
Video: watson
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