Iran droht Israel nach Haniyeh-Tod mit Vergeltung

31 Jul 2024

Vor seinem Tod war Hamas-Führer Haniyeh noch im Teheraner Parlament

Ismail Haniyeh - Figure 1
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Foto: APA/Reuters/dpa

Der Hamas-Anführer Ismail Haniyeh ist Mittwoch früh in der iranischen Hauptstadt Teheran gezielt getötet worden. Die radikal-islamische Hamas machte Israel dafür verantwortlich und sprach von einer "schweren Eskalation". Der Iran und die Hisbollah-Miliz im Libanon drohten mit Vergeltung. Russland, China und die Türkei sowie Ägypten und Katar verurteilten die Tötung Haniyehs und warnten vor einer Eskalation des Konfliktes im Nahen Osten.

Der israelische Verteidigungsminister Yoav Gallant sagte, sein Land wolle keine Ausweitung des Krieges, sei aber auf alle Szenarien vorbereitet. Israel hat sich nicht öffentlich zu dem Anschlag bekannt. Erst am Dienstag hatte es nach eigenen Angaben gezielt einen Hisbollah-Kommandanten in Beirut getötet, der für den Beschuss der israelisch besetzten Golanhöhen mit zwölf Toten verantwortlich sein soll. Die Hamas und die Hisbollah gehören zur sogenannten Achse des Widerstandes, die vom Iran geführt wird.

"Heute Morgen wurde das Haus von Ismail Haniyeh in Teheran angegriffen, wobei er und einer seiner Leibwächter ums Leben kamen", bestätigten die iranischen Revolutionsgarden den Tod des Hamas-Anführers. Er war anlässlich der Vereidigung von Präsident Masoud Pezeshkian in Teheran.

Die Terrororganisation Hamas sprach von einem "verräterischen zionistischen Angriff" auf Haniyeh. Als "zionistisches Regime" bezeichnen die Hamas und der Iran üblicherweise Israel, dem sie das Existenzrecht als Staat absprechen. "Diese Ermordung von Bruder Haniyeh durch die israelische Besatzungsmacht stellt eine schwerwiegende Eskalation dar, die darauf abzielt, den Willen der Hamas zu brechen", sagte der hochrangige Hamas-Vertreter Sami Abu Zuhri. Die Hamas, die am 7. Oktober überraschend Israel angegriffen hatte und sich seither erbitterte Kämpfe mit dem israelischen Militär im Gazastreifen liefert, werde den eingeschlagenen Weg ungeachtet der Opfer fortsetzen. "Wir sind vom Sieg überzeugt." Die Qassam-Brigaden, der militärische Teil der Hamas, drohten, die Tötung Haniyehs werde "den Kampf in eine neue Dimension führen".

Die iranische Führung reagierte empört. Rache sei die Pflicht des Iran, da Haniyeh auf iranischem Boden getötet worden sei, sagte das geistige und politische Oberhaupt der Islamischen Republik, Ayatollah Ali Khamenei. Israel habe sich selbst den Grund für eine "harte Bestrafung" geliefert. Präsident Pezeshkian sagte, der Iran werde dafür sorgen, dass "die terroristischen Besatzer ihre feige Tat" bereuten. Israel wird im Iran auch als Besatzer palästinensischen Gebiets bezeichnet. Der Iran werde seine territoriale Integrität verteidigen.

Der palästinensische Präsident Mahmoud Abbas, der im Westjordanland das Sagen hat, verurteilte die Tötung Haniyehs, wie die palästinensische Nachrichtenagentur WAFA meldete. Es gab Aufrufe zum Generalstreik und zu Massendemonstrationen. Die von Abbas geführte gemäßigtere Fatah und die radikal-islamische Hamas im Gazastreifen sind konkurrierende Palästinenserorganisationen.

Ägypten und Katar, die beide zusammen mit den USA im Gaza-Krieg vermitteln und um eine Waffenruhe bemüht sind, verurteilten die Tötung Haniyehs scharf. Dies sei eine gefährliche Eskalation, teilte Katars Außenministerium mit. Katar versucht seit Monaten mit Ägypten und den USA, eine Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas sowie eine Freilassung der israelischen Geiseln aus der Gewalt der Extremisten im Gazastreifen zu vermitteln. Das ägyptische Außenministerium forderte, die Spirale der Eskalation zu stoppen. Die Sicherheitslage im Nahen Osten dürfe nicht außer Kontrolle geraten. Die Tötung Haniyehs zeige, dass es Israel an politischem Willen zur Deeskalation mangle.

Die USA waren laut Außenminister Antony Blinken in den tödlichen Angriff auf Haniyeh weder involviert noch darüber informiert worden. "Wir hatten davon keine Kenntnis und waren nicht beteiligt", sagte Blinken dem Sender Channel News Asia bei einem Besuch in Singapur. Gefragt nach den möglichen Auswirkungen meinte er laut einer Abschrift des Interviews, es sei sehr schwer darüber zu spekulieren. Entscheidend sei, dass es zu einer Waffenruhe im Gazastreifen komme und die israelischen Geiseln dort freikämen. Eine Waffenruhe sei am besten dazu geeignet, die aufgeheizte Lage zu beruhigen.

Für Haniyeh soll am Donnerstag eine Trauerfeier in der iranischen Hauptstadt stattfinden. Anschließend soll der Leichnam zum Begräbnis in die katarische Hauptstadt Doha überführt werden, wie die Hamas mitteilte. Haniyeh lebte in Katar.

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