Hamas-Führer Ismail Haniyeh im Iran getötet

Ismail Haniyeh

news/APA/Mittwoch, 31.07.24, 07:59:48

Hamas-Anführer Ismail Haniyeh ist nach Angaben der militanten Palästinenser-Organisation am Mittwoch in der Früh in der iranischen Hauptstadt Teheran gezielt getötet worden. Die Hamas machte Israel dafür verantwortlich und sprach von einer "schweren Eskalation". Die iranischen Revolutionsgarden bestätigten den Tod Haniyehs: "Heute Morgen wurde das Haus von Ismail Haniyeh in Teheran angegriffen, wobei er und einer seiner Leibwächter ums Leben kamen."

APA/APA/AFP/-

Er hatte sich in Teheran anlässlich der Vereidigung des iranischen Präsidenten Massoud Pezeshkian aufgehalten. Eine Stellungnahme Israels zu dem Angriff gab es zunächst nicht.

Erst am Dienstag hatte Israel nach eigenen Angaben gezielt einen Hisbollah-Kommandanten in Beirut getötet, der für den Beschuss der von Israel annektierten syrischen Golanhöhen mit zwölf Toten am Wochenende verantwortlich sein soll. Die Hamas und die Hisbollah im Libanon gehören der Achse des Widerstandes an, die von Iran geführt wird. Weithin wird eine Eskalation des Nahost-Konfliktes befürchtet.

Die Hamas sprach von einem „verräterischen zionistischen Angriff“ auf Haniyehs Haus in Teheran. Als zionistisches Regime bezeichnen die Hamas und auch der Iran üblicherweise Israel, dem sie das Existenzrecht als Staat absprechen. „Diese Ermordung von Bruder Haniyeh durch die israelische Besatzungsmacht stellt eine schwerwiegende Eskalation dar, die darauf abzielt, den Willen der Hamas zu brechen“, sagte der hochrangige Hamas-Vertreter Sami Abu Zuhri der Nachrichtenagentur Reuters. Moussa Abu Marzouk, Mitglied des Hamas-Politbüros, drohte mit Konsequenzen und erklärte, die „Ermordung“ Haniyehs sei eine „feige Tat“ und werde „nicht unbeantwortet bleiben“.

Einem Sprecher des iranischen Außenministeriums zufolge stärkt die Tötung Haniyehs in Teheran das Band zwischen dem Iran und den Palästinensern. Haniyehs Blut werde niemals vergeblich vergossen sein, sagte Nasser Kanaani staatlichen iranischen Medien zufolge. „Haniyehs Märtyrertum in Teheran wird die tiefe und unzerbrechliche Bindung zwischen Teheran, Palästina und dem Widerstand stärken“, sagte Kanaani.

Die Türkei warf Israel vor, mit der Tötung Haniyehs den Gaza-Krieg in der Region ausweiten zu wollen. Es habe sich erneut gezeigt, dass die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu keine Absicht habe, den Frieden zu erreichen, teilte das türkische Außenministerium mit.

Die Hamas, die am 7. Oktober überraschend Israel angegriffen hatte und sich erbitterte Kämpfe mit dem israelischen Militär im Gazastreifen liefert, werde den eingeschlagenen Weg ungeachtet der Opfer fortsetzen. „Wir sind vom Sieg überzeugt.“

Palästinenser-Präsident Mahmoud Abbas, der im Westjordanland das Sagen hat, verurteilte die Tötung Haniyehs in Teheran, wie die palästinensische Nachrichtenagentur WAFA meldete. Die Fraktionen in dem Palästinenser-Gebiet riefen zum Generalstreik und zu Massendemonstrationen auf. Die von Abbas geführte gemäßigtere Fatah und die radikal-islamische Hamas im Gazastreifen sind konkurrierende Palästinenser-Organisationen.

Auch die von Israels Erzfeind Iran unterstützte Houthi-Miliz im Jemen, die ebenfalls der Achse des Widerstandes angehört, reagierte empört auf die Tötung Haniyehs. „Ismail Haniyeh ins Visier zu nehmen, ist ein abscheuliches terroristisches Verbrechen und ein eklatanter Verstoß gegen Gesetze und ideale Werte“, sagte Houthi-Anführer Mohammed Ali al-Houthi.

Haniyeh, der normalerweise in Katar lebte, war das Gesicht der internationalen Diplomatie der Hamas. Drei seiner Söhne wurden im Gazastreifen bei einem israelischen Luftangriff getötet. Haniyeh wurde 2017 an die Spitze der Hamas berufen und pendelte zwischen der Türkei und Katars Hauptstadt Doha. Dadurch entging er den Reisebeschränkungen im abgeriegelten Gazastreifen und konnte als Unterhändler bei Waffenstillstandsgesprächen auftreten oder mit dem Hamas-Verbündeten Iran verhandeln.

Trotz seiner harten Rhetorik in der Öffentlichkeit wurde Haniyeh im Vergleich zu den Hardlinern der Hamas im Gazastreifen als gemäßigt angesehen. Bei arabischen Diplomaten und Politikern wurde er als relativ pragmatisch eingeschätzt.

Während er dem israelischen Militär sagte, dass es „im Sand des Gazastreifens ertrinken“ würde, reisten er und sein Vorgänger als Hamas-Führer, Khaled Mashaal, durch die Region, um über einen von Katar vermittelten Waffenstillstandsvertrag mit Israel zu verhandeln, der den Austausch von Geiseln gegen in israelischen Gefängnissen sitzende Palästinenser sowie mehr Hilfe für den Gazastreifen vorsieht.

Israel betrachtet die gesamte Führung der Hamas als Terroristen und beschuldigt unter anderem Haniyeh, „die Fäden der Terrororganisation Hamas zu ziehen“. Es ist jedoch unklar, wie viel Haniyeh im Vorfeld über den Angriff auf den Süden Israels am 7. Oktober wusste. Der vom Militärrat der Hamas im Gazastreifen ausgearbeitete Plan war ein so streng gehütetes Geheimnis, dass einige Hamas-Funktionäre über Zeitpunkt und Ausmaß des Angriffs schockiert zu sein schienen.

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