Hanija-Tötung: Schwerer Schlag auch für den Iran

31 Jul 2024
Ismail Hanija

Hanija-Tötung

Mit Ismail Hanija ist in der Nacht auf Mittwoch der Chef des Hamas-Politbüros und damit ein prominentes Mitglied der obersten Führungsriege der radikalislamischen Hamas in Teheran getötet worden. Die iranische Führung schwor am Mittwoch Richtung Israel Vergeltung. Ungeachtet vieler offener Fragen hinter Hanijas Tötung sprechen Beobachter jedenfalls auch von einem schweren Schlag für das Ansehen des Iran.

Online seit heute, 18.02 Uhr (Update: 19.47 Uhr)

Beamte des Landes hätten auf den in der Früh von der Hamas und den iranischen Revolutionsgarden bestätigten Tod des prominenten Hamas-Anführers „völlig schockiert“ reagiert, so „New York Times“-Reporterin Farnaz Fassihi mit Verweis auf iranische Quellen. Zu einem Zeitpunkt, an dem das Land seine Macht in der Region ausbauen möchte, sei das ein „schwerer Schlag für das Ansehen des Iran im Bereich der Sicherheit“, so Fassihi auf der Kurznachrichtenplattform X.

Hanija war auf Einladung des Iran in Teheran zu Gast und nahm am Vortag an der Angelobungszeremonie für den neuen Präsidenten Massud Peseschkian teil. Dabei wurde Hanija nicht nur von Peseschkian, sondern auch vom obersten geistlichen Führer der Islamischen Republik, Ajatollah Ali Chamenei, persönlich empfangen.

Iranian officials are in utter shock over assassination of Haniyah, sources say, because it also delivers a huge blow to Iran's security reputation at a time it wants to project power in the region. State tv blamed Israel.

— Farnaz Fassihi (@farnazfassihi) 31. Juli 2024

Bei der Veranstaltung am Dienstag im Parlament saß er in den vorderen Reihen, wie im Staatsfernsehen zu sehen war. Abgeordnete umringten ihn und machten Selfies mit ihm. Laut der iranischen Nachrichtenagentur Tasnim wurde Hanija wenige Stunden später, um 2.00 Uhr Ortszeit (0.30 Uhr MESZ), in einer Residenz im Norden der Hauptstadt „von einem Gegenstand aus der Luft“ tödlich getroffen.

Hamas spricht von direktem Treffer

Viele Fragen zur Tötung Hanijas sind offen, etwa welche Art Sprengkörper die Unterkunft traf. Die Hamas erklärte Mittwochabend, es habe sich um einen gezielten Raketenangriff gehandelt. „Eine Rakete traf den Raum, in dem Ismail Hanija sich aufhielt, und er wurde direkt getroffen“, sagte der ranghohe Hamas-Funktionär Chalil al-Haja auf einer Pressekonferenz. Die Angaben hätten Zeugen gemacht, die zur Zeit des Angriffs in Hanijas Nähe gewesen seien. Auch Mauerwerk und Fensterscheiben seien zerstört worden.

„Ungewöhnlich“ ist laut dem US-Sender CNN, dass bisher weder in staatlichen iranischen Medien noch in den sozialen Netzwerken Bilder vom Anschlagsort aufgetaucht seien. Weiterhin sei nicht bekannt, wo genau sich besagte Veteranenunterkunft im Norden der iranischen Hauptstadt befunden habe.

Gegenseitige Warnungen

Der Angriff auf Hanija folgte nur Stunden nach dem tödlichen Anschlag auf einen der ranghöchsten Anführer der Hisbollah-Miliz im Libanon am Dienstagabend, zu dem sich die israelische Regierung explizit bekannt hat. „Das ist eine erstaunliche Leistung der Geheimdienste“, sagte der Militärexperte Amos Gilad im Sender Channel 12.

Nach der gezielten Tötung Hanijas drohten der Iran und die Hamas Israel mit Vergeltung. Ajatollah Chamenei kündigte eine „harte Bestrafung“ an. Mittwochabend meldete sich auch Israels Premier Benjamin Netanjahu zu Wort. Dass der Angriff in Teheran von Israel ausgeführt wurde, bestätigte er nicht.

In einer Fernsehansprache drohte er allerdings mit neuen Militärschlägen, sollte Israel das Ziel von Vergeltungsmaßnahmen werden. Egal woher Angriffe kämen, dafür werde ein hoher Preis gezahlt werden, warnte er. Israel sei auf alle Eventualitäten eingestellt. Den Stellvertretern des Iran seien vernichtende Schläge versetzt worden; sein Land durchlebe herausfordernde Zeiten, so Netanjahu.

Maschal als neuer Hamas-Chef gehandelt

Als neuer Anführer der Hamas wird unterdessen Chalid Maschal gehandelt. Der 68-Jährige ist seit Jahrzehnten in der Hamas aktiv. International bekannt wurde Maschal 1997, als er in Jordanien Ziel eines Giftanschlags durch israelische Agenten wurde. Angeordnet hatte das Attentat der damalige wie heutige israelische Regierungschef Netanjahu.

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