Iris Berben über Lust und Größenwahn: Ich war schon als Küken ...

4 Jun 2023

Sie ist „die Berben“, für viele der Inbegriff von Eleganz, die Grande Dame des deutschen Films. Man traut ihr eher Champagner zu und weniger Chaos, doch genau das provozierte Iris Berben einst: laut, fröhlich und mit großer Lust, festgefahrene Strukturen zu brechen. Ist ihr das gelungen?

Großen Diven der Filmbranche verleiht man das „die“ vor dem Nachnamen. Die Loren, die Lollobrigida, die Bardot. Die Berben kann das eigentlich nicht so gut leiden, denn Diven haben sich meist von ihrer jugendlichen Wildheit verabschiedet. Bei ihr blitzt das Unangepasste jedoch noch so oft durch, dass man denkt: Die ist echt ’ne coole Socke.

Iris Berben ist so wortgewaltig wie kaum jemand sonst in ihrer Branche und wenn sie spricht, hören auch die zu, die sich sonst gar nichts sagen lassen.

Iris Berben mit Partner Heiko Kiesow (62, l.), Sohn Oliver Berben (51) mit Ehefrau Katrin (40)

Iris Berben mit Partner Heiko Kiesow (62, l.), Sohn Oliver Berben (51) mit Ehefrau Katrin (40)

Wie sie das geschafft hat? Mit Haltung und Unbeirrtheit. Sie pfeift auf die Zahnkorrektur, zu der man ihr immer wieder rät. Sie verleugnet nicht ihr wildes Leben in den 70er-Jahren („Unser Motto war: Keine Zeit für weiche Drogen“), sie bricht Regeln, wenn sie überzeugt davon ist. „Laut, wild und rebellisch war ich schon als Küken“, sagt Berben zu BILD am SONNTAG.

Filme macht sie seit Jahrzehnten nicht fürs Geld, auch lukrative Werbedeals lehnt Iris Berben meist konsequent ab. Unterschreibt sie dann doch mal, ist selbst das eine Provokation, die sie nicht nur früher so geliebt hat: 2016 wurde Berben von der Kosmetik-Marke L’Oréal Paris als Schönheits-Botschafterin verpflichtet – mit 65!

Wilde Liebe: Berben und Abi Ofarim († 80) waren in den 60er-Jahren ein Paar

Wilde Liebe: Berben und Abi Ofarim († 80) waren in den 60er-Jahren ein Paar

Dass das sämtlichen Wirtschaftsmagazinen eine Meldung wert war, freut Iris Berben noch heute. Jahrzehntelang habe in Deutschland Konsens geherrscht, „wie man als Frau auszusehen hat, was man zu tun und wie man sich zu verhalten hat“. Dagegen habe sie sich schon als junges Mädchen aufgelehnt.

Dreimal flog sie von der Schule, dann landete sie in der Hamburger Kunstszene. Die erste Schlagzeile? Mit 17 foppte sie die Schickeria der Hansestadt, kam mit Hut und großer Brille als vermeintliche Peggy Guggenheim zu einer Vernissage – sogar der damalige Bürgermeister fiel zunächst darauf rein.

Ihre Beweggründe damals? „Lust, Größenwahn und eine enorme Portion Chuzpe“, sagt Iris Berben heute.

1986: Berben mit Diether Krebs(† 52) in „Sketchup“

1986: Berben mit Diether Krebs(† 52) in „Sketchup“

Eigentlich wollte sie damals Jura studieren, doch als das Feuilleton über sie berichtete, ihre Mutter gleichzeitig aber entsetzt war, fand Iris Berben Gefallen an ihrer neuen Welt und merkte erstmals, „was Kunst alles kann“.

Sie war damals noch ein „verspieltes, suchendes Mädchen, ohne Schulabschluss, wollte Deutschland verändern“. Regeln waren für die junge Iris da, um gebrochen zu werden.

Kultrolle: Von 1994 bis2013 war Iris Berben (hiermit Hartmut Becker, † 83) im ZDF Ermittlerin„Rosa Roth“

Kultrolle: Von 1994 bis 2013 war Iris Berben (hiermit Hartmut Becker, † 83) im ZDF Ermittlerin„Rosa Roth“

Dass sie mal durch „Zwei himmlische Töchter“ zum Star und durch die ZDF-Krimireihe „Rosa Roth“ zur deutschen Film-Ikone wird?

„Ich habe wirklich nicht gewusst, wie meine Zukunft aussehen würde“, sagt Iris Berben heute. „Ich war nie auf einer Schauspielschule, bin nie einen Schritt nach dem anderen gegangen.“

Eine Strategie hatte Iris Berben nie, weder für ihre Karriere noch für ihr Privatleben. Als sie 21 war, kam Sohn Oliver, heute mächtiger Vize-Chef der Constantin Film, zur Welt. Ungeplant, aber geliebt vom ersten Moment an. Die Identität des Vaters schützt Iris Berben genau so sehr wie ihr Privatleben. Sie kocht gerne, liest und reist viel, besonders nach Portugal, dem Sehnsuchtsland ihrer Mutter.

Ansonsten möchte Iris Berben vor allem durch ihre Filme, ihre Lesungen und ihr Engagement – etwa im Kampf gegen Antisemitismus – wahrgenommen werden. Nur die Liebe zu ihrem Heiko kann sie selbst auf öffentlichen Veranstaltungen kaum verbergen.

Den ehemaligen Stuntman mit baum-dicken Oberarmen lernte Iris Berben 2007 bei Dreharbeiten kennen. Er bringt sie, die Rastlose, zum Innehalten. Ohne Trauschein. „Ich muss keinen Vertrag über ein Gefühl abschließen“, erklärte Iris Berben schon vor Jahren. Dieser Satz gilt bis heute.

Mai 2023: Iris Berben (72) auf dem roten Teppich beim Filmfestival in Cannes

Mai 2023: Iris Berben (72) auf dem roten Teppich beim Filmfestival in Cannes

Neben ihrem Beruf hat Iris Berben noch ein anderes großes Lebensthema: die Rechte der Frauen. „Ausgerechnet in unserer vermeintlich liberalen, sozial denkenden und häufig feministischen Branche sind wir Frauen weder gleichberechtigt in der Arbeit noch in der Bezahlung“, sagt sie. Daran habe sich auch durch all die Debatten, die seit Jahren geführt werden, nichts geändert.

Seit 55 Jahren ist Iris Berben im Filmgeschäft, zählt zu Deutschlands bekanntesten Schauspielerinnen. Star-Allüren sind ihr jedoch fremd. Am Flughafen schiebt sie ihr Gepäck selbst, ihre Zeitungen holt sie seit Jahren beim gleichen Berliner Kiosk um die Ecke.

„Mittlerweile beherrsche ich mein Handwerk“, sagt sie. Genug hat sie aber noch nicht. „Alles, was dazugehört, will ich noch weiter lernen. Ich bin noch lange nicht fertig. Nicht mit dem Job, nicht mit meinem Leben.“ Und gerade das feiert niemand so sehr wie Iris Berben.

Teaser-Bild

Dieser Artikel stammt aus BILD am SONNTAG. Das ePaper der gesamten Ausgabe gibt es hier.

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