Wirtschaft: Inflation bleibt in Österreich Dauerthema

18 Jan 2024

Wirtschaft

Die Inflation bleibt in Österreich ein Dauerthema. Im Vergleich zum Vorjahr ist das Leben in Österreich durchschnittlich um 7,8 Prozent teurer geworden. Das ist weit höher als in anderen Ländern in der Euro-Zone. Martin Hebertinger, Experte für Internationale Betriebswirtschaft, erklärt im „Vorarlberg heute“-Interview, warum das so ist.

Inflation österreich - Figure 1
Foto ORF Vorarlberg

Online seit gestern, 19.18 Uhr

ORF Vorarlberg: Herr Hebertinger, Österreich hat eine Jahresinflation von 7,8 Prozent. Ganz kurz noch zur Einordnung: Was bedeutet das jetzt?

Hebertinger: Dass im Durchschnitt im Laufe des einen Jahres die Lebenshaltungskosten um 7,8 Prozent angestiegen sind. Also alles, was wir bezahlen für den täglichen Bedarf an Lebensmitteln, Kleidung, aber auch an Energie, also nicht nur in der Wohnung, sondern auch im Fahrzeug und Mietverträge.

ORF Vorarlberg: Ich habe es angesprochen: Der EU-Schnitt der Jahresinflation liegt bei 5,4 Prozent. Wir sind da deutlich darüber. Was hat Österreich, was hat unsere Bundesregierung falsch gemacht?

Hebertinger: Ja falsch gemacht… Es gibt ein paar Sondereffekte, die in Österreich stärker durchschlagen wie in anderen EU Ländern. In Österreich ist der Dienstleistungssektor sehr stark, sowohl in der Gewichtung der Inflation als eben auch im Anstieg. Also wir merken es beim Restaurantbesuch, bei Hotelübernachtungen, die Indexierung von Mietverträgen, die kennt man nicht in allen europäischen Ländern. Und das sind mehrere Faktoren, die dafür Sorge tragen, dass Österreich leider Gottes im EU-Vergleich, im Eurozonenvergleich, eher an der Spitze der Inflationszahlen steht.

Martin Hebetinger im „Vorarlberg heute“-Interview mit ORF-Moderator David Breznik

ORF Vorarlberg: Hätte da die Bundesregierung möglicherweise mutiger sein müssen und beispielsweise bei den Lebensmittelpreisen, die ja auch ein Treiber der Inflation waren, stärker oder überhaupt eingreifen sollen?

Hebertinger: Markteingriffe sind in unseren Wirtschaftsformen immer das Allerletzte, was man tut. Die Strompreisbremse, die wir kennen, die kennen wir in verschiedenen europäischen Ländern, hat es hier in Österreich auch gegeben. Die hätte vielleicht größer ausfallen können, ja. Man hat sich in Österreich auch bewusst dafür entschieden, nicht in den Gaspreis mit einzugreifen. Andere Länder haben das gemacht. Das sind bewusste Entscheidungen, die man getroffen hat. Und ja, jetzt ist das Ergebnis da, insbesondere durch dieEnergiekosten. Ich würde es jetzt gar nicht so groß in der zweiten Jahreshälfte mehr sehen.

ORF Vorarlberg: Schauen wir auf Vorarlberg, es gelten natürlich auch diese 7,8 Prozent Jahresinflation. Ganz theoretisch: Wäre es möglich, dass sich Vorarlberg – wie auch immer – von dieser Entwicklung im Rest Österreich abkoppelt?

Hebertinger: Wir sehen es ja schon, dass es innerhalb der Europäischen Union sehr, sehr schwer ist. Wir zahlen alle mit der gleichen Währung, also sich da zu entkoppeln und dann auf einer Landesebene… Die Landesregierung müsste – ich phantasiere jetzt einmal – einen Vorarlberger Energiezuschuss definieren oder alle Vorarlberger müssten sagen: „Wir boykottieren jetzt einen Monat die Restaurants“. In der Hoffnung, dass dann dieser Anfrage-Wegebruch zu einer Angebotskorrektur führt. Ich will das aber jetzt nicht als einen Aufruf zum Boykott verstanden wissen.

Martin Hebertinger zur Inflation

ORF Vorarlberg: Aber so wäre es zumindest möglich, dass man an diesen Zahlen auch als kleines Bundesland etwas ändert.

Hebertinger: Denkbar, ja.

ORF Vorarlberg: Lassen Sie uns noch vorausschauen, 7,8 Prozent Jahresinflation für 2023. Gibt es da schon Prognosen, wie sich das für das heurige Jahr entwickeln wird? Werden wir weiterhin mit dieser Höhe rechnen müssen?

Hebertinger: Die 7,8 Prozent kommen zustande durch eine Inflation, die in den ersten Quartalen teilweise zehn, elf Prozent auf Monatssicht betrug. Im November Dezember war man bei 5,4 oder 5,5 Prozent. Mit dem gehen wir jetzt ins neue Jahr rein. Und deswegen denke ich, die Institute, die die Voraussetzungen, die die Prognosen gemacht haben für um die 4 Prozent liegen da durchaus realistisch. Also den Gipfel haben wir gesehen.

ORF Vorarlberg: Herr Hebertinger, schauen wir, was in einem Jahr sein wird. Ich sage vielen Dank für Ihren Besuch bei uns.

Hebertinger: Danke schön.

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