Dramatische Hochwasser-Lage in Tschechien, Polen und ...

3 Tage vor

Polen und Tschechien kämpfen mit den Folgen eines Jahrhunderthochwassers. In Niederösterreich ist die Lage nach starken Regenfällen kritisch. In mehreren EU-Ländern kamen Menschen wegen der Überschwemmungen ums Leben: Ein Feuerwehrmann starb in Österreich, ein Mann in Polen, sechs Menschen kamen in Rumänien um. Und auch im Osten Deutschlands müssen sich die Bewohner in den kommenden Tagen weiter auf steigende Pegelstände an den Flüssen einstellen. Der Überblick:

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Ausnahmesituation in Niederösterreich

Im österreichischen Bundesland Niederösterreich sind in der Nacht reißende Wasserfluten durch Straßen und Siedlungen gespült worden. Bei anhaltendem Regen gehen die Einsätze von Tausenden Rettungskräften unermüdlich weiter. Menschen müssen in Sicherheit gebracht und Dämme aus Sandsäcken aufgeschichtet werden, um Häuser und Keller zu schützen. Zwar ließ der Regen in einigen Regionen nachts etwas nach – aber Wetterdienste haben für Montag weitere schwere Niederschläge vorausgesagt. Ministerpräsidentin Johanna Mikl-Leitner sprach am Sonntag von einer „Ausnahmesituation, wie wir es noch nie erlebt haben“.

Der Wienfluss tritt im Westen der österreichischen Hauptstadt über die Ufer. | © HEINZ-PETER BADER

Das Bundesland um Wien ist vom Hochwasser so stark getroffen wie nie zuvor und komplett zum Katastrophengebiet erklärt worden. Am Stausee Ottenstein wird durch die Hochwasserklappen kontrolliert Wasser abgelassen. Das soll plötzliche Flutwellen verhindern, verschärft aber zunächst flussabwärts am Lauf des bereits angeschwollenen Flusses Kamp die dramatische Hochwasserlage. Anwohner und Tausende Freiwillige versuchten, ihre Häuser mit Sandsack-Wällen zu schützen.

In der Hauptstadt Wien wurde der Wienfluss von einem Rinnsal zu einem reißenden Strom. Dort ist das Hochwasser so hoch, wie es statistisch nur einmal alle 100 Jahre erwartet wird. Neuer Regen am Montag dürfte den Wienfluss weiter anschwellen lassen, weil er viele Zuflüsse aus anderen Hochwassergebieten hat, wie Wiens Bürgermeister Michael Ludwig sagte.

Auch einen Toten hat das Hochwasser bereits gefordert: Ein Feuerwehrmann war beim Auspumpen eines Kellers ums Leben gekommen. Hoffnung auf eine Entspannung der Lage besteht ab Dienstag. Dann wird ein Ende des Dauerregens erwartet.

Dieses Video erreichte die NW von einem Leser aus Niederösterreich:

Tschechien: Erster bestätigter Todesfall

In den Hochwasser- und Überschwemmungsgebieten in Tschechien ist weiterhin keine Entspannung in Sicht. Die Flutwelle an der March erreichte Litovel, knapp 200 Kilometer östlich von Prag. Dort standen ganze Straßenzüge unter Wasser, wie die Agentur CTK berichtete. Die Behörden der Kleinstadt mit knapp 10.000 Einwohnern appellierten an die Bevölkerung, die Einsatzkräfte nicht zu behindern.

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Auch an vielen anderen Orten stiegen die Pegelstände noch an. Für die Gegend um die Stadt Frydlant in Nordböhmen wurde eine Gefahrenlage ausgerufen. In Hradec Kralove an der Elbe galt nun die höchste Hochwasser-Alarmstufe. In Usti nad Labem nahe der Grenze zu Sachsen sollten im Laufe des Tages weitere Hochwasser-Schutzwände errichtet werden, die das Zentrum und den Stadtteil Strekov schützen sollen. Der Scheitelpunkt der Elbe wird dort erst am Mittwoch bei rund 7,65 Metern über dem Pegel-Nullpunkt erwartet.

Mittlerweile hat es im Land den ersten bestätigten Todesfall gegeben. Die Behörden sprachen zudem von mindestens sieben Vermissten. Ein Mensch sei in dem kleinen Fluss Krasovka im Bezirk Bruntal im östlichen Landesteil Mährisch-Schlesien ertrunken, sagte Polizeipräsident Martin Vondrasek im öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

Ein Drohnenbild zeigt die Hochwassersituation im tschechischen Bezirk Ostrava-Koblov. | © Sznapka Petr

Besonders dramatisch ist die Situation in der tschechischen Stadt Krnov, die am Sonntag fast komplett überflutet worden ist. Der stellvertretende Bürgermeister Miroslav Binar sagte der Agentur CTK zufolge, dass geschätzt 70 bis 80 Prozent des Stadtgebiets unter Wasser stünden. Für eine Evakuierung sei es nun zu spät. Die Kommune sei nicht mehr in der Lage, die Hilfe für die Bürger zu organisieren. Man stehe daher im Kontakt mit der übergeordneten Verwaltungsregion Mährisch-Schlesien. Die Lage sei schlimmer als bei der Flutkatastrophe von 1997.

In Krnov, das rund 240 Kilometer östlich von Prag liegt und knapp 23.000 Einwohner hat, vereinen sich die Flüsse Opava und Opavice. Hubschrauber waren im Einsatz, um Menschen in Not aus der Luft zu retten. Kritisch war die Situation auch an vielen anderen Orten im Osten des Landes, etwa in den Städten Opava und Ostrava. Landesweit galt an mehr als 120 Pegel-Messstationen die höchste Hochwasser-Alarmstufe. An mehr als 50 Stationen wurde sogar ein Jahrhunderthochwasser gemeldet. Im ganzen Land wird am Montag mit weiterem Regen gerechnet, der im Süden auch intensiv ausfallen kann.

Die Regierung in Prag will deshalb nun zusammenkommen, um über finanzielle Hilfen für Betroffene zu entscheiden. Der tschechische Präsident Petr Pavel rief zu Spenden für die Hochwasser-Opfer auf. Er merkte an, dass die am stärksten betroffenen Gebiete wie um Jesenik im Altvatergebirge und Frydlant in Nordböhmen zugleich einige der ärmsten Regionen des Landes seien.

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Polen: Staudamm gebrochen

Nach dem Bruch eines Staudamms im Schneegebirge an Polens Grenze zu Tschechien hat sich die Situation in der Kleinstadt Klodzko weiter verschärft. Eine neue Flutwelle habe den Ort erreicht, sagte Bürgermeister Michal Piszko der Nachrichtenagentur PAP. Die Glatzer Neiße, ein Nebenfluss der Oder, habe nun bei Klodzko einen Pegelstand von 6,84 Meter. Üblich ist ein durchschnittlicher Wasserstand von etwa einem Meter, wie ein Sprecher der Feuerwehr sagte.

Polen leidet unter dem Hochwasser: Am Fluss Neiße ist der Pegel dramatisch gestiegen. | © picture alliance/dpa/PAP

In einigen Straßen der Stadt stehe das Wasser anderthalb Meter hoch, sagte der Bürgermeister weiter. Gebirgsjäger der polnischen Armee seien mit Booten unterwegs, um Bürger zu retten, die vor dem Wasser in den zweiten oder dritten Stock ihrer Häuser geflohen seien. In dem Ort mit 26.000 Einwohnern, der hundert Kilometer südlich von Breslau (Wroclaw) liegt, gibt es keine Wasserversorgung mehr. Auch das Gas werde bald abgestellt, sagte der Bürgermeister. Im Dorf Krosnovice unweit von Klodzko kam nach Polizeiangaben ein Mann ums Leben. Die Polizei könne ihn nicht bergen, da der Ort überflutet sei.

Zuvor war im niederschlesischen Stronie Slaskie ein Staudamm gebrochen. Das Wasser fließt nun von dort über den Fluss Biala Ladecka in die Glatzer Neiße.

Polens Regierungschef Donald Tusk sagte den von der Flut geschädigten Bürgern finanzielle Hilfen zu. Seine Regierung werde dazu Unterstützung bei der EU beantragen, schrieb Tusk auf X.

Rumänien: Sechs Tote bei Überschwemmungen

Wegen Starkregens und schweren Überschwemmungen sind im südosteuropäischen EU-Land Rumänien mindestens sechs Menschen gestorben. Im Kreis Galati in der östlichen Region Moldau werden außerdem noch zwei Menschen vermisst, wie das Nachrichtenportal „hotnews.ro“ unter Berufung auf das Innenministerium berichtete.

Die Wassermassen erreichten in den meist abgelegenen Ortschaften eine Höhe von bis zu 1,7 Metern, hieß es in den Berichten weiter. Menschen seien auf Hausdächer geklettert, um nicht von den Fluten mitgerissen zu werden. Hunderte Feuerwehrleute seien im Einsatz. Verursacht wurde das Unwetter von Zyklon „Boris“, der noch vor drei Tagen über der Adria gewütet und vor allem in Kroatien Überschwemmungen nach sich gezogen hatte.

Sachsen: Dresden erwartet Alarmstufe 3

Auch im Osten Deutschlands steigen die Wasserstände, obgleich sich die Lage dort bislang weniger dramatisch darstellt. Am Montagmorgen lag der Wert in Dresden an der Elbe bei 5,54 Metern. Es wird damit gerechnet, dass der Richtwert der Alarmstufe 3 (6,00 Meter) im Tagesverlauf erreicht wird. Die Stadt hatte am Sonntagabend bereits Alarmstufe 2 ausgerufen. Zum Vergleich: Der Normalstand der Elbe beträgt am Dresdner Pegel rund 2 Meter, beim Jahrhunderthochwasser 2002 waren es am Höhepunkt 9,40 Meter.

Am Pegel Görlitz an der Lausitzer Neiße und am Pegel in Schöna an der Elbe wurden laut Landeshochwasserzentrum mittlerweile der Richtwert der Alarmstufe 3 erreicht. Ein Abschnitt der Bundesstraße 99 sei in Görlitz aus Sicherheitsgründen gesperrt worden, sagte ein Sprecher der Polizei.

Alarmstufe 2 bedeutet unter anderem mögliche Überflutungen von Grünflächen und die Alarmierung zusätzlicher Einsatzkräfte, bei Stufe 3 sind Überschwemmungen auch von bebauten Gebieten möglich.

Bayern: Weiterer Regen erwartet

In Bayern bleibt die Hochwasserlage zwar angespannt. Schlimmer als jetzt wird es aber wohl nicht mehr, prognostizierte der Hochwassernachrichtendienst (HND) Bayern am Sonntag. Bis Dienstag werde es vor allem im Süden und Südosten des Freistaats teils ausdauernd regnen.

Wegen der Erderwärmung gibt es in vielen Regionen häufiger und öfter extremes Wetter. Zu den Folgen gehören auch Überflutungen. (dpa/AFP)

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