Der Künstler und Publizist Hermes Phettberg, mit bürgerlichem Namen Josef Fenz, ist tot. Das teilte sein Wegbegleiter Hannes Moser am Mittwoch via Facebook mit. Er wurde 72 Jahre alt. Legendär wurde Aktionskünstler, Schauspieler und Autor Phettberg durch seine „Phettbergs Nette Leit Show“ Mitte der 1990er Jahre. Öffentlich bekannt wurde er mit kontroversen Kunstaktionen („Verfügungspermanenzen“) gemeinsam mit Walter Reichl im Rahmen von „ErotiKreativ“ im WUK. In der Theatergruppe „Sparverein Die Unz-Ertrennlichen“ spielte er in den 1990er-Jahren rund um Kurt Palm verschiedene Rollen, ab 1992 schrieb Phettberg seine wöchentliche Kolumne in der Wiener Wochenzeitung „Falter“.
Politisch engagiert war der gebürtige Niederösterreicher ebenfalls. Nach eigenen Angaben trat er mehrmals der ÖVP bei und war von 1982 bis 1989 Kanzlist im Amt der niederösterreichischen Landesregierung. Im Mai 2018 gab er via Twitter bekannt, nun SPÖ-Mitglied zu sein.
Phettberg wurde am 5. Oktober 1952 in Hollabrunn geboren. Der Sohn von Weinbauern arbeitete zunächst als Bankangestellter, bevor er nach einer theologischen Fortbildung Pastoralassistent in der Erzdiözese Wien wurde. In Wien fand er zur Kunst: Mitte der 80er-Jahre war er Mitbegründer des Vereins „Libertine Sadomasochismusinitiative Wien“ und des Projekts „Polymorph Perverse Klinik Wien“. Öffentlich bekannt wurde er mit sadomasochistischen Kunstaktionen (wie seinen „Verfügungspermanenzen“) gemeinsam mit Walter Reichl im Rahmen von „ErotiKreativ“ im WUK.
„Phettbergs Nette Leit Show“ war kurzlebigIn der Theatergruppe „Sparverein Die Unz-Ertrennlichen“ rund um Kurt Palm spielte er ab Anfang der 90er-Jahre verschiedene Rollen, seit 1992 schrieb Phettberg seine wöchentliche „Falter“-Kolumne. Ab Ende 1994 begrüßte er schließlich in „Phettbergs Nette Leit Show“ verschiedene Prominente, darunter etwa Marcel Prawy, Hermann Nitsch, Manfred Deix oder Josef Hader. Erst als Bühnenshow, dann im TV. Dort etablierte sich Phettberg österreichweit als Kultfigur. Dabei lief das Format eigentlich nicht sehr lange: Von 1995 bis 1996 wurden drei Staffeln mit insgesamt 18 Folgen im ORF ausgestrahlt.
Gemeinsam mit Kurt Palm gab er 1996 das Buch „Frucade oder Eierlikör“ mit Interviews und Monologen aus der Show heraus. 2003 und 2004 strahlte ATV die Sendung „Beichtphater Phettberg“ aus.
Doku „Hermes Phettberg, Elender“Phettberg erhielt 1993 den Franz-Grillparzer-Preis der „Anonymen Aktionisten“ und 2002 den Preis der Stadt Wien für Publizistik. Der damalige Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) nannte Phettberg einen „radikalen und subjektiven Beobachter des Wiener Alltagslebens“, mit seiner „Nette Leit Show“ habe er Kulturgeschichte geschrieben. 2007 hatte Phettberg zum wiederholten Mal einen Schlaganfall erlitten und kämpfte seither mit gesundheitlichen Problemen. Im selben Jahr widmete ihm sein Freund und Förderer Kurt Palm den Dokumentarfilm „Hermes Phettberg, Elender“, in dem die beiden das Leben der einstigen bunten Wiener Szenefigur im Zwiegespräch Revue passieren lassen.
Mit seinem Freund und Entdecker Kurt Palm machte er den Film „Hermes Phettberg, Elender“ APA / Comyan / Apa
Mit „Garten der Lüste“, einer öffentlichen Fesselungsaktion im Rahmen der „Wienwoche“ sorgte er 2012 für Aufregung, im selben Jahr erschien im Sensationsverlag das Künstlerbuch „Alles Erschreckliche! Ausgewählte Texte“. Als im Sommer 2013 die mit dem Max-Ophüls-Preis 2012 ausgezeichnete Schwarz-Weiß-Doku „Der Papst ist kein Jeansboy“ von Sobo Swobodnik über Phettbergs Alltag im Wiener Stadtkino an 28 Abenden gezeigt wurde, wohnte der Protagonist trotz Gehbehinderung jeder einzelnen Vorführung bei.
Aus den Einträgen in sein „Gestionsprotokoll“ jener Zeit machte Walter Fröhlich eine Graphic Novel: 2015 erschien „Blue Jeans. Der Phettberg-Comic“ abseits des Buchmarktes, finanziert durch eine Crowdfundingaktion. Ebenfalls 2015 spielte Phettberg in dem Spielfilm „A Perception“ des deutschen Regisseurs Daniel Pfander mit.
„Voller Humor und mit der Neugier eines Kindes“Zum Ableben äußerte sich auch Kulturminister Werner Kogler (Grüne) via X: „Radikal und rücksichtslos, mit seinem Körper und seinem gesamten Leben, leidend und verzweifelnd und dennoch voller Humor und mit der unbezwingbaren Neugier eines Kindes hat er die dunklen Seiten unseres Landes zum Schwingen gebracht. Ruhe in Frieden, Hermes Phettberg.“ (red.)