Adieu, Hermes Phettberg!
Hermes Phettberg ist tot. Wir sind traurig. Ein Nachruf
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Adieu, Hermes!
19. Dezember 2024 · Sie starten in den Tag mit Florian Klenk
Hermes Phettberg, als Kolumnist ein Falter-Urgestein, ist gestern im Alter von 72 Jahren gestorben: Ein Nachruf >> In Nussdorf tauchen seit einiger Zeit immer mehr politisch aufgeladene Sticker auf – darunter auch besonders unangenehme rechtsextreme. Wer steckt dahinter? >> Beisl-Rückblick: Fünf Lokale, die bleiben dürfen >> Der Fassadenleser über ein schlichtes, aber sehr interessantes WohnhausWetterkritik: In der Früh gibt's erstmal eine ordentliche Nebelsuppe, zu Mittag ein paar Scheibchen Sonne und am Abend deftige Wolken-Knödel. Das schmeckt Ihnen nicht? Wenigstens wird das Ganze mit bis zu acht Grad nicht eiskalt serviert.
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Am Dienstag war er nicht zur Falter-Weihnachtsfeier gekommen. Das erste Mal. Spätestens da wussten wir, dass es diesmal wirklich ernst um ihn stand. Einige, die ihn kannten und ihn besuchten, flüsterten es uns zu, dass er möglicherweise bald sterben würde: Hermes Phettberg, unser Kolumnist, der Exzentriker, Literat, Intellektuelle, der „Elende in Wien“. Gestern Abend erhielten wir dann tatsächlich die Todesnachricht. Und so endet dieses Jahr für uns mit einer großen, persönlichen Traurigkeit.
Dann nimmt Sie meine Kollegin Viktoria Klimpfinger noch ins beschauliche Nussdorf mit, wo seit geraumer Zeit stechen politische Sticker an Straßenlaternen und Verkehrsschildpfosten förmlich ins Auge stechen. Besonders, wenn man näher hintritt und ihren rechtsextremen Inhalt erkennt. Gar nicht schön. Wir haben uns auf Spurensuche begeben. Florian Holzer blickt auf fünf Lokale zurück, die hoffentlich bleiben werden, und Fassadenleser Klaus-Jürgen Bauer betrachtet ein Wohnhaus von Richard Modern.
Einen schönen Tag wünscht
Florian Klenk
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Ein Befreiter und Gefangener zugleichZum Tod von Hermes Phettberg (1952 – 2024)
Er wirkte unsterblich, trotz oder gerade wegen seines geschundenen Körpers. Die letzten Jahre hatten ihn Sanitäter zur Weihnachtsfeier oder zum Ganslessen beim Kierlinger gebracht, 300 Euro hatte ihn der Krankentransport jedesmal gekostet, wie er uns erzählte. Aber er wollte dabei sein, uns sehen und ja, auch spüren. Er schwärmte nicht nur von den „Jeansboys“ in der Redaktion, von denen er sich gerne auspeitschen lassen wollte, wie er scherzte. Er hielt einem in einem stillen Moment auch einfach die Hand und murmelte Worte, die wegen mehrerer Schlaganfälle nur schwer zu verstehen waren. Aber es waren kluge Worte, überlegt und mit bedacht gewählt. Hermes Phettberg war ein Mann der Sprache, ein Verdichter und Dichter. Früher war er der Star unserer Weihnachtsfeier gewesen. Er zog traditionellerweise die Sieger der Falter-Tombola.
© Andrea Maria DuslEr war bis zuletzt klar im Kopf, nur sein geschundener Körper konnte nicht mehr mit, er hing in seinem Rollwagen. Seine „Gestionen“, die wöchentlichen Predigtdienste brachte er in den letzten Jahren nur mit Hilfe seines Lebensmensch „eze“ zu Papier. Sie waren ihm wichtig, sie strukturierten sein Leben. Nun ist es zu Ende.
72 Jahre wurde Hermes Phettberg alt. Mit ihm nimmt eine Wiener Persönlichkeit Abschied, die vor allem in den 1990-er Jahren Berühmtheit erlangte. Josef Fenz, wie er mit bürgerlichem Namen hieß, wurde 1952 als Sohn einer Weinbauernfamilie im niederösterreichischen Unternalb geboren. „Meine Mama wollte, dass ich Priester werde, ich wollte wichsen ohne Ende“, erzählte er dem Falter-Reporter Lukas Matzinger im Gespräch für ein Porträt zum 70er. Phettberg war Ministrant, ÖVP-Mitglied, Raiffeisen-Angestellter, Pastoralassistent und Kanzlist der Niederösterreichischen Landesregierung.
Mit 37 Jahren trat er wegen Fettsucht und Depressionen in Berufsunfähigkeitspension. Er nannte sich Phettberg, ließ sich auf Toilettenanlagen demütigen, gekleidet in Lack und Leder. Er war Mitbegründer des Vereins Sadomasochismusinitiative Wien und des Projektes Polymorph Perverse Klinik Wien. Bei Regenbogenparaden ließ er sich peitschen oder Zeitung lesend über den Wiener Ring kutschieren. Phettberg war eine Zumutung, weil Befreiter und Gefangener zugleich.
Er spielte in der Theatergruppe „Sparverein ›Die Unz-Ertrennlichen‹ um den Regisseur Kurt Palm, der mit ihm und für ihn die Talkshow „Phettbergs Nette Leit Show“ erdachte. Nur kurz war ihm so etwas wie Glück und Ruhm beschieden. In seiner Bühnenshow zeigte der „Antistar“ (wie ihn der Theaterkritiker Wolfgang Kralicek nannte), wie lustig, wie klug und gewitzt Fernsehen sein kann. Er parlierte bei „Eierlikör oder Frucade“ mit Marcel Prawy, Manfred Deix, Edith Klinger, Hermann Nitsch oder Armin Thurnher. Er brachte Wiener Persönlichkeiten und Wiener Typen mit charmanten, tiefsinnigen aber auch wirklich lustigen Gesprächen zum Erzählen (eine Folge mit Armin Thurnher sehen sie hier). Die Sendereihe war eine Sternstunde des ORF, ehe sie 1996 abgesetzt wurde.
Die Wiener Boheme, die Phettberg so begeistert zujubelte, vergaß ihn bald wieder, mit Ausnahme von ein paar Vertrauten, die sich aufopfernd um ihn sorgten. Er nahm ab, er nahm zu. Er vereinsamte, verkümmerte, verarmte. Immer wieder besuchten ihn Journalisten und fotografieren und interviewten ihn in seinem Elend und seinem körperlichen Verfall. Die Kränkung seines Lebens sei nicht das Ende seiner Bildschirmfigur gewesen, sondern dass ihn nie jemand lieben wollte, erzählte er dem Falter. „Er versteht aus seiner Weltverzweiflung funkelnde literarische Kleinodien zu fertigen“, schrieb Falter-Herausgeber Armin Thurnher einmal.
Bis zuletzt lehnte Phettberg es ab, seine Wohnung zu verlassen. Ein Platz im Altersheim kam nicht in Frage. „Nur als Leiche bringen sie mich aus dieser Wohnung!“, beteuerte er. Dann verließ er die Wohnung doch für einen Spitalsaufenthalt. Gestern ist unser Kolumnist in der Klinik Ottakring verstorben, nur wenige Stunden nach Erscheinen seiner letzten Kolumne. Darin schreibt er: „Zu Weihnachten hätte ich gern ein Gulasch…”
Adieu, lieber Hermes, adieu!
PS: Die gesammelten Kolumnen von Hermes finden Sie hier, frühe Predigtdienste in Buchform unter faltershop.at.
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StadtnachrichtenGestern ging der Prozess gegen Ex-BVT-Chefinspektor Egisto Ott und Ex-FPÖ-Politiker Hans Jörg Jenewein in die dritte Runde, allerdings ohne Jenewein, der war gesundheitlich verhindert. Zur Erinnerung: Ott soll im Auftrag von Jenewein einen anderen Beamten dazu angehalten haben, Namen von Teilnehmenden eines Treffens europäischer Nachrichtendienste zu beschaffen. Auch auf die Mitglieder der „Soko Tape”, die in der „Causa Ibiza” ermittelte, soll Jenewein Ott angesetzt und ihm als Mitarbeiter beim Ibiza-U-Ausschuss Bilder einiger Auskunftspersonen geschickt haben.
Nunmehr stand die „Soko Tape” im Mittelpunkt. Die beiden Zeugenbefragungen brachten kaum neue Erkenntnisse, lieferten dafür aber einige bonmots: Zuerst ist der Leiter und derzeitige Direktor des Bundeskriminalamts Andreas Holzer geladen. Er sagt aus, mit der Zusammenstellung einer Sonderkommission betraut worden zu sein, um in der Ibiza-Affäre zu ermitteln. Immer wieder hängt die Frage nach einer politischen Agenda hinter der Soko Tape im Raum. Auf die Frage von Otts Verteidigung, ob er selbst Mitglied einer Partei sei, antwortet Holzer schließlich genervt: „Ich bin Mitglied beim Skiverband, sonst nirgends.”
Als zweiter Zeuge tritt ein suspendierter ehemaliger BVT-Beamter auf, gegen den selbst Verfahren laufen. Bei ihm hat sich Ott nach den Namen hinter der „Soko Tape" erkundigt, in großer Hartnäckigkeit, wie aus dem verlesenen Chatverlauf zwischen den beiden hervorgeht. Warum er überhaupt mit Ott zusammengearbeitet habe, wo er dienstlich gar nicht involviert war? „Des mochn Kiwara so.” Die „Soko Tape” nennt er „vermeintliche Sonderkommission”, „Wahnsinnspartie” und schießt nach: „Das sind nicht die hellsten Kerzen auf der Torte, die dort hingegangen sind.” Ott lacht. Am Ende will er selbst noch ein Statement abgeben. Seine Verteidigung wirkt nervös, tippt ihm auf die Schulter. Ott gibt doch kein Statement ab. Weiter geht es im nächsten Jahr, vermutlich im Februar.
Wer sich schon öfter gefragt hat, was es mit dem „Coco-Taxi" auf sich hat, das in ganz Wien als Graffiti auftaucht, weiß es jetzt: Es handelte sich um die unverfrorene Werbung für ein Kokain-Taxi (ähnliche Modelle gibt es übrigens seit Jahren auch in Berlin): Die Dealer fuhren mit Taxis ihre Kundschaft an, abgewickelt wurde der Deal dann auf der Rückbank während der Fahrt. Die Lenker, die eingeweiht waren, bekamen Trinkgeld für ihr Schweigen. Seit 2019 war der Drogenring aktiv, die Polizei hat ihn zerschlagen.
Falter-Radio Rück- und Ausblick: Das war 2024. Und wie wird 2025? - #1282Warum der Höhenflug der Freiheitlichen die demokratischen Parteien in Bedrängnis bringt, was die Nationalratswahl und die Landtagswahlen in Österreich ausgelöst haben und welche Realitäten die Satirebeilage „Best of Böse“ aufzeigt: Darüber diskutiert natürlich auch die Falter-Redaktion.
In dieser Folge unseres Podcasts hören Sie politische Analysen und Einschätzungen zum Jahresende von Florian Klenk, Eva Konzett und Nina Horaczek.
StadtgeschichtenIn einer beschaulichen Wohngegend am Rand der Weinrieden von Nussdorf führen Rechte und Linke einen Schlagabtausch mit Polit-Pickerln. Wer steckt dahinter?
Begonnen hat laut einer Anrainerin alles, als in Nussdorf Sticker mit einem fremdenfeindlichen Motiv auftauchten – ein Flugzeug, das einen in rechten Kreisen inflationär verwendeten Begriff hinter sich herzieht: „Remigration”.
Wenig später wurden die Sticker überklebt. Unter anderem mit dem Slogan „Cabybaras gegen rechts” (Cabybaras sind Riesenmeerschweinchen) der SJ und Pickerln der „Antifaschistischen Aktion” sowie der „Antifaschistischen Bergfreund*innen”. Letztere reimten durchaus elegant: „Nussdorf ist dreierlei: Wandern, Wein & Nazi-frei!”
Worauf die rechten Sticker erst so richtig Fahrt aufnahmen. Auf manchen liest man jetzt in Frakturschrift „Unser Nußdorf bleibt patriotisch, rechts & zeckenfrei”, auf anderen im Stil des Refugees-Welcome-Motivs „Martin Sellner is Welcome”. Auf wieder anderen fliegt ein Flugzeug über die Schriftzüge „For a white Austria” und „Remigration”, weiße Blockbuchstaben schreien „WEISS IST BUNT GENUG”. Einige davon wirken eher laienhaft, als hätte sich jemand auf dem privaten Laptop mit WordArt gespielt, besonders jene mit explizitem Nussdorf-Bezug. Die meisten Sticker der linken Fraktion sind relativ eindeutig verschiedenen Organisationen zuzuordnen.
Einer der vermutlich selbstgemachten Sticker in Nussdorf © privatDas ist bei den rechten Stickern viel seltener der Fall. Manche lassen sich zum Webshop eines Vereins zurückverfolgen, der sich selbst als „Deutschlands größtes patriotisches Bürgernetzwerk” bezeichnet und vom dortigen Verfassungsschutz als rechtsextrem eingeordnet wird. Andere wenige verweisen auf eine Website, ganz klein, am unteren Rand. Sie führt zu einer identitären Splittergruppe in Wien.
Wer die Sticker hergestellt und wer sie aufgeklebt hat, sind natürlich zwei verschiedene Paar Schuhe. Aufkleben ist eine ungemein anonyme Praxis, etwa im Vergleich zu Graffiti-Sprayen. Dennoch: Sollte jemand diese Sticker selbst gedruckt haben (wonach die rechten Sticker aussehen), liegt die Schlussfolgerung nahe, dass diese Person sie auch aufgeklebt hat und vermutlich in der Nähe wohnt. Besonders bei so einem engen geografischen Bezug wie Nussdorf. Auch eine Nachfrage beim Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes (DÖW) ergibt, dass es sich wohl um eine Einzelperson handelt, die ihren politischen Auftrag im Guerilla-Stickern sieht.
Wobei sich manche der rechten Aufkleber scheinbar widersprechen: „Die meisten dieser Sticker wirken eher neonazistisch, und Neonazis sind im Allgemeinen keine Sellner-Fans”, sagt Bernhard Weidinger vom DÖW. Überzeugte Neonazis halten nicht viel von den Identitären – sie veräppeln die rechte Konkurrenz als „Paytrioten” und „Bettelmafia”, weil die Identitäten exzessiv Spenden sammeln. Sellner ist für sie ein Sell-out. Einige der Sticker kennt man beim DÖW bereits, jene mit konkretem Nussdorf-Bezug sieht man dort infolge der Falter.morgen-Anfrage aber zum ersten Mal. Eine rechtsextreme Zelle oder ein Treffpunkt ist dem DÖW in Nussdorf jedenfalls nicht bekannt.
Schaut man sich etwas genauer um am rechten Rand, stößt ein Fall ins Auge, der vielleicht nicht in direktem Zusammenhang mit den Stickern steht, aber im selben politischen Fahrwasser schwimmt und geografisch naheliegt. Im Rahmen eines Kunstprojekts wurden im November in Wien Porträts von Menschen mit verschiedenen Migrationsgeschichten affichiert – unter anderem auch in Döbling. Wenig später waren sie verschwunden. Und eine „Döblinger Heimwehr” bekannte sich dazu, die „linksradikalen Plakate” entfernt zu haben und die Kosten für die Entsorgung der „(ebenso) linksradikalen Stadt Wien zuzuführen”. Die „Beamten” der „Heimwehr” seien informiert und würden künftige Plakatserien ebenfalls „im Sinne der Heimatpflege” entfernen. Um eine offizielle Organisation handelt es sich dabei wohl kaum, Absender der Nachricht ist – auch in diesem Fall – eine Einzelperson, die eine entsprechende Falter.morgen-Anfrage bis dato nicht beantwortet hat.
Also hat sich der Falter.morgen im Grätzel umgehört: Bei einem Verein, der sich der Heimat- und Geschichtsforschung des Bezirks verschrieben hat, hat man noch nie von einer angeblichen „Döblinger Heimwehr" gehört. Rechte Sticker habe man bisher keine gesehen: „Die einzigen Sticker, die hier massenweise kleben haben den Aufdruck ‚ANTIFA’, also keine Sorge, der 19. Bezirk ist fest in links-marxistischer Hand ;)", antwortet eine Person (die namentlich nicht bekannt ist) aus dem Verein auf Falter.morgen-Anfrage.
Das stimmt so allerdings nicht. Bei der Nationalratswahl hat Döbling überwiegend konservativ gewählt mit der ÖVP an erster, der SPÖ an zweiter und der FPÖ an dritter Stelle. Dieses Verhältnis spiegelt sich auch in den Wahlsprengeln, zu denen die bevorzugt beklebten Gassen in Nussdorf gehören.
Gegen das Verbotsgesetz verstößt übrigens keiner der betreffenden Sticker. Und auch Verhetzung ist nur dann zu ahnden, wenn sie sich gegen eine bestimmte Gruppe richtet. Sollte man den Täter also ausfindig machen, droht ihnen – links oder rechts – höchstens eine Verwaltungsstrafe. Bezirksvorsteher Daniel Resch (ÖVP) zeigt sich dennoch alarmiert. Auch er hat durch die Falter.morgen-Anfrage zum ersten Mal von den Stickern gehört und die Sache bereits den zuständigen Behörden gemeldet, um sie entfernen zu lassen.
Dessen dürften sich inzwischen auch einige Anrainer angenommen haben – mal mehr, mal weniger erfolgreich. Viele der rechten Sticker sind zerkratzt, teilweise abgerissen und mit neuen Stickern aus dem linken Spektrum überklebt.
Lokaltipps Douze PointsFünf Lokale, von denen wir hoffen, dass es sie noch länger geben wird als bloß in diesem komischen Jahr
Seit Februar gibt es im Cucina Itameshi italo-japanische Fusionsküche © Sandra JedliczkaComal Sie ist wieder da! Juhu! Maria Báez hatte während der Lockdowns mit grandiosen Tacos gute Stimmung verbreitet. Dann machte der kleine Laden in der Josefstadt zu und alle waren traurig. Mit Jahresanfang übernahm sie aber eine ehemalige Gourmet-Hütte, bietet hier jetzt Weltklasse-Tacos, Drinks und sogar echtes Essen.
Cucina Itameshi Dass es den Dogenhof mit seinem Konzept, über offenem Feuer zu kochen, aufgestellt hat, ist schade. Aber manchmal kommt Besseres nach – in diesem Fall die Mochi-Leute, die da eine italo-japanische Fusionsküche vorlegen, die wirklich gut funktioniert.
Das Essen FM Ums Essen geht es eher selten, wenn von aus der Ukraine Geflohenen die Rede ist. Hier schon: Ivan Vaki hatte bereits in der Ukraine ein Lokal, übernahm in Wien ein Beisl und legt hier ukrainische Hausmannskost hin, bei der einem die Tränen einschießen, so gut.
Das Steindl Das Gasthaus Steindl war das schönste, unbekannteste Gasthaus Wiens. Im Juni machte es zu und schien verloren. Stammgast Philipp Gaier trommelte ein Team zusammen, das es wiedereröffnete. Renoviert wurde mit Bedacht, gekocht werden Reisfleisch und Bröselkarfiol.
Rosi Und kurz darauf gleich die nächste tolle Gasthaus-Rettung: Till Wörner, junger Ex-Steirereck-Mann, und Emanuela Ndue übernahmen das alte Gasthaus Herzog und machten daraus ein extrem schönes Neo-Beisl, das moderne, auf Gemüse fokussierte Bistronomy-Küche bietet.
Die gesamte Lokalkritik von Florian Holzer finden Sie hier.
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Viel Glück und frohe Feiertage!
Auflösung von gestern: Auf den 14 Adventmärkten in Wien gibt es insgesamt 796 Standln (nicht 190 oder 352).
Events des TagesEine Einstimmung aufs Fest mit Armin Thurnher – das kommt dann doch ein wenig überraschend. Inhaltlich scheint bei seiner Lesung von politischen Essays bis zu weihnachtstauglichen Rezepten einiges möglich. „Der Abend verspricht eine interessante Mischung aus Wunder- und Überraschungstüte zu werden“, heißt es vom Veranstalter. Der Reinerlös kommt dem Flüchtlingshilfeprojekt des Gleis 21 zugute. (Sebastian Fasthuber)
Gleis 21, 19.00
Lesung 2In ihrem stark autobiografisch geprägten Roman „Vierundsiebzig“ versucht Ronya Othmann, eine Sprache und Form für das Unaussprechliche zu finden. Es geht um den Genozid an der jesidischen Bevölkerung, verübt 2014 in Shingal von Terroristen des IS, bei dem systematisch gemordet und vergewaltigt wurde. Die deutsche Autorin und Journalistin wurde 1993 als Tochter einer Deutschen und eines aus Nordsyrien vertriebenen kurdischen Jesiden geboren, sie schreibt Lyrik, Prosa und Essays. Ihre Erzählperspektive ist durch die Herkunft einerseits eingebunden, gleichzeitig beobachtet sie aus der Sicht der aufgeklärten Westlerin. Othmann liest und spricht im Rahmen der Reihe „Trojanow trifft“ mit Ilija Trojanow. (Sebastian Fasthuber)
Alte Schmiede, 19.00 (Eintritt frei)
MusikNorbert Trummer (Stimme, Ukulele, Akkordeon) und Klaus Tschabitzer (Stimme, Banjo, Dobro, Perkussion) machen als Duo Hirsch Fisch gemeinsame Sache – und klingen verführerisch eigenwillig. Zu einer Art Austro-Americana-Folklore singen sie Mundart-Songs, mal schwermütig, mal ausgelassen, dann wieder lakonisch. Das große Weltgeschehen ist ihre Sache nicht, die Lieder handeln etwa von Zahnbürsten, Glasscherben und kleinen Sehnsüchten.
Kunsttankstelle Ottakring, 20.00
BuchtippBarbi Marković: Piksi-Buch
Das neue Werk von Barbi Marković ist nur etwas größer dimensioniert als ein Pixi-Buch und heißt auch beinahe so. Als die serbisch-wienerische Autorin Ende März mit „Minihorror“ den Preis der Leipziger Buchmesse gewann, erzählte sie, gerade an einem Fußballtext zu arbeiten. Es war kein Scherz.
Als Namensgeber stand der ehemalige jugoslawische Kicker Dragan „Piksi“ Stojković Pate, der heute die serbische Nationalmannschaft trainiert. In dem mit autobiografischen Einsprengseln, die die Autorin jedoch immer wieder gekonnt ins Fantastische überhöht, durchsetzten Text lernen wir die kleine Barbi auf dem Fußballplatz kennen. Hier verbringt sie viel Zeit, ist doch ihr Vater Superfan des Belgrader Akademischen Sportklubs (BASK). Dieser ist so geschichtsträchtig wie mittlerweile unbedeutend, er spielt aktuell in der dritten Liga Serbiens.
Es geht in dem Text aber nicht um konkrete Kicker oder Clubs, sondern um das System Fußball – um Fantum (echtes und fehlgeleitetes), Langeweile, Gewalt und Nationalismus. Via Fernsehen verfolgt Barbi Marković im Mai 1990, wie Fans von Dinamo Zagreb und Roter Stern Belgrad während eines Spiels aufeinander losgehen. ... (Sebastian Fasthuber)
Die gesamte Rezension und mehr über das Buch unter faltershop.at
Fassadenleser #190Am Neusserplatz 4 steht ein schlichtes, aber sehr interessantes Wohnhaus von Richard Modern. Es ist vermutlich das Ergebnis längerer Traditionsketten. Schon Moderns Vater war Architekt.
Der Sohn besuchte nach den Pflichtschuljahren die Staatsgewerbeschule und fing danach im Atelier seines Vaters zu arbeiten an. Bald schon macht er sich selbständig und wurde ein gefragter und viel beschäftigter Architekt für Wohnbau.
© Klaus-Jürgen BauerDas Ende der Monarchie führte in Wien bei allen Architekten zum totalen Einbruch der Auftragslage. Richard Modern konnte erst Anfang der 30iger Jahre wieder einen Wohnbau realisieren: den Bau am Neusserplatz. Bald aber machte ihm seine jüdische Herkunft den Aufenthalt in Wien unmöglich. Mit 67 Jahren emigrierte er in die USA, wo er zwanzig Jahre später verstarb.
Der Bau ist blockhaft, die Gesimse sind gerade, die Putzschnitte im Erdgeschoss sind äußerst subtil. Richard Modern hatte ganz offensichtlich immer noch viele Gestaltungskriterien von Otto Wagner verinnerlicht. Die Fassade ist puristisch und rezipiert vor allem die Gestaltungsmittel des Roten Wien wie der rötliche, monochrome Putz oder die Balkone als Grundausstattung von Wohnungen. Manche Details aber, wie etwa die geputzten Lünetten von einigen Fenstern und die dazupassende polygonale Form der Fensterbänke, lassen hier ein entwerferisches Phantasiepotential erkennen, das noch aus den Zeiten um 1900 stammt.
PS: Klaus-Jürgen Bauer hat auch mehrere Bücher geschrieben, die im faltershop.at erhältlich sind.
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