Wie Herbert Kickl sich neu erfand – und damit neue Wähler gewann

3 Stunden vor

FPÖ-Bundesparteiobmann Herbert Kickl. APA/Max Slovencik

Herbert Kickl - Figure 1
Foto DiePresse.com

Für seine Gegner ein gefährlicher Unsympathler, für seine Anhänger ein mitfühlender Familienvater: Wie Herbert Kickl wurde, was er nun ist.

Irgendwann war er dann ganz vorn auf der Bühne. Erst ging er hinter Jörg Haider her, dann stand er hinter Heinz-Christian Strache und saß neben Norbert Hofer. Während der Coronapandemie, insbesondere bei der Groß-Demo im Prater im März 2021, entdeckte Herbert Kickl dann den Volkstribun in sich. Der misstrauische Einzelgänger von früher ging in der Masse nicht nur auf, er führte sie nun sogar an.

Heute bespielt Herbert Kickl die Bühne wie kaum ein Zweiter. Nur Andreas Babler ist noch in der Lage, seine Anhänger in ähnlicher Weise abzuholen, deren Bauchgefühl anzusprechen. Bei Babler repräsentieren sie aber nur einen Teil seiner Partei. Kickls Reden sind auch strukturierter, haben einen roten Faden – und entsprechende Feindbilder. Zusammengefasst in dem, was Herbert Kickl „Elite“ nennt. Kickl schafft ein Zusammengehörigkeitsgefühl: Wir da unten, die normalen Menschen, die Facharbeiter, die Frauen, die sich nicht mehr auf die Straße trauen würden, gegen die da oben, jene, die von der Lebensrealität im Land weit entfernt seien.

Kickls Rhetorik hat zwei Ebenen. Der eine Teil ist rechte Stand-up-Comedy. Manche Pointe sitzt, manche ist unter der Gürtellinie. Bei seinen Schmähungen ist er mitunter skrupellos. Im ernsthafteren Teil geht es um Ängste, Sorgen, Hoffnungen: Herbert Kickl ist in der Lage, Gefühle auszudrücken, einen Nerv zu treffen. Diese Form der Empathie – auch im persönlichen Gespräch mit den Fans – hätte man dem asketischen Kopfmenschen früher nicht zugetraut. „Dein Herz sagt Ja“, war ein entsprechend passender Slogan im Wahlkampf. Und das Ganze funktioniert in andersgearteter Form offenbar auch via Fernsehen und Internet.

Herbert Kickl bedient mit Worten die Sehnsucht nach einer heilen Welt, wie sie einmal war und wieder sein könnte. Und während seine Gegner in ihm einen verbissenen, gefährlichen Unsympathler sehen, sehen seine Anhänger in ihm den mitfühlenden (Partei-)Familienvater. Familie spielt überhaupt eine tragende Rolle in seinen Reden.

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