Kickl entgeht Auftrag: „Heute ist nicht aller Tage Abend“

3 Stunden vor
Herbert Kickl

Kickl entgeht Auftrag

FPÖ-Chef Herbert Kickl glaubt offenbar nicht, dass er aus dem Rennen um eine Machtbeteiligung ausgeschieden ist. Trotz der Erteilung des Regierungsbildungsauftrags an ÖVP-Chef Karl Nehammer durch Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen schrieb er Dienstagnachmittag in sozialen Netzwerken an seine Anhängerschaft: „(…) ich verspreche Euch: Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen. Heute ist nicht aller Tage Abend.“

Online seit heute, 16.28 Uhr (Update: 17.47 Uhr)

Van der Bellen habe „die Bevölkerung wissen lassen“, dass er „mit den bewährten und normalen Prozessen unserer zweiten Republik bricht“ und „nicht den Wahlgewinner und Erstplatzierten der Nationalratswahl – also die FPÖ – mit der Regierungsbildung beauftragt“, schrieb Kickl auf Facebook. „Das mag für ganz viele von Euch wie ein Schlag ins Gesicht wirken“, aber all diesen verspreche er, dass eben das letzte Wort noch nicht gesprochen sei.

Der Wahlausgang sei ein „unüberhörbarer Ruf nach Veränderung und Erneuerung“ gewesen, so Kickl. Er sehe es daher auch heute so, wie er es bisher getan habe: „Es ist unsere staatspolitische Verantwortung, die Hand weiter ausgestreckt zu halten.“ Die FPÖ wolle für Österreich arbeiten und sei bereit, Verantwortung zu übernehmen. „Es liegt nicht an uns.“

Man werde sehen, welche Koalition am Ende der Entwicklung stehen werde. „Wenn es nach dem Willen der Wählerinnen und Wähler geht, kann es nur eine Regierung unter der Führung der FPÖ sein“, schrieb Kickl und nahm Anleihen an einem Zitat Van der Bellens: „Ich bin davon überzeugt, dass die Schönheit der Demokratie darin besteht, dass die Durchsetzung des Wählerwillens zwar mitunter gebremst und verlangsamt, aber letztendlich nicht verhindert und gestoppt werden kann.“

Scharfe Kritik von blauen Länderparteien

Kritik an Van der Bellen kam von den Freiheitlichen aus den Ländern. Die Salzburger Landeshauptmann-Stellvertreterin Marlene Svazek (FPÖ) sieht nun eine „Koalition der Gescheiterten“ auf Österreich zukommen. Wiens FPÖ-Chef Dominik Nepp sah einen „schwarzen Tag für die Demokratie“ und die „Koalition der Verlierer ante portas“, der steirische FPÖ-Landesparteiobmann Mario Kunasek, der am 24. November eine Landtagswahl zu schlagen hat, warnte davor, dass die „Koalition der Verlierer“ ein Vorbild für die Steiermark sein könnte – mehr dazu in steiermark.ORF.at.

Niederösterreichs Landeshauptfrau-Stellvertreter Udo Landbauer (FPÖ) kritisierte Van der Bellen und dessen „Hinterzimmer-Packeleien gegen den Willen der Bevölkerung“ – mehr dazu in noe.ORF.at. Und für den Tiroler FPÖ-Chef Markus Abwerzger beweise der Regierungsbildungsauftrag, „dass das Staatsoberhaupt rein parteipolitisch agiert“ – mehr dazu in tirol.ORF.at.

Der burgenländische Landesparteiobmann Alexander Petschnig kritisierte in einer Aussendung den „Bruch mit allen Usancen der 2. Republik“ – mehr dazu in burgenland.ORF.at. Der Vorarlberger FPÖ-Obmann Christof Bitschi sprach von einem „sehr eigenartigen Vorgang“ – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at. Oberösterreichs FPÖ-Chef Manfred Haimbuchner beklagte einen „rabenschwarzen Tag für die Wirtschaft“ – mehr dazu in ooe.ORF.at.

Novum in Zweiter Republik

Mit dem Auftrag an ÖVP-Obmann Nehammer hat Van der Bellen erstmals in der Geschichte der Zweiten Republik nicht den Spitzenkandidaten der stärksten aus der Nationalratswahl hervorgegangenen Partei mit der Regierungsbildung betraut. Dass letztlich nicht die Nummer eins unter den Parteien eine Koalition bildete und den Kanzler stellte, gab es mit der ÖVP-FPÖ-Koalition nach der Wahl 1999 zwar schon, allerdings ohne Auftrag des Bundespräsidenten.

Nehammer erklärte Dienstagnachmittag, er habe den Auftrag von Van der Bellen „in aller Redlichkeit und Ernsthaftigkeit" angenommen. Er wolle „hart dafür arbeiten, eine stabile, von einer breiten Mehrheit im Parlament getragene Bundesregierung“ zu bilden. Dafür werde es eine Dreierkoalition brauchen, so Nehammer.

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