Die nächste Plenarsitzung findet am kommenden Mittwoch statt. Der Immunitätsausschuss könnte dann bereits über den am Donnerstag bekannt gewordene Auslieferungsantrag gegen Herbert Kickl (FPÖ) entscheiden. Die WKStA beantragte am 6. November die Auslieferung des FPÖ-Chefs, um gegen ihn wegen des Verdachts der Falschaussage im U-Ausschuss ermitteln zu können. Konkret geht es um den Verdacht, dass Herbert Kickl zur Inseratenvergabe als Innenminister gesagt habe, dass er sich „darum nicht gekümmert“ habe.
Als Auslöser gilt eine 19-seitige Sachverhaltsdarstellung, die die ÖVP im Juli eingebracht hat. Sie wirft Kickl vor, im U-Ausschuss zum „rot-blauen Machtmissbrauch“ in sechs Fällen die Unwahrheit gesagt zu haben, nicht nur bei der Inseratenvergabe, sondern auch bei seinen Verbindungen zur Werbeagentur Ideenschmiede und zu seinem Verhältnis zu Hans-Jörg Jenewein. Im Antrag der WKStA wird allerdings nur die Passage zur Inseratenvergabe erwähnt.
Die FPÖ sieht darin „ein politisches Manöver mit dem Ziel, Herbert Kickl persönlich und der FPÖ insgesamt zu schaden“, hieß am Donnerstag in einer schriftlichen Stellungnahme des blauen Parlamentsklubs. „Der politische Zusammenhang ist aus unserer Sicht somit evident.“ Kickl habe die Aussage als Abgeordneter getätigt und sei somit immun. Daher lehne die FPÖ das Auslieferungsansuchen ab. Kickl habe zudem „wahrheitsgemäß ausgesagt“.
ÖVP und SPÖ hätten MehrheitDie anderen Fraktionen sehen das auf „Presse“-Nachfrage am Freitag allerdings differenzierter. Im 13-köpfigen Immunitätsausschuss genügt eine einfache Mehrheit, die die ÖVP (vier Mandate) mit der SPÖ (drei Mandate) bereits hätten Den Vorsitz hat SPÖ-Justizsprecherin Selma Yildirim. Diese will als Vorsitzende „den Beratungen nicht vorgreifen“, sagt sie am Freitag zur „Presse“. Jedoch sei die parlamentarische Immunität in der Vergangenheit „bei ähnlich gelagerten Fällen immer aufgehoben worden. Ich kenne keinen Fall, wo wir das nicht gemacht haben“, sagt Yildirim. Die ÖVP, die die Causa durch die Anzeige des Abgeordneten Andreas Hanger bei der WKStA ins Rollen gebracht hat, zeigte sich zunächst zurückhaltend: Man werde das prüfen, hieß es aus dem Parlamentsklub.
Zu Mittag äußerte sich Generalsekretär Christian Stocker am Freitag deutlicher: „Kickl darf sich nicht aus seiner Verantwortung stehlen“, schrieb Stocker auf X. Der Verdacht der mehrfachen Falschaussage müsse aufgeklärt werden, „seine Auslieferung ist alternativlos“. Die FPÖ zeige erneut, dass sie mit zweierlei Maß messe „und Transparenz nur dann ein Thema ist, wenn sie damit andere angreifen kann“.
Aus dem Neos-Klub hört man Ähnliches: Die Angelegenheit müsse man mit Sorgfalt prüfen. Der Sichtweise der FPÖ aber widerspricht man: Es könne jedenfalls nicht sein, dass ein Tatbestand, den ein Politiker nur durch seine Rolle als Politiker ausüben kann – im U-Ausschuss eine Falschaussage zu tätigen etwa – als Argument dient, prinzipiell vor Strafverfolgung geschützt zu sein. Entscheiden darüber muss Vize-Klubchef Nikolaus Scherak, der die Neos im Immunitätsausschuss vertritt.
Yildirim: „Außerberufliche Immunität“Die Frage, ob Kickls mutmaßliche Falschaussage eine berufliche oder eine außerberufliche Immunität betrifft, ist aus juristischer Sicht nicht unstrittig: Erstere betrifft unmittelbare Handlungen im Plenum, sie ist nie strafbar. Außerberufliche Immunität ist das aber sehr wohl nach einer Auslieferung. Kickls Aussage im U-Ausschuss tätigte er zwar in seiner Funktion als Abgeordneter. Die mutmaßliche Falschaussage betrifft jedoch sein Tun als Innenminister.
Wie der beinahe geplatzte Prozess gegen Jenewein zuletzt gezeigt hat, ist diese Frage, welche Aspekte von der Immunität geschützt sind, ein möglicher Streitfall. In Kickls Fall gehe es, laut SPÖ-Vorsitzenden Yildirim, aber um eine „außerberufliche Immunität“.