Der größte Kleist-Fund seit mehr als 100 Jahren enthält Mysteriöses

8 Stunden vor

Schrieb als Augenzeuge über die Schlacht von Aspern: Heinrich von Kleist - Kopie nach einer Miniatur von Peter Friedel, 1831. © Kleist-Museum, Frankfurt

Heinrich von Kleist - Figure 1
Foto DiePresse.com

Ein Sensationsfund sind die fünf sehr politischen Briefe Heinrich von Kleists, die im Ferdinandeum entdeckt wurden. Und sein Inhalt gibt Rätsel auf: Von welchem „Unglück“ spricht der Dichter? Und schrieb er einen „Don Quixote“?

Heinrich von Kleist ist in Stockerau, rund 30 Kilometer von Wien entfernt hat er Quartier bezogen. Weiter kann er nicht. Seine Flucht von Dresden nach Wien hat Napoleon vereitelt, der Wien schon vor ihm erreicht hat und belagert. Als das österreichische Heer und die Truppen Napoleons in Aspern (heute Teil des 22. Bezirks) zusammentreffen, reist Kleist gemeinsam mit seinem Stockerauer Wirt zum Schauplatz der Schlacht, die als Schlacht von Aspern – und Niederlage Napoleons – in die Geschichte eingehen wird. Mittels Fernrohr beobachtet er von einem nahen Hügel aus die Kämpfe.

Und genau davon handelt der erste der Briefe, deren Fund ohne jede Übertreibung eine literarische Sensation ist. Fünf Briefe, späte Briefe, sehr politische Briefe, der größte Fund an Kleist-Autografen seit über 100 Jahren. Adressiert an den österreichischen Diplomaten Joseph von Buol zu Berenberg, den der deutsche Dichter in Dresden kennengelernt hatte. Buol war dort Mittelpunkt eines konspirativen Kreises, der auf einen Kriegseintritt Preußens gegen Napoleon drängte.

Der eigentliche Held bei dieser spektakulären Entdeckung ist Hermann Weiss, ein 87-jähriger emeritierter Germanistik-Professor von der University of Michigan. Denn aus den USA kam der entscheidende Hinweis, der zur Entdeckung führte. Hellhörig gemacht durch den Diplomatennamen, erreichte Weiss mit Hilfe aus Innsbruck die monatelange Sichtung des Nachlasses. Er hat die Briefe auch bereits umfassend kommentiert. Davor hatten die Papiere Jahrzehnt um Jahrzehnt unentdeckt in einem Teilnachlass der Adelsfamilie Buol geschlummert, verwahrt zum Teil in 289 Obstkisten, im Lauf der Zeit gewandert von Kopenhagen über Wien und weitere Städte bis nach Innsbruck. 2007 gingen sie als Schenkung an die Bibliothek des Ferdinandeum, des Tiroler Landesmuseums.

Der erste der Briefe ist auf den 22. Mai 1809 datiert, der letzte auf den 28. Jänner 1810, die Entstehungszeit fällt also in die letzte Lebenszeit des Dichters, der 1811 Suizid beging. Spross einer berühmten Offiziersfamilie und glühender Gegner Napoleons mit viel Kontakten zu militärischen und politischen Kreisen, verbrachte Kleist 1807 einige Monate als angeblicher französischer Spion in einem Gefangenenlager (wo er vermutlich die Novelle „Marquise von O....“ schrieb). Danach lebte er bis 1809 in Dresden, Teil des mit Frankreich verbündeten Sachsen. Dort freundete er sich dort mit dem österreichischen Legationsrat Joseph von Buol zu Berenberg an. Bis 1809 der Fünfte Koalitionskrieg zwischen Österreich und Frankreich ausbrach.

Kleist in Stockerau und bei der Schlacht von Aspern
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