Hayal Kaya: Transidentität, Türkei, privat

Hayal Kaya ist derzeit eine der gefragtesten Schauspielerinnen Deutschlands – bekannt geworden ist sie vor allem durch die ARD-Reihe "Seeland – Ein Krimi vom Bodensee", in der sie die Rolle der transidenten Kommissarin Elena Barin spielt.

Ganz egal, ob es um Transidentität oder den kompletten Neuanfang in einer fremden Umgebung geht: Hayal Kaya und ihre Filmfigur Elena Barin haben viele Gemeinsamkeiten. Über genau diese Parallelen hat die Schauspielerin mit uns in einem Interview gesprochen.

fuersie.de: Im November ist der zweite Teil der Bodensee-Krimis "Seeland" im TV zu sehen. Worauf dürfen sich die ZuschauerInnen freuen?

Ich denke, viele Leute werden sich freuen, das Team wiederzusehen. Sie können gespannt darauf sein, das Ermittlerteam zum ersten Mal in dem neuen Kommissariat zusammenarbeiten zu sehen – und auf eine sehr gut geschriebene und inszenierte Geschichte mit vielen überraschenden Momenten!

fuersie.de: Sie sind die erste transidente Kommissarin im deutschen Fernsehen. Wie gehen Sie mit Ihrer Rolle als Vorreiterin um?

Ich freue mich sehr, dass ich als Vorbild und Vorreiterin gesehen werde. Ich weiß, dass meine Sichtbarkeit und meine starke Haltung vielen Menschen Hoffnung geben. Als ich aufwuchs, gab es Figuren wie Elena so gut wie gar nicht. Ich hoffe, die neue Generation fühlt sich diesbezüglich ein bisschen weniger einsam als meine Generation. 

fuersie.de: Was haben Sie und Ihre Filmfigur außerdem gemein?

Vor elf Jahren zog ich mit einem Koffer in der Hand und einem Rucksack nach Deutschland. Ohne Familie oder Partner an meiner Seite. Um frei zu sein, um zu atmen und zu leben wie jeder andere auch. Es war mir bewusst, dass ich die Macht habe, mich immer wieder mal neu zu erschaffen und von vorne anzufangen. Sowohl Elena als auch Hayal sind sehr starke Frauen, die den Mut haben, sie selbst zu sein – und dem Leben durch einen Neuanfang eine zweite Chance zu geben. 

fuersie.de: Wie wäre Ihre Karriere wohl verlaufen, wenn Sie nicht nach Deutschland gekommen, sondern in der Türkei geblieben werden?

In der Türkei haben viele Transfrauen keine bessere Wahl, als Sexarbeiterin zu werden. Viele leben in Gefahr. Die Türkei ist ein sehr schwieriges Pflaster für queere Menschen. Das war schon immer so, aber in den letzten Jahren ist es noch viel schlimmer geworden. Sagen Sie mir, wie würde mein Leben aussehen, wenn ich dort geblieben wäre?

fuersie.de: Sie selbst wohnen heute in Berlin, verbringen während der Dreharbeiten aber viel Zeit am Bodensee. Wie gefällt es Ihnen in der Region – und wie sieht ein typischer Feierabend für Sie aus?

Ich fühle mich sehr wohl am Bodensee und lustigerweise fühle ich mich dort überhaupt nicht fremd, als ob ich die Region schon sehr lange kenne. Es fühlt sich sehr vertraut an. Wenn das Wetter schön ist, dann mache ich einen Spaziergang am See, ein Glas Wein oder ein Bierchen dabei. Manchmal gehe ich mit Kolleg*innen aus dem Team essen, manchmal nehme ich ein Drink allein. Und dann wäre da noch die Vorbereitung auf den nächsten Tag – und schließlich der Schlaf.

Hayal Kaya wurde 1988 in Ankara geboren und absolvierte ihr Schauspielstudium an der Bilkent-Universität. Nachdem sie in der Türkei erste Erfahrungen in Film und Fernsehen gesammelt hatte, zog sie 2013 nach Deutschland, wo sie sich weiter fortbildete und Theater spielte. Dem breiten TV-Publikum wurde Hayal Kaya 2022 bekannt, als sie im ersten "Seeland"-Krimi zu sehen war, außerdem spielte sie in der Serie "Blutige Anfänger" und dem Film "Ungeschminkt mit".

Quellen: ARD, hayalkaya.com