Wir brauchen Hape Kerkeling – keinen Raab oder Gottschalk

Berlin. Die jüngsten Comebacks alter Fernsehgrößen waren eine herbe Enttäuschung. Hape Kerkeling hat sich rar gemacht – dabei wäre er die Rettung.

Hape Kerkeling - Figure 1
Foto Berliner Morgenpost

Hape Kerkeling? War das nicht der, der sich als Königin Beatrix verkleidet hat und mit dem Bundespräsidenten „lecker Mittagessen“ gehen wollte? Genau, der war es. Der Sketch ist über zwanzig Jahre alt, aber selbst Leute, die kaum älter sind als zwanzig, kennen ihn. Wenn es um Hape geht, stehen ganz schnell Alt wie Jung zusammen. Man googelt seine legendären Auftritte. Königin Beatrix, Horst Schlämmer, Café Korten – und, ganz ehrlich, wenn man die Szenen wieder sieht, möchte man nur eine Bitte an die Fernsehgötter schicken: Holt diesen begnadeten Komiker wieder zurück!

Wobei einem bei dem Wunsch ja schon ein bisschen mulmig wird. War da nicht was? Etwas, das man am liebsten schnell vergessen möchte? Genau: Vergessen möchte man ihn, Stefan Raab, der sich mit Ende fünfzig nach seiner medialen Auszeit wieder im TV zurückgemeldet hatte. Dass Raab ein wirklich Großer war, hatte er aber wohl irgendwie vergessen, oder hätte er sich sonst mit einer ehemaligen Boxerin Regina Halmich öffentlich herum geprügelt? Dass Trash Kult ist, das war wohl in etwa der Ansatz, der heute aber nicht mehr zu gelten scheint. Man fragt sich schon, ob seine Zeit vorbei ist. Natürlich und ja: Wir waren ihm so dankbar für alles, und dafür, dass er den 2000 ESC mit seinem „Wadde Hadde Dudde Da“ so gründlich entstaubt hat. Trotzdem will man jetzt nicht erleben, wie seine Nase blutet oder seine Quoten bei RTL bei der Sendung „Du gewinnst hier nicht die Million“ auf Talfahrt gehen.

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Die Großen der TV-Branche enttäuschen einfach auf ganzer Strecke. Was sich Gottschalk an schwer verdaulichen Äußerungen leistet, seitdem er nichts mehr zu melden hat: einfach nur peinlich. Man ist gezwungen, sie alle zu vergessen. Aber was bleibt? Der klassische Fernsehzuschauer hat seine Quiz-Shows mit Pflaume oder Kerner. Tun keinem weh. Können wir mit leben. Doch irgendwo in unserer Zuschauer-DNA schlummert doch der Wunsch nach mehr, nach dem Besonderen und vor allem der Wunsch, einfach mal richtig von Herzen abzulachen. Kerkeling hat das Zeug dazu. Selbst als er „Let‘s Dance“ moderierte, hatte die eher eindimensionale Tanzshow einen Hauch von Witz und Glamour.

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Foto Berliner Morgenpost

Hape Kerkeling in der Kult-Szene: Verkleidet als Königin Beatrix der Niederlande winkt er 1991 vor Schloss Bellevue den Leuten zu. © picture alliance/dpa | Hammer

Was ist das Geheimnis dieses Mannes, der jetzt seinen 60. Geburtstag feierte, schon seit seinem 18. Lebensjahr auf der Bühne steht? Der als Teenager mit seinem Humor die eingefleischten Kabarettisten wie Otto oder Ottfried Fischer verblüfft jubeln ließ und die Zuschauer grenzenlos begeisterte. Was ihn so anders macht als viele, auch anders macht als Raab, ist diese besondere Eigenschaft: Kerkeling wirkt immer so, als hätte er von Natur aus den Kürzeren gezogen. Ein bisschen der Verlierertyp, der alles tut, damit es keiner merkt. Und damit ist er sofort bei uns, seinen Zuschauern, denen es ja in den allermeisten Fällen ähnlich geht.

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Kerkeling begegnet dem täglichen Irrsinn mit schrägem Humor, ohne dabei zum Clown zu werden. Und damit ist er ganz nah bei einer Legende des deutschen TV-Humors: bei Loriot. Als Kind hat sich Kerkeling sogar für eine Rolle in der Filmepisode „Weihnachten bei Hoppenstedts“ beworben – und zwar als Dicki. Heute ist der begnadete Komiker nur noch selten im Fernsehen zu sehen. Schade. Vor allem als Buchautor ist er erfolgreich. Seine Jakobswegs-Erfahrung wurde mit „Ich bin dann mal weg“ zu einem Millionen-Bestseller.

Hape Kerkeling – der Meister des Absurden

Nie wollte er ein politischer Komiker sein, hat er immer gesagt. Aber trotz allem ist er ein politischer Mensch. Seine Laudatio für Agnes Strack-Zimmermann vor einem Jahr in Düsseldorf, in der er über sein Entsetzen über die Bedrohung jüdischen Lebens sprach, hat die Nation bewegt. Dieser Ernst in ihm ist es auch, der seiner Komik diese gewisse Tiefe gibt.

Hape Kerkeling als Lokal-Journalist Horst Schlämmer: Wieder eine Kultfigur, mit der der Entertainer die Massen begeisterte. © picture alliance / rtn - radio tele nord | rtn, ulrike blitzner

Warum wir trotz aller Raab-Erfahrung hoffen, dass Kerkeling doch noch mal zurückkommt ins Fernsehen, liegt natürlich an der Art, wie Kerkeling einen dazu bringt, dass man vor Lachen die Hände vors Gesicht schlägt. Kerkeling geht mit seiner Komik immer genau an die Grenze – und eben nicht nervig darüber hinaus. Er ist der Meister des Timings und vor allem ist er der Meister des Absurden. Er greift die grotesken Alltagserlebnisse auf und verarbeitet sie auf eine aberwitzige Weise. Das unterscheidet ihn von vielen Comedians, die vielfach einfach nur übers Absurde predigen.

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Lieber Hape Kerkeling, wir bitten von Herzen um ein Comeback. Vor allem auch, weil Sie etwas haben, das fast schon in Vergessenheit geraten ist: ein Herz für schräge Helden – und diese wunderbare Selbstironie.

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