Präsident Hage Geingob ist tot: Namibia verliert „herausragenden ...

Namibias Präsident Hage Geingob ist im Alter von 82 Jahren gestorben. Kurz nach Mitternacht sei der Präsident im Lady Pohamba Krankenhaus in Windhuk im Beisein seiner Ehefrau Monica und seiner Kinder aus dem Leben geschieden, teilte das Präsidialamt am Sonntagmorgen mit. Namibia habe einen „herausragenden Diener des Volkes, eine Ikone des Befreiungskampfes, den Hauptarchitekten unserer Verfassung und die Säule des namibischen Hauses verloren“.   

Claudia Bröll

Politische Korrespondentin für Afrika mit Sitz in Kapstadt.

Vor wenigen Wochen hatte Geingob bekanntgegeben, an Krebs erkrankt zu sein. Kurz vor seinem Tod war er von einer Behandlung in den Vereinigten Staaten zurückgekehrt. Während einer alljährlichen Routineuntersuchung waren Krebszellen gefunden worden. Sein Ärzteteam habe sich „nach Kräften bemüht, dafür zu sorgen, dass sich unser Präsident erholt“, hieß es in der Mitteilung am Sonntag. Bei der Wahl im November dieses Jahres wollte der namibische Präsident nach zwei Amtszeiten nicht mehr antreten.

Geingob war ein international weithin respektierter Staatslenker und früherer Befreiungskämpfer. 27 Jahre lang hatte er sich im Exil in Botswana und in den Vereinigten Staaten gegen die Fremdverwaltung des Landes durch die Apartheid-Regierung im benachbarten Südafrika stark gemacht.

Geboren am 3. August 1941 im ländlichen Städtchen Otjiwarongo im damaligen Südwestafrika, arbeitete er zunächst als Grundschullehrer. Schon in dieser Zeit hatte er gegen das minderwertige Bantu-Schulsystem für die schwarze Bevölkerung protestiert und sich der Befreiungsbewegung, der South West Africa People's Organisation (SWAPO), angeschlossen. Im Ausland agierte er als Stellvertreter der SWAPO und wurde 1964 zum SWAPO-Repräsentanten bei den Vereinten Nationen in New York ernannt. In dieser Zeit studierte er Politikwissenschaften an zwei amerikanischen Universitäten.

Scharfe Kritik an Deutschland wegen Israel-Politik

1989, als sich der Übergang zur Demokratie ankündigte, kehrte er in seine Heimat zurück, wo er unter anderem die erste demokratische Verfassung des Landes mit entwarf. Nach der ersten demokratischen Wahl 1990 war er zwölf Jahre lang Ministerpräsident unter Präsident Sam Nujoma. Dann kam es zum Bruch zwischen den beiden. 2004 kehrte Geingob in die Politik zurück und wurde zehn Jahre später mit einer überwältigenden Mehrheit erstmals zum Präsidenten gewählt.

In seinen Amtszeiten als Ministerpräsident und in der ersten Amtszeit als Präsident standen die Versöhnung und der Aufbau der ehemaligen deutschen Kolonie (1884 – 1918) ganz oben auf seiner Agenda. Zu seinen politischen Erfolgen gehört der Aufbau eines Öffentlichen Diensts in Namibia. Doch zugleich mehrte sich die Unzufriedenheit in dem weitläufigen afrikanischen Staat mit 2,6 Millionen Einwohnern. Bei seiner Wiederwahl 2019 erlangte Geingob nur noch etwas mehr als 50 Prozent der Stimmen. Sein Ansehen litt weiter, als in dem Jahr Korruptionsvorwürfe in Zusammenhang mit dem „Fishrot“-Skandal um die Vergabe von Fischereirechten auftauchten.

Für die Bundesregierung spielte Geingob als Verhandlungspartner über ein Aussöhnungsabkommen über den Völkermord an den Herero und Nama eine wichtige Rolle. Zwischen beiden Staaten bestehen heute freundliche Beziehungen.

So war die Überraschung groß, als der namibische Präsident unlängst ungewöhnlich scharfe Kritik an Deutschland wegen der Unterstützung Israels in der von Südafrika eingereichten „Genozid-Klage“ vor dem Internationalen Gerichtshof äußerte. Deutschland sei „unfähig, Lehren aus seiner grausamen Geschichte zu ziehen“, schrieb er auf der Plattform X, wobei er an den Völkermord an den Herero und Nama erinnerte, den die deutsche Regierung „immer noch nicht vollständig gesühnt“ habe.

Das Präsidialamt rief die Bürger zur Ruhe auf, während die Regierung alle notwendigen staatlichen Maßnahmen ergreife. Das Kabinett werde unverzüglich zusammenkommen. Die Staatsgeschäfte hat der Mitteilung zufolge Vizepräsident Nangolo Mbumba übernommen. 

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