ÖHGB zur Grundsteuer: Reform mit erheblichen Auswirkungen

7 Stunden vor
Grundsteuer

Der Vorschlag von Wifo-Chef Prof. Gabriel Felbermayer und IHS-Chef Holger Bonin für eine Grundsteuerreform wirft wichtige Fragen auf, die auch im ORF als zentrales Reformthema behandelt wurden. Dabei wurde betont, dass den Gemeinden aufgrund mangelnder Aktualisierung der Grundsteuer erhebliche Mittel entgangen seien. Ebenso wird immer wieder behauptet, dass Vermögen in Österreich im Vergleich zu anderen Ländern niedrig besteuert wird.

Der Österreichische Haus- und Grundbesitzerbund (ÖHGB) bringt Klarstellungen zu den Forderungen des Gemeindebundes:

„Im Immobilienbereich ist die Behauptung, dass Vermögen zu niedrig besteuert wird, nicht haltbar, da hier ein dichtes Netz aus Steuern, Abgaben und Gebühren besteht“, erklärt ÖHGB-Präsident RA Dr. Martin Prunbauer. Wer eine Immobilie anschafft, verwendet dazu zumeist bereits mehrfach versteuertes Geld, es folgt die Eintragungsgebühr ins Grundbuch und es ist Grunderwerbsteuer zu zahlen. Wird eine Immobilie verkauft, hält der Staat wieder die Hand auf, denn es muss Immobilienertragssteuer bezahlt werden.

Keine „aufzuholenden Verluste“ für Gemeinden

Auch wenn die laufend zu zahlende Grundsteuer schon länger nicht aktualisiert wurde, heißt das nicht, dass den Gemeinden dadurch über all die Jahre so hohe Einnahmen entgangen wären, wie Dr. Karoline Mitterer vom KDZ oder Gemeindebundpräsident DI Johann Pressl behaupten.

Während in anderen Staaten öffentliche Leistungen wie Wasserversorgung oder Abwasser- und Abfallentsorgung durch die kommunale Grundsteuer abgedeckt sind, werden diverse Leistungen in Österreich durch separate Gebühren finanziert und regelmäßig valorisiert. Denn auf Gemeindeebene gibt es mittlerweile zahlreiche vermögensbezogene Abgaben, die der Grundsteuer unter einem anderen Titel zugeordnet werden und Eigentum belasten (z.B. Infrastrukturabgabe, Poolabgabe, Tourismus- und Zweitwohnsitzabgabe etc.). Prunbauer fasst zusammen: „Viele Abgaben in Österreich sind gebühren- und nicht steuerfinanziert. Den Gemeinden wurden im Laufe der Jahre andere, bessere und höhere Einkunftsquellen erschlossen. Es gibt nichts aufzuholen.“

Keine zusätzlichen Mittel für Gemeinden

Im Rahmen des Finanzausgleichs 2024-2028 wurden Länder und Gemeinden bereits mit zusätzlichen 2,4 Milliarden Euro unterstützt. Eine Reform der Grundsteuer würde diese finanzielle Grundlage jedoch künftig verändern. „Mehr Grundsteuereinnahmen würden durch eine Kürzung des Finanzausgleichs kompensiert. Die Gemeinden hätten also insgesamt nicht mehr Geld zur Verfügung - es wäre lediglich eine Neujustierung der Einnahmestruktur“, betont Prunbauer.

Als Folge der Grundsteuerreform hätte auch der Bund weniger Einnahmen. Die Wirtschaft, beispielsweise die Hotellerie, die ihre Standorte zumeist in guten Lagen hat, würde durch deutlich höhere Grundsteuern weniger Gewinn machen und weniger Einkommenssteuer zahlen. Die dadurch bewirkte Steuerverschiebung zwischen Bund und Gemeinden würde sich zusätzlich beim Finanzausgleich auswirken.

Verwaltungsaufwand statt Fortschritt

Die von den Gemeinden angestrebte Übernahme der Bewertung von Liegenschaften, die bisher von den Finanzämtern durchgeführt wurde, würde erhebliche zusätzliche Kosten und bürokratischen Aufwand bedeuten. Die damit einhergehende Überforderung ist bereits bei jenen Bundesländern sichtbar, die Leerstandsabgaben implementiert haben.

„Diese Belastungen könnten die erhofften Einnahmen schnell zunichtemachen“, warnt Prunbauer und stellt die Frage: „Ist das wirklich im Interesse der Gemeinden?“ Der ÖHGB-Präsident warnt eindringlich vor den Folgen: „Die Gemeinden würden also im Gesamten betrachtet nicht mehr Geld zur Verfügung haben als vorher. Es würden im Gegenteil weitere Personal- und Administrationskosten entstehen.

Reform der Grundsteuer bedeutet verschärfte Besteuerung der Substanz

ÖVP, NEOS und FPÖ haben im Wahlkampf beteuert, dass es mit ihnen keine Substanzsteuern geben wird. Die Grundsteuer ist eine typische Substanzsteuer, die jetzt erheblich erhöht werden soll. Prunbauer appelliert an die verhandelnden Koalitionsparteien, insbesondere ÖVP und NEOS, sich an ihre Wahlversprechen zu halten und die Pläne für eine Grundsteuerreform umgehend aufzugeben: „Die Bevölkerung verdient politische Klarheit und Verlässlichkeit.“

Prunbauer hält zusammenfassend fest:

„Eine Reform der Grundsteuer bietet weder eine nachhaltige Verbesserung für die Gemeinden noch einen fairen Ansatz für Eigentümer. Vielmehr drohen steigender Verwaltungsaufwand und eine Umverteilung von Lasten ohne echten Mehrwert. Eine Grundsteuer-Reform der Gemeinden gleicht einem Marathonlauf auf einer Stadionlaufbahn: Am Ende kommt man erschöpft ins Ziel - nur um festzustellen, dass man keinen Schritt vorangekommen ist.“

Mehr über den ÖHGB

Der Österreichische Haus- und Grundbesitzerbund (ÖHGB, www.oehgb.at) ist die größte freiwillige Interessenvertretung österreichischer Haus-, Grund- und Wohnungseigentümer. Die Hauptaufgabe des ÖHGB besteht im Schutz und in der Förderung des Privateigentums sowie der Wahrnehmung der gemeinsamen Interessen der privaten ImmobilienbesitzerInnen. Die ca. 30.000 Mitglieder teilen sich auf die neun Landesverbände auf, die ihren Mitgliedern mit fundierten Rechts-, Steuer-, Versicherungs-, Bau- bzw. Finanzierungsberatungen und weiteren, umfangreichen Informations- und Serviceleistungen, zur Seite stehen. Darüber hinaus betreiben der ÖHGB und dessen Landesverbände im Interesse der Mitglieder aktive Standespolitik in der Interessenvertretung auf allen Ebenen.

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