Greta Thunberg bei Protest in Kopenhagen festgenommen

4 Sep 2024

Seit Beginn des Gaza-Krieges fällt Greta Thunberg immer wieder mit pro-palästinensischem Protest auf. Bei einer Aktion in Dänemark ist sie nun von der Polizei abgeführt worden.

Greta Thunberg - Figure 1
Foto STERN.de

Gegen 9.30 Uhr herrscht wieder Ruhe in der Krystalgade in der Kopenhagener Innenstadt. Zwei Polizeiwagen stehen in der Gasse. Journalisten führen emsig Interviews, Kameraleute halten die Ruhe nach dem Sturm fest. Etwas abseits auf dem Bürgersteig sitzt eine kleine Gruppe von Demonstranten mit Kufiyas, den sogenannten Palästinensertüchern.  

Kurz zuvor war die Polizei hier noch mit schwerem Geschütz aufgefahren. Der Grund: eine Protestaktion an der Universität der dänischen Hauptstadt.

Am Mittwochmorgen hatten Studierende der Gruppe "Studenten gegen die Besatzung" ein Gebäude der Universität besetzt. Ein auf Instagram veröffentlichtes Video der Gruppe, die sich nach eigenen Angaben gegen die israelische Okkupation Palästinas engagiert, zeigt, wie palästinensische Fahnen und Protestbanner aus den Fenstern gehängt werden. Demonstranten skandieren Parolen auf der Straße vor dem Gebäude, in dem das Rektorat seinen Sitz hat.

In der Krystalgade, etwa 100 Meter vom Protest entfernt, befindet sich auch eine Synagoge. Bewaffnete Soldaten bewachen das Gebäude.

"KU, KU schämt euch!", rufen die Demonstranten in dem Video auf Englisch, und: "Ihr unterstützt den Völkermord!" Mit KU ist die Kopenhagener Universität gemeint.

Greta Thunberg - Figure 2
Foto STERN.de

Im Video sind auch mit Kufiyas vermummte Besetzer in einem Raum zu sehen. Sie verbarrikadieren die Tür. Sie rufen "Befreit Palästina!" und "Boykottiert Israel!". Eine der Besetzerinnen trägt eine Kufiya auf dem Kopf und eine FFP2-Maske. Es handelt sich offenbar um Greta Thunberg. Die Polizei wollte sich nicht zur Identität der Festgenommenen äußern, berichtet die Zeitung "B.T.".

Greta Thunberg wird in Polizeiwagen abgeführt

Auf X teilte die Polizei aber später mit, dass sie sechs Demonstranten festgenommen habe. Sie würden des Hausfriedensbruchs beschuldigt. Unter den Festgenommenen befindet sich auch Thunberg. Ein Video der "Studenten gegen die Besatzung" zeigt, wie sie in einen Polizeiwagen gebracht wird.

Thunberg selbst erklärte auf Instagram in einer Story, warum sie an der Protestaktion teilnahm: "Wir sind hier, weil Dialog, Camps, Demonstrationen und andere Methoden in einer dreijährigen Kampagne die Universität nicht dazu gebracht haben, die Forderungen, einschließlich eines institutionellen akademischen Boykotts, zu erfüllen."

Die Polizei sei "gewaltsam mit einem Prellbock" in das Gebäude eingedrungen und habe Sturmgewehre getragen, schrieb die Schwedin weiter.

Greta Thunberg - Figure 3
Foto STERN.de

Nicholas Nyrup von "Studenten gegen die Besatzung" bestätigte dem stern, dass sich Thunberg unter den Festgenommenen befindet. Man habe bereits vor der Demonstration Kontakt zu ihr gehabt. Der Aktivist und Student erklärte, man habe mit der Aktion Druck auf die Leitung der Universität Kopenhagen ausüben wollen, die Zusammenarbeit mit israelischen Universitäten einzustellen.

In einer Pressemitteilung der Gruppe heißt es, dass die Kopenhagener Universität durch die Zusammenarbeit mit israelischen Universitäten "zu Wissen beiträgt, das für Völkermord verwendet wird". Israelische Universitäten unterstützten aktiv die Besatzung Palästinas, indem sie Waffentechnologie entwickelten und Soldaten ausbildeten, so der Vorwurf. Deshalb fordere man einen akademischen Boykott.

Nicholas Nyrup von der Gruppe "Studenten gegen die Besatzung"

© Rune Weichert / STERN

"Mit Russland wurde [nach dem Beginn des Krieges gegen die Ukraine, Anm. d. Red.] die Zusammenarbeit beendet. Das sollte die Universität auch mit israelischen Universitäten tun", verlangt Nyrup. Diese arbeiteten auch auf besetztem Land in den Palästinensergebieten, was illegal sei, sagte er dem stern.

Mit der Besetzungsaktion hoffe man zu erreichen, dass die Universitätsleitung nun handele. Man habe zuvor in ständigem Kontakt gestanden, erklärte Nyrup. "Aber wir hoffen, dass sie endlich zuhören, wenn unsere Aktionen radikaler werden."

Greta Thunberg - Figure 4
Foto STERN.de

Auch Nyrup kritisierte das Vorgehen der Polizei. Sie sei "gewaltsam mit Hunden und Waffen" in das von den Demonstranten besetzte Gebäude eingedrungen. Er und seine Mitstreiter seien in den Trakt gegangen und hätten die Angestellten informiert, dass dieser besetzt sei. Die Mitarbeiter hätten daraufhin die Räume verlassen und alles sei ruhig verlaufen.

Aus diesem Gebäude wurden die Besetzer abgeführt

© Rune Weichert / STERN

Kristian Cedervall Lauta, Prorektor der Universität Kopenhagen, teilte dem stern in einer schriftlichen Stellungnahme mit, dass 15 bis 20 Demonstranten das Gebäude besetzt hätten. Die Polizei habe die Situation schnell unter Kontrolle gebracht. "Gegen die an der Universität eingeschriebenen Studenten wird ein Disziplinarverfahren eingeleitet", kündigte Lauta an.

Die Polizei brachte die Situation schnell unter Kontrolle. Nach der Protestaktion befanden sich noch Streifenwagen vor Ort

© Rune Weichert / STERN

Greta Thunberg, die durch ihre Klimastreiks international bekannt wurde und lange Zeit als Ikone der Klimabewegung galt, hat sich seit Beginn des Krieges im Gazastreifen im Oktober 2023 immer wieder solidarisch mit der palästinensischen Seite gezeigt. Dabei nutzte sie auch ihre große Reichweite in sozialen Netzwerken, um auf die Situation der Palästinenser aufmerksam zu machen.

Greta Thunberg - Figure 5
Foto STERN.de

Der dänischen Zeitung "Politiken" erklärte sie ihre Haltung so: "Wenn man sich um das Klima kümmert, aber nicht um Palästina, dann tut man das aus den falschen Gründen. Wir sind keine Klimaaktivisten, weil wir uns um Bäume kümmern, sondern weil wir uns um Menschen kümmern. Und im Moment gibt es so viel Leid in Gaza, dass wir auch dort aktiv werden müssen."

Greta Thunberg

Fünf Jahre Schulstreik für das Klima – fünf Jahre Fridays for Future

Thunberg wurde bereits bei Demonstrationen in verschiedenen Ländern festgenommen, häufig bei Klimaprotesten. Auch am Rande des Eurovision Song Contests in Malmö im Mai dieses Jahres wurde sie bei einer Demonstration gegen die Teilnahme Israels an dem Gesangswettbewerb von der Polizei abgeführt.

Für ihre Solidarität mit den Palästinensern wurde Thunberg aber auch mehrfach kritisiert. Nach einem Auftritt in Amsterdam im November bezeichnete der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG), Volker Beck, ihre Äußerungen im Onlinedienst X als "das Ende von Greta Thunberg als Klimaaktivistin". "Ab jetzt ist sie hauptberuflich Israelhasserin", schrieb Beck.

Seit Beginn des Gaza-Krieges zwischen Israel und der Terrororganisation Hamas am 7. Oktober demonstrieren weltweit immer wieder Menschen gegen das Vorgehen Israels im Gazastreifen – auch in Deutschland. So gab es etwa Pro-Palästina-Protestcamps an der Freien Universität Berlin. Kundgebungen gegen Israel wurden aber auch immer wieder wegen antisemitischer Haltungen kritisiert, etwa vom Zentralrat der Juden in Deutschland und dem Zentralrat der Muslime in Deutschland.

#Themen Greta Thunberg Kopenhagen Palästina Israel Universität Kopenhagen
Mehr lesen
Ähnliche Nachrichten