Empfehlung zu Urteil: „Grasser-Schuldspruch soll bleiben“

27 Mai 2024

Der Hauptangeklagte Karl-Heinz Grasser muss nun umso mehr fürchten, dass sein Schuldspruch bestehen bleibt - die Generalprokuratur, die oberste Staatsanwaltschaft der Republik, empfiehlt nämlich dem OGH, das Urteil in wesentlichen Teilen zu halten.  (c) APA/ Expa-Pool / Imago

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Foto DiePresse.com

Im großen Untreue-Verfahren rund um die Buwog-Privatisierung muss Karl-Heinz-Grasser eine aus seiner Sicht schlechte Nachricht hinnehmen: Die Generalprokuratur empfiehlt dem Obersten Gerichtshof (OGH), den erstinstanzlichen Schuldspruch im Großen und Ganzen zu bestätigen.

Acht Jahre Haft wegen Untreue und anderer Delikte – so lautet das Urteil für Karl-Heinz Grasser. Der Ex-Finanzminister (erst FPÖ, dann ÖVP-nahe) soll im Rahmen des Verkaufs von Wohnbaugesellschaften des Bundes (darunter die Gesellschaft „Buwog“, Namensgeberin des Prozesses) an einer Verkaufsprovision partizipiert haben. Er selbst bestreitet das. Nun liegt die Empfehlung der obersten Staatsanwaltschaft der Republik, der Generalprokuratur, vor: Demnach möge der OGH den erstinstanzlichen Schuldspruch in wichtigen Punkten bestätigen.

Ob sich der OGH an die Empfehlung hält, ist offen. Dennoch darf ebendiese als deutlicher Fingerzeig verstanden werden. Die Generalprokuratur kann zwar keine offizielle Erfolgsquote vorweisen, zählt also nicht mit, wie oft der OGH ihr folgt. Doch lässt sich sagen, dass die Höchstrichter in der Mehrzahl der Fälle den von der Prokuratur vorgebenenen Weg beschreiten.

Im Einzelnen: Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 4. Dezember 2020 wurde über die gegen insgesamt 14 Angeklagte erhobenen Anklagevorwürfe der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) sowie der Staatsanwaltschaft Wien entschieden. Sechs Angeklagte wurden rechtskräftig freigesprochen. Zu acht Angeklagten, allen voran Grasser, ergingen nicht rechtskräftige Schuldsprüche (zu kleineren Anklagepunkten gab es auch rechtskräftige Teilfreisprüche).

Die Generalprokuratur weist nun in einer Aussendung auf Folgendes hin: Alle schuldig gesprochenen Angeklagten haben die sie betreffenden Schuldsprüche mit Nichtigkeitsbeschwerde sowie die Strafaussprüche mit Berufung bekämpft. Da eben die OGH-Entscheidung noch fehlt (wann diese ergehen wird, wurde noch nicht festgelegt), gilt nach wie vor die Unschuldsvermutung.

160 Seiten Stellungnahme

Zu den acht Nichtigkeitsbeschwerden hat die Generalprokuratur nun eine 160-seitige Stellungnahme („Croquis“) an den Obersten Gerichtshof erstattet. Darin empfiehlt sie eben, das Urteil in nennenswerten Teilen zu „halten“. Bezüglich des Ex-Finanzministers heißt es: „Nach Ansicht der Generalprokuratur wären folgende Schuldsprüche zu bestätigen und die zu diesen erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden zurückzuweisen“, und zwar betreffend Grasser „wegen der Verbrechen der Untreue (...) und der Geschenkannahme durch Beamte (...).“ Gemeint ist damit nicht nur die Sache „Buwog“, sondern auch der Punkt „Terminal Tower“ (bei Einmietung der Finanz in dieses Hochhaus in Linz soll ebenfalls Provision geflossen sein) sowie zum Teil das Vergehen der Fälschung eines Beweismittels.

Wie Prokuratur-Sprecher Martin Ulrich der „Presse“ zusammenfassend bestätigt, solle also das Grasser-Urteil in weiten Teilen (vor allem wegen Untreue) „bestehen bleiben“.

Auch beim mitangeklagten Ex-FPÖ-Politiker Walter Meischberger empfiehlt die Prokuratur die Untreue-Verurteilung zu halten. Dasselbe gilt für den früheren Werbe- und PR-Spezialisten Peter Hochegger.

Grasser-Anwalt Manfred Ainedter zeigt sich indessen enttäuscht von der jüngsten Entwicklung. Die Prokuratur habe sich zuwenig mit den Details des Rechtsmittels (Nichtigkeitsbeschwerde) auseinandergesetzt. Auf diesen Umstand werde er nun in einer Stellungnahme zum Croquis hinweisen.

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