Gisèle Pelicot: Staatsanwaltschaft will 20 Jahre Haft für Ex-Mann
Stand: 25.11.2024 16:15 Uhr
Im Prozess um die Vergewaltigungen von Gisèle Pelicot hat die Staatsanwaltschaft 20 Jahre Haft für ihren Ex-Mann gefordert. In den kommenden Tagen geht es auch um das Strafmaß für die anderen Angeklagten.
Als sich Gisèle Pelicot ihren Weg in den Gerichtssaal bahnt, warten wieder Dutzende Frauen und Bewunderer auf sie. Medienvertreter aus 57 Ländern bestürmen sie mit Fragen. Im Vorbeigehen sagt sie nur: "Das sind viele Emotionen heute."
Im Gerichtssaal dann das, was alle erwartet haben - die Staatsanwaltschaft fordert die Höchststrafe für den Hauptangeklagten Dominique Pelicot: 20 Jahre Haft.
Seine Anwältin Béatrice Zavarro erklärt vor Journalisten, ihr Mandant sei niedergeschlagen. Und doch: Was die Staatsanwaltschaft fordert, überrasche sie nicht.
Die Ankläger betonen, was wir bereits wissen, nämlich dass Herr Pelicot der große Organisator war, das ausschlaggebende Element, der gemeinsame Nenner dieser ganzen Geschichte. Es ist und bleibt einfach die Akte Dominique Pelicot.
Im Gerichtssaal betont Staatsanwältin Laure Chabaud: "20 Jahre, das ist einerseits viel, denn es sind 20 Jahre eines Lebens, andererseits ist es angesichts der Schwere der Taten zu wenig".
Dominique Pelicot trage die "volle Verantwortung". Er hatte gleich zu Beginn des Prozesses gestanden, seine Ex-Frau Gisèle über zehn Jahre hinweg immer wieder mit Medikamenten betäubt, vergewaltigt und auch andere Männer zur Vergewaltigung seiner Frau rekrutiert zu haben.
Er bezeichnete sich vor Gericht selbst als "Vergewaltiger". Er sagte: "Ich bin schuldig, ich habe alles verdorben, ich habe alles verloren. Ich muss dafür bezahlen." Zuletzt hatte er erklärt, sein perverses Phantasma habe darin bestanden, eine starke Frau zu unterwerfen.
Verteidigerin betont "menschlicheren Charakter"Seine Verteidigern Zavarro bereitet nun ihr Schlussplädoyer vor: "Ich möchte noch einmal ein anderes Licht auf Dominique Pelicot werfen; etwas weggehen von der dunklen Seite seiner Persönlichkeit, die die Anklage so betont hat. Ich möchte ihm einen menschlicheren Charakter geben." Diese Seite habe die Staatsanwaltschaft in ihrer Begründung für das Strafmaß doch etwas vernachlässigt, so Zavarro.
Die Staatsanwältin wird im Laufe der kommenden Tage auch die Strafmaßforderungen für die anderen 50 Angeklagten stellen. Viele von ihnen streiten ab, gewusst zu haben, dass Gisèle Pelicot von ihrem Mann betäubt worden war. Sie hätten geglaubt, an dem Liebesspiel eines Paares beteiligt zu sein. Nun ist die Frage, ob die Ankläger dieser Argumentation in einigen Fällen folgen werden.
Hoffnung auf Veränderung der GesellschaftDie Feministinnen, die heute erneut am Gericht auf Gisèle Pelicot warteten, haben vor dem Gebäude großflächig plakatiert. Sie fordern: 20 Jahre Haft für jeden der 51 Angeklagten. Sie hoffen, dass dieser Prozess die Gesellschaft tatsächlich verändern wird. So wie es die Staatssekretärin für die Gleichstellung von Frauen und Männern, Salima Saa, im Radiosender France Info versprochen hat:
Dieser historische Prozess lehrt uns etwas. Und ich denke, es wird ein Vorher und ein Nachher geben. Denn es sind ganz normale Männer, die da auf der Anklagebank sitzen. Wir müssen ganz neu über die chemische Unterwerfung nachdenken, also über den Missbrauch unter Drogeneinsatz.
Was genau daraus folgen wird, ist unklar. Heute, am weltweiten Tag des Protests gegen die Gewalt an Frauen, hoffen viele Frauenrechtlerinnen, dass nicht nur Gesetze verschärft und Hilfseinrichtungen für Frauen verbessert werden. Sondern, dass sich auch das Verhältnis von Mann und Frau fundamental wandeln wird.