Nach langem Ringen: Gewessler präsentierte Klimaplan

21 Aug 2024

Nach langem Ringen

Nach langem Ringen mit dem Koalitionspartner ÖVP hat Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne) am Dienstag die endgültige Version des Nationalen Energie- und Klimaplans (NEKP) vorgestellt. Darin vorgesehen ist unter anderem die Abschaffung klimaschädlicher Subventionen. Zur Umsetzung dieses Punkts werde allerdings erst einmal eine Arbeitsgruppe eingesetzt, sagte Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP).

Gewessler - Figure 1
Foto ORF

Online seit gestern, 12.56 Uhr (Update: gestern, 14.34 Uhr)

Im NEKP legt Österreich dar, wie es das rechtlich verbindliche EU-Klimaziel bis 2030 erreichen will. Bis zu diesem Jahr müssen die Treibhausgasemissionen gegenüber dem Wert des Jahres 2005 um 46 bis 48 Prozent gesenkt werden, schreibt das zugehörige Gesetz fest. Österreich werde dieses Ziel mit der Umsetzung des NEKP erreichen, so Gewessler.

Der Plan hätte ursprünglich bis Ende Juni nach Brüssel geschickt werden sollen. Österreich ist der letzte EU-Staat, bei dem die Einreichung ausständig ist. Ein von Gewesslers Ressort im Herbst an die EU-Kommission übermittelter Entwurf war von Verfassungsministerin Edtstadler zurückgezogen worden. Der Entwurf sei nicht mit den anderen Ministerien abgestimmt gewesen, hatte Edtstadler ihren Schritt begründet.

Aus für Dieselprivileg, CO2-Speicherung

Im Vergleich zum NEKP-Entwurf aus dem Vorjahr kommen in der nunmehr finalen Fassung einige weitere Maßnahmen hinzu. Ein zentraler Punkt ist die Abschaffung klimaschädlicher Subventionen. Bis 2030 sollen so pro Jahr zwei Millionen Tonnen CO2 gespart werden. Gewessler erwähnte hier das Dieselprivileg und steuerliche Vorteile für Dienstwagen.

Regierungseinigung auf NEKP

Nach langen Debatten innerhalb der Regierung ist der Nationale Energie- und Klimaplan nun fertig und kann an die EU-Kommission geschickt werden. Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) präsentierte am Dienstag Inhalte aus dem Papier.

Weiters sollen die hohen Förderungen für Heizungstausch und Gebäudesanierung aufrecht bleiben, die Wasserstoffproduktion für die Industrie soll deutlich erhöht werden. Ebenfalls vorgesehen ist der Einsatz von dauerhafter CO2-Speicherung für Sektoren, in denen sich Treibhausgasemissionen nicht anders vermeiden lassen.

Verfassungsministerin Edtstadler: Eine Arbeitsgruppe soll sich der klimaschädlichen Subventionen annehmen

Der Entwurf ohne die zusätzlichen Maßnahmen hätte Berechnungen zufolge ein Sinken der Treibhausgasemissionen um 35 Prozent gebracht. Die Lücke werde nun durch zusätzliche Klimaschutzmaßnahmen und nicht durch den Ankauf von CO2-Zertifikaten geschlossen. „Darauf dürfen wir wirklich auch stolz sein“, sagte Gewessler bei einer Pressekonferenz in Wien. „Österreich wird seinen Beitrag zum EU-Klimaziel leisten.“

Subventionen: Arbeitsgruppe soll prüfen

Der NEKP wurde von Gewessler alleine präsentiert. Seitens der ÖVP betonte Edtstadler, froh über den Beschluss zu sein. Der Beschluss erfolgte im Ministerrat per Umlauf, die Regierungsmitglieder kamen nicht zusammen. Das „Einvernehmen“ innerhalb der Koalition sei hergestellt, es seien „sehr wichtige Punkte“ im NEKP, so Edtstadler im Ö1-Mittagsjournal. Sie verwies auf die Abschaffung der „Sektorziele“, in denen einzelnen Bereichen wie der Landwirtschaft und dem Verkehr gewisse Zielvorgaben gemacht werden sollten. Das bringe „mehr Flexibilität“.

Was die Abschaffung klimaschädlicher Subventionen angeht, wird laut Edtstadler eine Arbeitsgruppe eingerichtet. Geleitet wird sie vom Finanzministerium unter Mitarbeit des Klimaministeriums. Hier sollen politisch umstrittene Punkte verhandelt werden, etwa eine mögliche Erhöhung der Minerölsteuer auf Diesel und Einschnitte bei der Pendlerpauschale. Beides ist nicht explizit im NEKP genannt.

Die Abschaffung des Dieselprivilegs ist für Edtstadler eine Überinterpretation, die auch nicht im NEKP stehe. Man wolle „gesamtheitlich“ darauf schauen, wo es klimaschädliche Subventionen und kontraproduktive Anreize gebe, und diese mit „entsprechenden Maßnahmen behandeln“. „Aber das muss dieser Arbeitsgruppe vorbehalten bleiben, das zu evaluieren“, so Edtstadler.

Laut Finanzministerium startet die Arbeitsgruppe im Herbst mit ihrer Analyse. Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) hielt in einem Statement zu den „klimakontraproduktiven Maßnahmen“ fest, dass Reduktionen zwar nötig seien, „welche Maßnahmen das konkret betreffen wird, ist allerdings noch nicht geklärt. Konkrete Subventionen wie beispielsweise das Dieselprivileg oder die Pendlerpauschale sind im Plan nicht angeführt.“

Kritik der Opposition

Die Opposition bedachte den NEKP mit Kritik. Die nächste Regierung könne den Plan einfach wieder umändern, sagte SPÖ-Umweltsprecherin Julia Herr. Der NEKP sei zudem nicht endgültig, da die EU-Kommission diesen erst für belastbar halten müsse, so Herr.

Die FPÖ sieht im NEKP „den erwarteten Todesstoß für die heimische Wirtschaft und auch den Mittelstand“. Von den „‚gezogenen Giftzähnen‘, wie dies zuletzt die ÖVP großspurig hinausposaunte“, könne keine Rede sein, hieß es von FPÖ- Generalsekretär Christian Hafenecker.

„Seit 1.328 Tagen gibt es kein Klimaschutzgesetz, kein Elektrizitätswirtschaftsgesetz, und auch das Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetz steht noch immer aus“, kritisierte NEOS-Klimasprecher Michael Bernhard. Der NEKP selbst enthalte „sehr unkonkrete Ankündigungen: Beispielsweise gibt es bei der Abschaffung klimaschädlicher Subventionen lediglich die erneute Ankündigung einer interministeriellen Arbeitsgruppe, jedoch keinen konkreten Zielpfad.“

Wirtschaft skeptisch, Umweltschutz-NGOs drängen

Kritik kam auch vonseiten der Industriellenvereinigung (IV). Die Ziele des NEKP würden bei etwaiger Umsetzung als Hypothek für den Standort wirken, hieß es. Begrüßt wurde der Wegfall der Sektorziele. Die Wirtschaftskammer befürchtete mit Verweis auf den Plan, Österreich könne das Aus für die Neuzlassung von Kfz mit Verbrennungsmotoren vorziehen.

Die Umweltschutzorganisation Global 2000 bezeichnete die Streichung der Sektorziele dagegen als eine der Schwächen des NEKP. Trotzdem gelte es rasch in die Umsetzung zu kommen. Ähnlich äußerte sich Greenpeace; den Worten müssten Taten folgen, so die NGO. Der WWF forderte indes einen verbindlichen Abbauplan für umweltschädliche Subventionen, Energiesparprogramme und Stärkung natürlicher CO2-Senken.

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