Warum Länderspielpausen abgeschafft gehören
Gerade so richtig in Fahrt gekommen, ist die Saison in der Fußball-Bundesliga auch schon wieder unterbrochen. Warum das ganz gehörig nervt und nebenbei auch noch kontraproduktiv ist. Von Ilja Behnisch
Folgendes Szenario: Sie haben sich den ganzen Sommer über auf den Auftritt ihrer absoluten Lieblingsband gefreut. Haben nochmal alle 27 bereits erschienenen Alben durchgehört, sich gebührend Gedanken über die Setlist und Besetzung der Background-Sänger gemacht, täglich Informationen zum Gesundheitszustand des den Rauschmitteln zugeneigten Lead-Gitarristen eingeholt.
Und dann ist er gekommen. Der große Abend. Nicht jeder Ton sitzt, die Akustik im Saal stellt die 80 Euro Ticketpreis nachhaltig in Frage, aber egal, es ist die absolute Lieblingsband, alles wunderbar. Nur: Was ist das? Eine andere Band betritt die Bühne? Nach zwei Songs? Und nach sechs Songs nochmal?
Klingt bescheuert? Willkommen im Fußball.
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Der Kunstrasen der EM-Fanmeile sollte fast vollständig wiederverwendet werden. Doch findet er bei Weitem nicht so viele Abnehmer, wie geplant: Kaugummis, Verschmutzungen und Beschädigungen durch Pyrotechnik haben ihm zugesetzt.
Nur Rares bringt BaresLänderspielpause heißt er dort, dieser schreckliche Zustand. Und da fängt es schon an, denn was bitte ist das für ein komisches Wort? Länderspielpause. Als würde der Fußball pausieren, um den Länderspielen die Bühne zu überlassen, die dann also kein Fußball sind. Was man angesichts des jüngsten Jahrzehnts der deutschen Fußball-Nationalmannschaft allerdings durchaus als Meinung vertreten könnte.
Andererseits sind Länderspielpausen auch der perfekte Ausdruck. Für die plumpe Einfallslosigkeit, die die Fußballverbände dieser Welt ausmacht. Denn um immer mehr Geld zu generieren, werden immer mehr Spiele und Wettbewerbe angesetzt. Dabei gilt doch auch im Sport: Willst Du gelten, mach dich selten.
Die Olympischen Spiele, Fußball-Welt- und Europameisterschaften? Finden alle vier Jahre statt. Die reguläre Saison der National Football League in den USA, jedes Jahr gekrönt vom Superbowl, einem der größten Einzelsport-Events der Welt? Dauert 17 Spieltage an. Und läuft durch. Nicht unterbrochen von irgendwelchen Länderspielen, zu denen sich die Stars der Branche ohnehin viel zu häufig Verletzungen einfangen, von denen sie bis dahin noch gar nicht wussten, dass es sie gibt. Und die, oh Wunder, pünktlich zum Ende der Länderspielpause auch wieder abgeklungen sind.
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Mitte Oktober kommen Politik, DFB und DFL zusammen, um über schärfere Sicherheitsmaßnahmen in deutschen Fußballstadien zu beraten. Fans sind zu dem Gipfeltreffen nicht eingeladen und beklagen fehlende Partizipation. Von Lukas Witte
Routinen sind wichtigSeien Sie ehrlich: Wissen Sie, wer die bisher drei Final-Turniere der Nations League gewinnen konnte? Eben. Und natürlich, dafür ist der Fußball noch unberechenbar genug, kann es sein, dass die deutsche Nationalmannschaft im Sommer 2026 den Weltmeistertitel holt und Bundestrainer Julian Nagelsmann unter Jubeltränen in den Mikrofon-Altar zu seinen Füßen sagen wird: "Alles hat angefangen in Zenica, in der Länderspielpause Oktober 2024." Aber dafür die Bundesliga unterbrechen?
Routinen sind wichtig. Routinen fördern Gesundheit, Effizienz, Kompetenzentwicklung. Routinen geben Halt. Schlimm genug, dass ein einzelner Bundesliga-Spieltag zuweilen mehr Anstoßzeiten hat als der Bierkönig auf Mallorca. Aber auch in diesen Zeiten sollte zumindest eines doch Bestand haben: Samstag, 15:30 Uhr, ist Bundesliga.
Als Fußball-Fan muss man dann gar nicht im Stadion sein oder vor dem Fernseher. Als Fußball-Fan muss man einfach nur wissen: Es geht seinen Gang. Oder um es mit The Smiths zu singen: "There is a light that never goes out." Außer eben, es ist Länderspielpause.
Sendung: rbb|24 Inforadio, 14.10.2024, 20 Uhr